Meine Hauszeit:Bestens vernetzt mit Bergblick

Meine Hauszeit: Kulturmacherin Hannah Stegmayer.

Kulturmacherin Hannah Stegmayer.

(Foto: Claus Schunk)

Kulturmacherin Hannah Stegmayer arbeitet in Kiefersfelden für Pullach

Von Udo Watter, Pullach/Kiefersfelden

Wenn die Sonne durch die Wolken bricht und die Schönheit der Farben in den Bergen schärft, dann offenbart sich ein Vorteil des Dauer-Daheimseins. Hannah Stegmayer gönnt sich in solchen Momenten schon mal eine Pause, verlässt das Home-Office ihres Hauses in Kiefersfelden und spaziert an der frischen Luft; sie genießt die Ruhe und die Natur, hier im Mangfallgebirge, an der Grenze zwischen Bayern und Tirol. "Tatsächlich ist mein Büro hier mit Blick auf den Garten angenehmer als mein Verwaltungsbüro in Pullach", erklärt die Leiterin des Pullacher Bürgerhauses. Die Option zur spontanen Pause ist das eine. Andererseits arbeitet Stegmayer aber wohl mehr als sonst. "Der Arbeitstag im Home-Office beginnt sehr früh und endet umso später."

Die Kunsthistorikerin ist ohnehin eine Frau mit viel Energie und Disziplin, und derzeit gibt es enorm viel zu tun für eine Kulturmacherin, die ein Herz für Künstler hat. "Es ist eine schwebende Situation. Ich versuche, alle Veranstaltungen zu verschieben, nicht abzusagen." Viele Kreative, aber auch Agenturen mit Mitarbeitern kämpften um die wirtschaftliche Existenz. Eventuell will sie ganze Spielzeiten im Herbst oder im kommenden Jahr nachholen lassen. Neben organisatorischen Herausforderungen ist der Kontakt zu Künstlern, Agenten, aber auch Arbeitskollegen der Gemeinde Pullach alltagsbestimmend. "In der Krise ist Kommunikation besonders wichtig geworden: Termine, Abmachungen, Planungen, aber auch schlichte Lebenszeichen, etwa von Künstlern und Künstlerinnen aus Österreich, denn die geschlossene Grenze hat den Abstand wieder vergrößert." Gerade für Kreative sei der grenzenlose Austausch wichtig, so Stegmayer, die derzeit etwa nicht ins wenige Kilometer entfernte Kufstein radeln darf. Das sei eine unnatürliche Situation, da ihre Heimat ohnehin eine Transitgegend sei, in der sich Bayern, Tiroler und Südtiroler bewegten.

So wird nun das Netz immer wichtiger. "Das fast alles online möglich ist, finde ich faszinierend. Die Umstellung von analog auf digital war hier in kürzester Zeit geschafft", lobt sie die Pullacher IT-Leute. In Videokonferenzen hat sie jetzt teils mehr Austausch mit Kollegen als in analogen Zeiten. Dass das so gut und offenbar gestochen scharf funktioniert, bringt indes auch kleine Herausforderungen mit sich. "Mit dem Schlafanzug kann ich mich nicht vor den Bildschirm setzen, ich ziehe mir schon eine Bluse an", sagt sie schmunzelnd.

An die Arbeit im Home-Office ist Stegmayer schon länger gewöhnt - sie war bereits von Mitte bis Ende März zwei Wochen in Quarantäne, nachdem sie von einem Besuch bei ihrer Tochter aus der Schweiz zurückgekehrt - und vorher noch in Tirol gewesen war. Obschon sie diese neue Art des Arbeitens als "super Erfahrung" wahrnimmt, spürt sie auch die Isolation. "Ich habe einen ungeheuren Bewegungsdrang und ziemlich intensives Fernweh. Ich stelle mir alle die guten Orte vor, die ich nicht besuchen kann: Venedig, Verona, Athen, nicht mal ein nettes Café."

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