Süddeutsche Zeitung

Meine Hauszeit:Via Zoom am Brett

Helge Frowein gibt Schulkindern Online-Schachunterricht

Von Gudrun Passarge, Garching

Ganz viele Geschichten beginnen derzeit mit dem Wort "eigentlich". So auch bei Helge Frowein . Der selbständige Schachlehrer aus Garching hat gerade mit einem groß angelegten Schachprojekt des FC Bayern angefangen. Dazu hatte die Schachabteilung des Vereins alle Grundschulen in München angeschrieben, sechs wollten mitmachen. Das Team stand bereit. Fünf Schachlehrer, ein Koordinator, ein "Lehrer für die Lehrer", wie Frowein sagt, also eine Art Ausbilder, der auch das gesamte Unterrichtsmaterial für die Schachstunden konzipiert hat. Am 2. März ging es los, dann kam Corona. Jetzt unterrichtet der 51-Jährige per Zoom-Videokonferenz Kinder zweier Grundschulen in Harlaching und Giesing. Mit jeder Gruppe setzt er sich eine volle Stunde pro Woche auseinander, stellt Aufgaben und erklärt. Allerdings nehmen weniger Kinder teil, als ursprünglich angemeldet waren.

Fragt man ihn nach seinen Erfahrungen zum Online-Unterricht, dann fällt das Urteil bescheiden aus. "Sehr steril" und "reduziert vom Erlebnis her" findet er ihn: "Es fehlt die Interaktion.". Doch Frowein sagt auch, dass er sich langsam an digitalen Unterricht gewöhne und bei den Kindern, die dabeiblieben, stelle sich wieder so etwas wie die Chemie ein. Frowein sammelt viel Erfahrung mit den neuen Medien, denn auch beim Schachclub Garching betreut er die Jugend. In normalen Zeiten sind es 40 bis 50 Kinder, aktuell arbeitet er mit etwa 20 am Computer. Er hat schon festgestellt, dass es besser wäre, die Kinder in kleinere Gruppen einzuteilen, doch dazu bräuchte man mehr Lehrer. Immerhin kann er die Kinder nun schon parallel an Aufgaben arbeiten lassen.

Aber seine bisher zeitaufwendigste Aufgabe als Schachlehrer an der Garchinger Grundschule-West liegt völlig brach. Verschiedene Mannschaften waren sechs Mal in Folge Münchner Schulschachmeister, schon öfter bayerischer Meister und sogar einmal Dritter bei der Deutschen Meisterschaft im Schulschach. Aber in diesem Jahr fallen alle Wettkämpfe aus. "Ich warte, bis es weitergeht", sagt Frowein, der aber nicht sonderlich optimistisch ist, dass das bald sein wird. Dazu sitzen sich die Spieler zu nah gegenüber. Zurzeit ist jeglicher Spielbetrieb eingestellt.

Da bleibt nur noch die "Quarantäneliga" im Netz, wo beispielsweise auch die Erste Herrenmannschaft des Garchinger Schachclubs spielt, die im normalen Spielbetrieb immerhin in der zweiten Bundesliga mitmischt. Aber was ist schon normal in diesen Zeiten.

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Quelle:
SZ vom 07.05.2020
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