Bürgerbeteiligung Hohenbrunn:Immer dieselben Verdächtigen

Bürgerbeteiligung Hohenbrunn: Bisher endet die Bebauung in Hohenbrunn an der Bahnlinie.

Bisher endet die Bebauung in Hohenbrunn an der Bahnlinie.

(Foto: Claus Schunk)

In Hohenbrunn ist eine Debatte über die Beteiligung am Bürgerdialog entbrannt. Die beauftragte Agentur widerspricht Kritikern, die Desinteresse bemängeln.

Von Christina Hertel, Hohenbrunn

Auf die Fragen, wo eine Umgehungsstraße liegen könnte und ob eine Siedlung neben der S-Bahn gebaut werden soll, hat der Hohenbrunner Gemeinderat die vergangenen Jahrzehnte keine Antwort gefunden. Seit gut zwei Monaten lässt er deshalb die Bürger mitdiskutieren.

An vier Abenden im Juni und Juli konnten sie ihre Wünsche äußern. Im September und Oktober sind weitere Termine geplant. Doch manche Gemeinderäte halten die Teilnehmerzahl bis jetzt für zu gering. Die Agentur widerspricht: Die Beteiligung sei sogar besser als in Kirchheim, wo sie einen Dialog zur Ortsmitte durchgeführt hat.

420 Menschen sind laut der Agentur Hendricks Schwartz, die den Dialog in Hohenbrunn organisiert, bis jetzt zu den Veranstaltungen gekommen. Bei der Auftaktveranstaltung waren 200 Leute da und sonst zwischen 60 und 80 Besucher. "Das ist weniger als ein Prozent unserer Bevölkerung", sagt Karlheinz Vogelsang von den örtlichen Freien Wählern. "Und da stellt sich die Frage, warum kommen so wenig?" Es seien kaum junge Leute da gewesen. Außerdem habe er mehr Beteiligung aus dem Hohenbrunner Dorf erwartet. Schließlichwürden die Bewohner dort wohl am meisten von einer Umgehungsstraße profitieren. "Vielleicht muss man auch ganz provokant die Frage stellen, ob die Verkehrsbelastung eben doch nicht so hoch ist." Auch Martina Kreder-Strugalla sieht die Beteiligung kritisch. Ihrer Beobachtung nach sind vor allem viele Funktionäre anwesend gewesen - Gemeinderatskollegen, Parteivorstände, Menschen, die sich in Verbänden und Beiräten engagieren. "Aber mit denen sind wir doch ohnehin im Gespräch."

Immerhin 70 oder 80 Teilnehmer beim Workshop

Daniel Schreyer, der für die Gemeinde den Dialog organisiert, teilt diese Meinung nicht. Als Geschäftsleiter der Agentur Hendricks Schwartz führt er seit 15 Jahren Bürgerdialoge durch. Auch in Kirchheim plante er die Beteiligung zur neuen Ortsmitte. "Da waren bei manchen Workshops nur 40 Leute da, in Hohenbrunn waren es meistens 70 bis 80", sagt Schreyer. Jedoch seien beide Dialoge nur schwer vergleichbar. In Kirchheim waren die Veranstaltungen fast über ein ganzes Jahr verteilt, in Hohenbrunn fand im Juli jede Woche ein Themenabend statt. Normalerweise, meint Schreyer, seien die Besucherzahlen im Sommer schlechter. "Aber in Hohenbrunn kamen, selbst als Fußballweltmeisterschaft und bestes Grillwetter war, 70 Leute." Auch mit der Zusammensetzung der Teilnehmer sei er zufrieden: "Der typische Beteiligte ist männlich, wohlsituiert und älter als 60." In Hohenbrunn seien jedoch gleich viele Männer wie Frauen da gewesen, im Schnitt zwischen 40 und 45 Jahren. Auch seien etwa die Hälfte der Besucher Menschen gewesen, die sich sonst nicht an der Kommunalpolitik beteiligen.

Doch für eine Abrechnung sei es jetzt zu früh: Vor der Sommerpause entschied sich der Gemeinderat, den Dialog zu verlängern. Im September wird es noch eine Veranstaltung für Hohenbrunner Jugendliche und noch einen Themenabend zur Ortsumfahrung geben. Auch beim Honig- und Apfelmarkt sowie bei der Bürgerversammlung wird es Stände geben. Diese hält Schreyer für besonders wichtig. Auf dem Kirchheimer Dorffest hätten er und drei Mitarbeiter mit etwa 400 Besuchern gesprochen. "Danach schauten viel mehr Menschen auf unsere Facebook-Seite."

Denn in den Sozialen Netzwerken passiert in Hohenbrunn tatsächlich noch nicht so viel: 86 Menschen haben die Facebook-Seite zum Bürgerdialog abonniert. Zum Vergleich: Die Facebook-Seite "Kirchheim 2030" hat fast 400 Abonnenten. Und die Website, die Hohenbrunn extra für den Dialog erstellen ließ, besuchten bis jetzt 330 unterschiedliche Menschen - in Kirchheim waren es am Ende mehr als 6000.

Vogelsang wäre es lieber gewesen, der Hohenbrunner Gemeinderat hätte zuerst selbst eine Vision für den Ort erarbeitet und dann die Bürger darüber diskutieren lassen. Auch Schreyer von der Agentur sagt, es komme selten vor, dass Gemeinden Bürger so früh beteiligen. "Wir halten das aber für vorbildlich." Überhaupt werde Bürgerbeteiligung ein immer wichtigeres Thema. Als er vor 15 Jahren die Agentur mitgründete, sei es vor allem um große Infrastrukturprojekte wie Flughäfen gegangen. Und nun habe er vor kurzem sogar für einen Dialog gestartet, weil sich Anwohner gegen ein Mehrfamilienhaus in München wehrten.

Am Samstag, 25. August, beantworten die Organisatoren des Dialogs von 10 bis 12 Uhr bei einer Ausstellung im Rathaus in Hohenbrunn Fragen zu den Themen Ortsentwicklung und Umfahrung.

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