Architektur:Es geht auch ohne Schnickschnack

Architektur: Die Michael-Ende-Schule bekommt einen Neubau.

Die Michael-Ende-Schule bekommt einen Neubau.

(Foto: Sonja Marzoner)

Teures Holz, überflüssige Jalousien: Die Unterschleißheimer Stadträte streichen überflüssige Extras beim Neubau der Michael-Ende-Grundschule - und sprechen am Ende sogar von einer Optimierung.

Von Bernhard Lohr, Unterschleißheim

Die Stadträte schienen es selbst kaum glauben zu können: Eine Stunde hatten sie diskutiert und ein paar Mal die Hand gehoben, am Ende ersparten die flott gefassten Beschlüsse der Stadt einen hohen sechsstelligen Betrag. Und das nach überwiegender Meinung sogar ohne, dass irgendein Nachteil daraus entsteht. Martin Reichart (Freie Bürgerschaft) wies ausdrücklich die von Tino Schlagintweit (Grüne) und auch Thomas Breitenstein (SPD) sachte zum Ausdruck gebrachte Befürchtung zurück, dass die Einsparungen Abstriche an der Qualität des Neubaus der Michael-Ende-Grundschule bedeuten. Statt von einem notwendigen Kompromiss sprach Reichart, der selbst Architekt ist, sogar von einer "Optimierung" und sagte: "Wir haben überhaupt nichts runtergetrimmt, gar nichts."

Was haben die Stadträte beschlossen? Es ging wieder einmal darum, bei dem weitaus kostspieligsten Bauvorhaben der Stadt der nächsten Jahre irgendwie einen Deckel draufzubekommen, damit die Ausgaben nicht aus dem Ruder laufen. Bei dem Schulbau, der auch Heimat der Musikschule werden soll, hat die Stadt schon einige Male den Rotstift angesetzt und Kosten reduziert. So wird die Sporthalle nicht mehr wie ursprünglich vorgesehen weitgehend im Boden versenkt, sondern ebenerdig errichtet.

Nun ging es im Bauausschuss um weitere Details, die man weglassen oder anders lösen will. Und die brachten teilweise richtig hohe Einsparungen ein. "Warum macht man das nicht gleich so, wenn es so viel billiger ist?", fragte Jürgen Radtke (Grüne). Er stellte die Frage mehrmals und auch Bürgermeister Christoph Böck (SPD) schüttelte zwischendurch den Kopf. "Wieso ist das überhaupt drin?", fragte er bei einem Posten. 73 Millionen Euro soll die Schule mit Risikopuffer auch mit Einsparungen noch kosten.

Auch gestrichen: der Wachdienst abends auf der Baustelle

Nun wird bei den Holz-Alufenstern an Stelle von Weißtanne günstigere Fichte verwendet. Einsparung: 82 000 Euro. Laut Reichart ist eine Holzart qualitativ so gut verwendbar wie die andere. Die Außenjalousien werden auf der Nordseite der Schule und an der Sporthalle weggelassen, wo ohnehin kein Sonnenlicht blendet. Einsparung: 144 000 Euro. Statt des Parketts und des geschliffenes Estrich wird in der gesamten Schule Linoleum verlegt. Einsparung: 272 000 Euro. Nach Aussage von Reichart und anderen Stadträten ist das eine glatte Verbesserung, weil der Boden sogar pflegeleichter werde. Annegret Harms (SPD) warnte vor Estrich, der irgendwann Gebrauchsspuren zeigen werde. Sie warb wie Schlagintweit dafür, sich mit Linoleum ein tolles Farbkonzept zu überlegen. Reichart lobte Linoleum als Naturprodukt und sagte, die Fragen nach dem Sinn der kostspieligen Planungen seien "sehr berechtigt".

Trotz der ohnehin hohen Baukosten will die Stadt nicht alles weglassen, was auch aus Sicht der Planer möglich wäre, die die Einsparideen ausgearbeitet haben. So soll es weiter einen Schulteich geben und aus pädagogischen Gründen sollen die vorgesehenen Sichtfenster zwischen Klassenräumen und Mehrzweckräumen weiter ausgeführt werden. Auch hält man an einer Induktionsschleife in der Aula fest, damit Menschen mit eingeschränktem Hörvermögen Veranstaltungen besser verfolgen können.

Als völlig verzichtbar wurde allerdings ein Verbau im unterkellerten Bereich des Gebäudes zum Münchner Ring hin verworfen. Einsparung hier: 106 000 Euro. Auch will man bei der eigens angesichts der Größe des Projekts vorgesehenen Stelle für Baustellenlogistik teilweise abspecken. 590 000 Euro sind dafür vorgesehen, und verzichtbar ist der Anteil für den Tiefbau- und Rohbau, den sowieso nur eine Firma übernehme. Das macht 122 000 Euro. Und man spart sich für 60 000 Euro das Wachpersonal, das zu Zeiten auf die Baustelle schaut, wenn dort sonst keiner ist. Es werde doch keiner Zementsäcke wegschleppen, hieß es. Das stieß dann doch bei manchem auf Widerspruch. Eingespart wird der Wachdienst trotzdem.

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