Süddeutsche Zeitung

Meine Woche:In den Tag hinein leben

Ingo Meyr ist Honorarkonsul von Trinidad und Tobago und feiert in dieser Woche den Unabhängigkeitstag des Inselstaates, gemeinsam mit seiner Frau, die aus Trinidad kommt. Ihm gefällt besonders die lebensfrohe Mentalität der Menschen dort

Von Anna-Maria Salmen, Unterhaching

Wer an dem unscheinbaren Haus an der Leipziger Straße in Unterhaching vorbeifährt, sieht zunächst nur ein schlichtes Bürogebäude. Blickt man jedoch genauer hin, entdeckt man ein kleines Symbol neben der Tür. Ein rot-schwarzes Schild, gekrönt von einem Ritterhelm und eingerahmt von zwei Vögeln: das Wappen von Trinidad und Tobago. In diesem Gebäude hat Ingo Meyr sein Büro. Der 76-Jährige ist Honorarkonsul des Landes, das am Samstag seinen Unabhängigkeitstag feiert. Meyr selbst ist eng verbunden mit dem Inselstaat, der vor der Küste von Venezuela liegt: Seine Frau Mary stammt aus Trinidad, nun lebt seine Tochter auf der Insel. Meyr besucht sie regelmäßig. Als die Regierung von Trinidad und Tobago ihn gefragt hatte, ob er sie in Bayern vertreten möchte, stimmte der 76-Jährige sofort zu: "Ich bin in beiden Welten zuhause." Seit 2001 hat der Honorarkonsul sein Büro in Unterhaching, im Gegensatz zu Berufsdiplomaten ist er ehrenamtlich tätig. Den größten Teil seiner Arbeit verrichtet er zuhause in Grünwald. "Die Kommunikation verläuft hauptsächlich elektronisch", sagt Meyr.

Zu seinen Aufgaben gehört vor allem die Betreuung der Trinidader und Tobagoer in seinem Zuständigkeitsgebiet: Bayern, Baden-Württemberg und Thüringen. Egal, ob sie ihren Pass verloren haben, bestohlen wurden oder Hilfe bei der Einbürgerung benötigen - Meyr hilft ihnen weiter. Auch wenn einer von ihnen einmal ein Verbrechen begehen sollte, findet er beim Honorarkonsul eine Anlaufstelle. Das ist laut Meyr jedoch lediglich zwei Mal in den 18 Jahren seiner Tätigkeit vorgekommen. Wesentlich wichtiger ist dagegen das Knüpfen wirtschaftlicher Beziehungen mit Trinidad und Tobago. Meyr schätzt an seiner Arbeit als Honorarkonsul aber auch den kulturellen Aspekt: "Es ist mir wichtig, die Kulturen zu verbinden." Die Trinidader, die nach Bayern kämen, seien immer begeistert von der örtlichen Lebensweise. Doch auch umgekehrt könnten die Deutschen sich oftmals ein Vorbild an den Südamerikanern nehmen. "Sie haben diese 'Island Mentality', leben mehr in den Tag hinein", erzählt Meyr. Allgemein sei Trinidad und Tobago eine sehr "lebenslustige, musikalische Nation. Die Lebensfreude ist sehr ausgeprägt, was bei uns oft nicht so der Fall ist." Als die Fußball-Nationalmannschaft von Trinidad und Tobago sich für die Weltmeisterschaft 2006 qualifiziert hatte, habe er eine Feier veranstaltet und dafür eine Band aus Trinidad einfliegen lassen. Inzwischen seien Flugverbindungen schlecht und teuer. Fürs erste beschränkt sich Meyr deshalb darauf, den Unabhängigkeitstag am Wochenende privat mit seiner Frau zu feiern.

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Quelle:
SZ vom 26.08.2019
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