Mitten in Haar:Unvergessliche Nächte

Früher stieg man in seiner Jugend über den Zaun ins verschlossene Freibad, heute öffnen Gemeinden einfach zum Nachtschwimmen - schade

Kolumne von Bernhard Lohr

Es gibt Orte, da wünscht man seine ärgsten Feinde hin. Ans Ende der Welt zum Beispiel oder dorthin, wo der Pfeffer wächst. Aber bestimmt nicht ins Freibad. Ganz im Gegenteil: Das Freibad ist im Sommer, wenn Schüler im Unterricht schwitzen und die Erwachsenen unter der Mühsal eines Arbeitstags im Büro vor sich hinbrüten, ein wahrer Sehnsuchtsort. Da träumt man sich selber hin, da sind die Sorgen weit weg und bestenfalls auch die Zeitgenossen, auf die man gerne verzichten kann. Wenn dann noch der erste Tag der großen Ferien ist, ist jedenfalls für Schüler das Glück perfekt.

In Haar haben sie sich jetzt gedacht, dem Glück noch eins draufzusetzen. Die Gemeinde hat beschlossen, am ersten Ferientag das Freibad gar nicht mehr zuzusperren und ein Nachtschwimmen dranzuhängen. Das Freibad hat kommende Woche, wenn es am Freitag die Zeugnisse gibt, bis Samstag durchgehend geöffnet. Es wird durchgemacht. Wer mag, der kann im Mondschein die Nacht Bahn um Bahn kraulen, bis ihm Schwimmhäute zwischen den Fingern wachsen. Das Technische Hilfswerk leuchtet alles aus, damit niemand die Orientierung verliert. Erst Samstagabend, 20 Uhr, werden alle nach Hause geschickt.

Viele erhoffen sich ein besonderes Erlebnis davon, die Nacht zum Tag zu machen. Heute geht es wie selbstverständlich zum Nachtskifahren und auf Nachtflohmärkte. Es gibt die Lesenacht, die Kinonacht und natürlich die Blade-Night. Die Aktion in Haar ruft zudem Erinnerungen wach. Und erstaunlich viele erzählen von solchen verbotenen nächtlichen Ausflügen ins Freibad. Es war wohl auch der Nervenkitzel, der einen dazu trieb, nachts über den Zaun zu klettern, um mit Freunden ins Freibad zu springen und eine Bahn zu schwimmen. Meist hatte irgendeiner, nicht ganz nüchtern, auf einer Party die Idee zu dieser nicht ungefährlichen Verrücktheit gehabt.

In Haar ist natürlich alles wohl organisiert. Aus Sicherheitsgründen ist nur das Schwimmerbecken auf. Springen und Rutschen sind verboten. Und die Bademeister legen eine Sonderschicht ein - für sie ist Working-Night sozusagen.

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