Mietpreise in München:Sine tempore

Studentenwohnheim (Heinrich-Groh-Straße 17) mit privaten Eigentümer, der all seine Studenten rausschmeißt.

Caroline Haffner kann noch ein gutes Jahr in ihrem geförderten Wohnheim-Zimmer bleiben. Andere müssen früher raus: Der Vermieter erhöht die Miete.

(Foto: Florian Peljak)

Mitten in der Prüfungszeit müssen Studenten aus einem Wohnheim in Freimann ausziehen. Der Eigentümer hat die zunächst beantragten Fördermittel zurückgezahlt und will die Appartements nun teurer vermieten.

Von Karoline Meta Beisel

Im Gemeinschaftsraum sitzen sie oft beieinander und spielen Poker. Es gibt einen Beamer, manchmal machen sie Filmabende. Die Zimmer sind hell, und bis zur U-Bahn sind es bloß ein paar Meter. Aber das Beste an dem Wohnheim ist der Preis, ein Einzel-Appartement kostet gerade einmal 160 Euro Kaltmiete. Kurz: Das Studentenwohnheim in der Heinrich-Groh-Straße in Freimann ist für seine 59 Bewohner ein schönes und erschwingliches Zuhause. Oder besser gesagt: Es war ein erschwingliches Zuhause. Der Bau des Wohnheims war mit Geldern zur Förderung günstigen Wohnraums unterstützt worden. Nun hat der Eigentümer alle Fördermittel zurückgezahlt. Künftig kann er die Appartements zum Marktpreis vermieten.

"Merkwürdige Vorstellung, dass mein Nachmieter vielleicht bald das Dreifache bezahlt", sagt Caroline Haffner. Die 24-Jährige ist die Sprecherin des Wohnheims in Freimann und wohnt in einem der Einzel-Appartements. Dabei hat die Studentin aus Baden-Württemberg im Vergleich zu einigen ihrer Wohnheims-Kollegen noch Glück gehabt: Ihr Drei-Jahres-Vertrag läuft bis März 2015, solange kann sie auf jeden Fall noch bleiben. Für andere geht es schon ans Kofferpacken, einige müssen bis Ende Februar ausziehen, weil ihre Verträge nicht verlängert werden - ausgerechnet jetzt, wo die Klausurenzeit losgeht. "Die Situation ist blöd, keiner von uns hat damit gerechnet, dass wir so schnell rausmüssen", sagt Caroline Haffner.

Dafür hatte es auch keinen Grund gegeben. Nach der Förderrichtlinie des Freistaats musste sich der Eigentümer im Gegenzug für die Bauzuschüsse - immerhin 25 000 Euro pro Platz, insgesamt knapp 1,5 Millionen Euro - verpflichten, die Einheiten 50 Jahre lang günstig zu vermieten. Weil der Eigentümer die Mittel nun zurückgezahlt hat, entfällt diese Verpflichtung. Die Studenten wissen seit Mitte Januar von dem Plan.

Das Vorgehen ist legitim. Trotzdem bedauert man im Bayerischen Innenministerium, zu dem auch die zuständige Baubehörde gehört, die Entscheidung des Eigentümers. "Wir finden das sehr schade, gerade in München. Aber wir können nichts dagegen tun. Wenn der Eigentümer die Mittel zurückzahlt, kann er mit dem Haus wieder machen, was er will", sagt Ministeriumssprecherin Katja Winkler.

Der Passauer Rechtsanwalt des Eigentümers sagt, er könne den Unmut der Studenten verstehen. "Aber wenn die Richtlinien das zulassen, dass man die Fördergelder zurückzahlt, dann darf der Eigentümer diese Möglichkeit auch nutzen", sagt Anwalt Stephan Reiffen. "Wenn das nicht gewünscht ist, muss man die Förderrichtlinien ändern." Das Geld könne jetzt in andere Projekte investiert werden. Und vor die Tür setzen wolle man auch niemanden: "Wenn einer sagt, er macht in sechs Wochen Examen, dann finden wir bestimmt eine Lösung", sagt Stephan Reiffen. Über die Gründe für den Gesinnungswechsel möchte er nicht sprechen. "Warum sich ein Investor so oder so entscheidet, das ist seine Sache." Klar ist nur: Das Haus soll ein Studentenwohnheim bleiben, nur eben zu Marktpreisen.

Bei einer Podiumsdiskussion an der Ludwig-Maximilians-Universität hatten die Studenten aus dem Wohnheim Josef Schmid um Hilfe gebeten, den Oberbürgermeister-Kandidaten der CSU. "Aber bis jetzt haben wir noch nichts von ihm gehört", sagt Simon Steindl, der ebenfalls in dem Wohnheim wohnt. Er selbst kann noch eine Weile in seinem WG-Zimmer wohnen bleiben. "Aber meine Mitbewohnerin muss Ende des Monats raus."

Was für die Studenten besonders ungünstig ist: Weil sie dachten, ein Zimmer zu haben, haben sie sich von den Wartelisten für Wohnheimplätze des Studentenwerks streichen lassen. "Wenn wir uns da jetzt wieder eintragen, sind wir wie Erstsemester mit null Wartesemestern für einen Platz im Wohnheim", sagt Caroline Haffner. Trotz des Ärgers hat sie aber auch ein Stück weit Verständnis für die Entscheidung des Vermieters: "Jeder versucht, mit seinem Eigentum möglichst viel Geld zu verdienen. Aber es wäre gut gewesen, wenn er uns früher Bescheid gesagt hätte."

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