Meine Woche:Mit Jesus leiden

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Peter Benthues geht auf den Kalvarienberg im Berglwald

Von Sophie Kobel, Oberschleißheim

"Wir wollten eigentlich mit den Fackeln auf den Berg, aber das ist nicht erlaubt, weil wir durch den Wald gehen. Jetzt nehmen wir eben Taschenlampen", sagt Peter Benthues . Eine batteriebetriebene Lichtquelle hatte Jesus zwar nicht. Abgesehen davon versucht der Pfarrgemeinderat der Pfarrei St. Wilhelm in Oberschleißheim aber, sich so gut es geht in den Leidensweg Christis vor den Stunden seiner Kreuzigung einzufühlen.

Aus diesem Grund schlug er vor 20 Jahren vor, am Gründonnerstag nach dem Abendmahlgebet eine kleine Wanderung zu unternehmen. Die meisten Gemeinden feiern die Ölbergandacht in der Kirche. Die Pfarrgemeinde in Oberschleißheim macht sich lieber um 20.30 Uhr auf den Weg in Richtung Bergl-Gaststätte. Nach drei Kilometern Fußmarsch gelangt man zum Kalvarienberg. Benthues erzählt, dass jedes Jahr mehr als 70 Gläubige mitgehen. Einige mit vom Pfarrer persönlich frisch gewaschenen Füßen. So ist es am Gründonnerstag üblich und so wird es in Oberschleißheim auch praktiziert. "Ich frag' einfach immer in der Gemeinde nach, ob sich jemand bereit erklärt. Von jung über alt, Männer und Frauen gemischt." Was Benthues an dieser Tradition so schön findet? "Jesus selbst als Gottes Sohn ist bereit gewesen, seinen Jüngern die Füße zu waschen. Obwohl das damals die Aufgabe eines Dieners gewesen ist. Es ist eine Geste, die von Barmherzigkeit zeugen soll." Eine Geste, die auch im Vatikan praktiziert wird.

Für die Gläubigen aus Oberschleißheim und Benthues geht es bei ihrer Wanderung leicht bergauf. "Wir halten vor den drei Kreuzen, dem Kalvarienberg, die Ölbergandacht. Es werden Fürbitten gelesen und Lieder gesungen. Ich helfe seit Jahren, alles vorzubereiten. Aber ich bin selbst kein Pfarrer." Zwei Semester hat Benthues Theologie studiert und sich intensiv mit der christlichen Lehre beschäftigt. Dann wechselte er zu Jura und blieb dabei. 30 Jahre lang war er Vorsitzender des Pfarrgemeinderates, leitete viele Wortgottesdienste. Viele in der Gemeinde kennen ihn auch, weil er seit 1990 für die CSU im Gemeinderat sitzt.

Was diese besondere Andacht im Freien für ihn persönlich bedeutet? "Für mich ist das Wichtigste, an Jesus Leiden teilzunehmen. Man sieht sich ja praktisch als einer der Jünger, der diesen Weg auch geht. Ich möchte all seine Sorgen, Ängste und Bitten nachempfinden. Und sein Leiden endet genau hier, am Kalvarienberg" erzählt Benthues. Eigentlich würde er nach der Andacht am Bergl im Wald gerne zusammensitzen und etwas essen, aber die Gaststätte hat zu seinem Bedauern jedes Jahr schon geschlossen. So gehen alle im Schein ihrer Taschenlampen zurück.

© SZ vom 26.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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