Süddeutsche Zeitung

Mitfahr-Initiative:Gemeinsam durch den Stau

Im Unterföhringer Gewerbegebiet arbeiten 22 000 Menschen. Um ihnen die Anfahrt zu erleichtern und das tägliche Verkehrschaos abzumildern, hat die Allianz eine Plattform zur Vermittlung von Fahrgemeinschaften initiiert.

Von Sabine Wejsada, Unterföhring

Ins Unterföhringer Gewerbegebiet pendeln unter der Woche jeden Tag mehr als 22000 Beschäftigte. Viele davon kommen mit der S-Bahn oder dem Bus, eine stattliche Zahl nutzt das Rad, doch die meisten fahren mit dem Auto.

Die Ein- und Ausfallstraßen sind deshalb in der Früh und nach Feierabend überfüllt, der Stau kostet die Arbeitnehmer von Versicherungs- und Medienunternehmen nicht nur wertvolle Lebenszeit, sondern oft auch Nerven. Zumeist sind die Pendler ins Büro und wieder nach Hause allein unterwegs - was nicht nur der Umwelt schadet, sondern auch ins Geld geht.

Hier setzt eine Idee der Allianz an, die auf ihrem Campus in Unterföhring mehr als 8500 Mitarbeiter beschäftigt: das Unterföhringer Pendlernetz. Unter dem Slogan "Gemeinsam in die Firma und zurück" können sich Mitarbeiter der Unternehmen im Gewerbegebiet auf einer Internetplattform zu Fahrgemeinschaften zusammenschließen.

Fahrer stellen ihren Ausgangsort und die Startzeit ein, interessierte Mitfahrer ihre Wunschstrecke. Dann muss noch vereinbart werden, ob und wie viel die Mitnahme kostet - und schon kann es losgehen. Seit dem vergangenen Oktober ist die Seite im Netz. Unter "www.unterfoehring.pendlernetz.de" können sich die Mitarbeiter für die einzelnen Routen verabreden. Neben der Allianz sind auch Pendler anderer Firmen wie etwas Pro Sieben Sat 1 und Sky registriert.

Mittlerweile wird das Angebot laut Ingo Schulz, bei der Allianz Abteilungsleiter Interne Dienste am Standort Unterföhring, rege angenommen: "165 Fahrten kommen an einem Tag zusammen, Tendenz steigend. Das ist beachtlich."

Der Einfall sei aus der Belegschaft des Versicherungskonzerns gekommen. Daraufhin habe man Kontakt zum ADAC gesucht, der die Plattform in Kooperation mit dem Portal fahrgemeinschaft.de eingerichtet hat. Um Unterföhring im Namen führen zu können, nahm Schulz Kontakt zum örtlichen Bürgermeister Andreas Kemmelmeyer (Parteifreie Wählerschaft, PWU) auf. Dieser war begeistert.

Nach den Worten von Schulz soll schon bald am S-Bahnhof der QR-Code für das Pendlernetz gut sichtbar angebracht werden. Wenn also - was nicht selten der Fall ist - die S-Bahn ausfällt, braucht der Mitarbeiter dann nur schnell sein Smartphone zu zücken und mit der Kamera den Code einscannen, um auf die Seite zu kommen und im besten Fall auf die Schnelle eine Mitfahrgelegenheit nach Hause zu ergattern. Bislang müssen Pendler zurück in eines der Allianz-Gebäude laufen, um fündig zu werden.

Vor der ersten Mitfahrgelegenheit müssen sich Fahrer und Beifahrer einmal auf der Seite registrieren. Ingo Schulz ist selber drin - und kann Interessenten auf seiner Strecke ins Büro nach Unterföhring im Auto mitnehmen. Schaut man sich die Gebote und Gesuche an, dann lässt sich daran ablesen, wie groß das Einzugsgebiet ist, aus dem Pendler ins Unterföhringer Gewerbegebiet kommen.

In Mindelheim etwa können Interessierte zusteigen, in Grassau oder Ohlstadt, aber auch in der Stadt München oder in einem der umliegenden Landkreise. Mitglied des Verkehrsklubs muss man nicht sein, um sich registrieren zu lassen. Und wer will, kann sich sogar nach Dresden kutschieren lassen; auch dorthin werden Mitfahrgelegenheiten von Unterföhring aus angeboten.

Nun hofft die Allianz auf eine weiter steigende Resonanz und rührt zu diesem Zweck auf ihrem Unterföhringer Campus die Werbetrommel. "1000 Fahrten, das wäre eine Zielgröße", sagt Schulz, der sich gut vorstellen kann, dass sich andere große Unternehmen im Gewerbegebiet wie Sky, Pro Sieben Sat 1 und Vodafone ganz offiziell dem Pendlernetz anschließen.

Die in Unterföhring ansässigen Medienkonzerne und die Allianz arbeiten bereits seit einiger Zeit in der Initiative "Mea Future" zusammen, die sich vor allem der Verkehrsproblematik auf Straße und Schiene annimmt. Nicht zuletzt die Hartnäckigkeit von Firmenchefs und Bürgermeister Kemmelmeyer hat durchaus einen Beitrag dazu geleistet, dass nach Jahren des Stillstands das Nadelöhr Föhringer Ring vierspurig ausgebaut wird. Die Vorbereitungsarbeiten für die Erweiterung starten dieser Tage.

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SZ vom 12.02.2019/wkr
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