Meine Woche:Entspannt ausspannen

Meine Woche: Vera Blätterlein.

Vera Blätterlein.

(Foto: Claus Schunk)

Vera Blätterlein will in der Fastenzeit zur Ruhe kommen

Von Claudia Wessel, Straßlach-Dingharting

Am Aschermittwoch wird es ernst. Und zwar für die Freunde und Bekannten, Kinder, Kollegen und Verwandten von Vera Blätterlein. Jedenfalls für all die, die etwas von ihr wollen und zwar am liebsten sofort. Auf die 40-Jährige selbst dagegen kommt eine ruhige Zeit zu. Denn "sofort", das ist für die Grundschullehrerin für die nächsten sieben Wochen gestrichen. Sie wird bis Ostern nach dem evangelischen Fastenkalender "Augenblick mal!" leben, der einige Prinzipien für ein entspanntes Leben anbietet und sich dabei tatsächlich immer auf die Bibel berufen kann, die es nur mitunter etwas anders formuliert.

"Alles hat seine Zeit" findet man etwa in Prediger 3, 1-4, "Nicht sofort drauflos schaffen" in Lukas 10, 38 - 42 und "Nicht sofort entscheiden" in Matthäus 1, 18 -24. Weiterhin gibt es in dem Kalender die Anregungen "Nicht sofort drankommen", "Nicht sofort lospoltern" oder "Nicht sofort aufgeben". Zu jedem dieser Ratschläge fällt der Straßlacherin etwas aus ihrem Leben ein. Kein Wunder als verheiratete, berufstätige Mutter von zwei Söhnen, 8 und 4 Jahre alt, deren Familie gerade einen Hausbau geschafft hat. Der Garten allerdings ist immer noch Baustelle, im Keller stehen noch Kartons, die ausgeräumt werden müssten. Am besten sofort.

Doch in diesem termingesteuerten Leben fehlt Vera Blätterlein etwas: Zeit für sich und ihren Glauben. Innehalten. Etwas, das im Alltag oft einfach nicht stattfindet. Allein das Handy. Es klingelt und piept zu den unmöglichsten Zeiten. Ob es sich um Banalitäten oder um Wichtiges handelt, die Handytöne rufen sie sofort auf den Plan. Doch von Aschermittwoch an ist es damit vorbei.

Das Handy wird lautlos gestellt, das Festnetz darf klingeln, bis der Anrufbeantworter dran geht. Sogar der Mann und die Kinder könnten erleben, dass Vera Blätterlein genau dann, wenn sie "sofort" etwas tun soll, sagt: "Ich habe gerade meine 20 Minuten Zeit für mich." Soviel hat sie sich für jeden Tag vorgenommen, mindestens. 20 Minuten, in denen sie "in einem Raum allein" sein möchte. Vielleicht um in dem Kalender zu blättern, zu beten, nichts zu tun. "Ich bin oft unentspannt", gibt sie zu. "Jetzt müssen wir schon wieder dahin und dorthin..." denkt sie dann und kommt nicht zum Aufatmen. Dabei ginge es doch vielleicht auch anders.

Sie wird es versuchen, sagt Blätterlein. Ganz sicher ist sie nicht, dass es klappt. Aber das macht es ja gerade spannend, ein echtes Experiment in der Fastenzeit. Was werden wohl all die Leute machen, die in den nächsten Wochen ungeduldig auf eine Antwort oder Entscheidung von Vera Blätterlein warten? Am besten, sie nehmen sich Zeit für sich.

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