Mitten in Grasbrunn:Hochburg der Trinker

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In Grasbrunn gibt es offenbar elf Orte unter freiem Himmel, an denen Menschen sich mit Alkohol treffen

Von Lars Brunckhorst

Wer Grasbrunn nur vom Vorbeifahren kennt, denkt bei der Gemeinde möglicherweise an den großen Getränkemarkt, der am Ortseingang zum Gemeindeteil Neukeferloh steht, und mag daher über diese Nachricht nicht sonderlich verwundert sein: Exakt die Hälfte der 22 Plätze im Landkreis, an denen seit neuestem ein Alkoholverbot gilt, liegen allein in der eher kleinen Gemeinde im Osten. Wer Grasbrunn dagegen bisher mit der Kfz-Zulassungsstelle und vielleicht noch der Barockkirche St. Ottilie in Möschenfeld in Verbindung bringt, fragt sich dagegen: Nur 6000 von 350 000 Einwohnern, aber die Feierbanane von München-Land?

Völlig absurd ist das nicht. Im Grasbrunner Ortsteil Keferloh wurde schließlich schon gesoffen, als die Theresienwiese in München noch ein Feld war. Der Keferloher Montag war in den Zeiten vor dem Oktoberfest gar so gefürchtet, dass der Tag bei der Gendarmerie rot im Kalender markiert gewesen sein soll. So gesehen handelt das Landratsamt also in weiser Voraussicht, wenn es in seiner neuen Allgemeinverfügung zur Umsetzung der Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung gleich elf Plätze in der Gemeinde mit einem Alkoholverbot ab 15 Uhr belegt.

Die Wahrheit ist freilich eine andere: Nachdem der Verwaltungsgerichtshof vergangene Woche das bayernweite allgemeine Alkoholverbot aufgehoben hatte, erkundigte sich das Landratsamt in allen Rathäusern, ob es Orte unter freiem Himmel gebe, an denen konkret ein Verbot verhängt werden könnte, weil sich dort Personen "nicht nur vorübergehend" aufhalten. Grasbrunns Bürgermeister Klaus Korneder meldete darauf in einem Einzeiler pflichtschuldigst: "Fehlanzeige". Als ihm drei Tage später jedoch ein neues Schreiben der vorgesetzten Behörde auf den Tisch flatterte, ließ Korneder gehorsam seine Leute eine Liste mit Straßennamen zusammenstellen. Schließlich hieß es in dem Brief mahnend: Im Wege einer niederschwelligen Gefahrenprognose seien "diejenigen Orte zu bestimmen, an denen Alkoholkonsum nicht ausgeschlossen werden kann".

Deshalb sieht es nun so aus, als seien unter anderem der Sportpark, der Waldspielplatz und zwei Unterführungen in Grasbrunn regelmäßig Treffpunkte für illegale Lockdown-Zechrunden gewesen. Auch wenn das natürlich nicht der Fall ist, wie Grasbrunns Bürgermeister versichert, will er das Verbot nicht wieder kassieren. Es läuft ohnehin am 14. Februar aus. Und bis dahin kann man sein Feierabendbier auch woanders trinken. Etwa am Winklerring, wo Korneder wohnt.

© SZ vom 03.02.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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