Mitten in Aschheim:Töchter zu verkaufen

Schon wieder eine Razzia bei Wirecard. Was haben sie denn diesmal gesucht?

Kolumne von Lars Brunckhorst

Von Wirecard kann einen eigentlich gar nichts mehr überraschen. Das Skandalunternehmen aus Aschheim steht für frei erfundene Milliardenvermögen, zweifelhafte Konten auf den Philippinen und einen zwielichtigen Manager auf der Flucht mit falschen Pässen - kurz: den mutmaßlich größten Finanzbetrug in der deutschen Firmengeschichte. Deshalb hat es am Dienstag in der Gemeinde auch für keinerlei größeres Aufsehen gesorgt, als in der Konzernzentrale am Einsteinring mal wieder eine Razzia stattfand. Was auch daran liegt, dass eine Razzia in Deutschland wenig gemein hat mit den fernsehtauglichen sirenenheulenden und blaulichtblinkenden Großeinsätzen italienischer Carabinieri bei der Verhaftung von Mafiosi.

Das Wort Razzia kommt übrigens aus dem Arabisch-Algerischen, was das Bild von einer wilden Jagd vor dem inneren Auge implementiert und allein schon deshalb so gar nicht zu einer geordneten deutschen Hausdurchsuchung passt. Wie auch immer: Polizei und Staatsanwälte kennen jedenfalls den Weg nach Aschheim inzwischen so genau, dass sie die Adresse von Wirecard nicht einmal mehr ins Navi eingeben müssen. Und man muss nicht über hellseherische Fähigkeiten verfügen, um vorherzusagen: Sie werden nicht das letzte Mal in dem Gewerbegebiet gewesen sein.

Was sie am Dienstag dort genau suchten, ist nicht bekannt. Nur so viel: Es soll um Geldwäsche gehen. Das Übliche eben. Und wenig überraschend, wie gesagt. Im Gegensatz zu einer anderen Nachricht in Sachen Wirecard, die am Dienstag um 0.17 Uhr per Mail in der Redaktion eintraf: Der zufolge hat Wirecard seine - so wörtlich - "rumänischen Töchter verkauft". Das ließ immerhin kurz aufhorchen, kennt man den Verkauf von Töchtern, vorzugsweise als Bräute und gegen Kamele, doch nur aus anderen Kulturkreisen. Beim genaueren Nachlesen wurde aber schnell klar, dass der Verkauf zweier Tochtergesellschaft durch den Insolvenzverwalter gemeint war. Insofern kann an dieser Stelle dem Gerücht widersprochen werden, die Razzia in Aschheim habe der Suche nach den beiden gedient.

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