Mitten in Grünwald:Fastenzeit in Sofahausen

In der nun endenden Fastenzeit ist der Bodymass-Index bei vielen Leuten parallel zum R-Wert der Corona-Infektionen angestiegen. Und eine Wende ist nicht in Sicht

Kolumne Von Michael Morosow

Das Ende der Fastenzeit nähert sich mit großen Schritten. Wird auch Zeit, denkt sich die kleine, fette Kegelrobbe, als sie in ihrer ganzen Pracht vor dem Spiegel im Badezimmer steht, und denkt: Noch so eine Fastenzeit, dann zerreißt es mich. Unübersehbar hat sich ein nicht unerheblicher Teil der geschätzt 250 Millionen Pfund Körperfett, um das die Menschen hierzulande in der Zeit der Askese und inneren Einkehr schwerer geworden sind, auf den eigenen Hüften angesammelt. Jetzt also steht man da mit einer Figur wie ein Sack voller Hirschgeweihe, zieht sich aus Frust darüber den zweiten Power-Riegel rein und das unersättliche Coronavirus in die Verantwortung. Der Anstieg des Bodymass-Index parallel zum R-Wert ist einfach nicht wegzudiskutieren.

Es ist alles daheim in Sofahausen passiert. Eigentlich wollte man ausgedehnte Spaziergänge machen, oder Fahrradtouren. So richtig auf Touren gekommen ist man aber, ehrlich gesagt, nur beim Backen und Kochen sowie beim Lästern über die Berliner Corona-Politik. Und eine innere Einkehr während der Fastenzeit war dann leider mit vollem Magen auch nicht möglich, zumal weil der Pizzabote gnadenlos drei Mal in der Woche klingelte.

Wie wird dieses Drama nur weitergehen? Am Karfreitag mit Fisch, am Ostersonntag mit einer reschen Gans, dazu Kartoffelknödel und Blaukraut! Und nach Ostern? Dann öffnen wohl bald wieder die ersten Biergärten und jeder, der nur einen Funken Anstand hat, bestellt bei seinem verarmten Wirt die Speisekarte rauf und runter, bis die Schwarte kracht, weil er seinen Beitrag leisten will zum Wiederaufbau des Paradieses, wo Helles und Weißbier fließen.

Zechen ist dann erste Bürgerpflicht, das versteht sich. Da können sich verantwortungsbewusste Staatsbürgerinnen und -bürger nicht einfach davon ausnehmen, selbst wenn ihr persönliches Gewichtsproblem bis dahin dramatisch zugenommen hat.

Wer sich also demnächst bei Sonnenschein nicht wie ein feister Putto an den Isarstrand in Grünwald legen will, muss sich abmühen - und inständig hoffen, dass bald wieder getanzt werden darf, die Sportvereine und Muckibuden wieder öffnen und die Pizzadienste wegen Reichtums geschlossen haben.

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