Mehr als nur eine Politikerfrau:Starkes Signal

Mehr als nur eine Politikerfrau: Gräfelfing sei mittlerweile ihre Heimat, sagt Ochmaa Göbel. Das Dirndl ist ihre Tracht, Deutsch ihre Sprache. Ihre "zweite Heimat" behalte sie trotzdem.

Gräfelfing sei mittlerweile ihre Heimat, sagt Ochmaa Göbel. Das Dirndl ist ihre Tracht, Deutsch ihre Sprache. Ihre "zweite Heimat" behalte sie trotzdem.

(Foto: Claus Schunk)

Ochmaa Göbel, Ehefrau des Münchner Landrats, stammt aus der Mongolei, arbeitet als Dolmetscherin und unterstützt ihren Mann dabei, die Flüchtlingspolitik liberal auszulegen. Jetzt will sie sich in der Asylhilfe engagieren

Von Martin Mühlfenzl

Ein bayerischer Porzellanlöwe, der wäre sicher passend. Oder ein Steinkrug mit dem Wappen des Landkreises München. Notfalls noch eingeschweißte Weißwürste und ein Glas süßer Senf. Aber eine Rindersamenspende der Bayern-Genetik GmbH? Mit so einem Geschenk auf internationalem Parkett aufzutauchen, könnte durchaus diplomatische Verwicklungen nach sich ziehen, zumindest aber zu erstaunten Nachfragen führen. Nicht aber, wenn die Ehrenbotschafterin Ochmaa Göbel mit dem zur künstlichen Befruchtung gedachten Präsent im mongolischen Landwirtschaftsministerium in der Hauptstadt Ulan-Bator erscheint.

Für manche "First Lady" sind solche Termine ein Graus. Nicht aber für die Ehefrau des Münchner Landrats Christoph Göbel (CSU). Und das nicht nur, weil die Mongolei, genau genommen die Hauptstadt Ulan-Bator, ihre Heimat ist. Ochmaa Göbel genießt öffentliche Auftritte, ohne sich dabei in den Vordergrund zu drängen.

Sie ist gerne unter Menschen, sagt die 30-Jährige. Da trifft es sich gut, dass ihr Mann seit seinem Amtsantritt im Jahr 2014 seinen neuen Job im Landratsamt am Mariahilfplatz als einen sehr öffentlichen interpretiert. Egal ob in Unterschleißheim, Aying oder eben Ulan-Bator.

Ihr Mann muss in der Flüchtlingsthematik Rede und Antwort stehen

Oder in Ottobrunn, an einem Abend im Januar. Wie immer mit einem Lächeln betritt damals Ochmaa Göbel an der Seite ihres eher barock anmutenden Gatten das Ottobrunner Wolf-Ferrari-Haus. Es geht an diesem Abend um eine geplante Flüchtlingssiedlung für mehr als 500 Menschen in der Gemeinde.

Mindestens genau so viele Bürger finden sich im Saal des Bürgerhauses ein. "Das wird hoffentlich schon gut gehen", sagt Ochmaa Göbel vor der Informationsveranstaltung, auf der auch ihr Mann - er ist im Landkreis München verantwortlich für die Flüchtlingsthematik - Rede und Antwort stehen muss.

Es wird ein Abend in aufgeheizter Stimmung mit zahlreichen öffentlich vorgetragenen Ressentiments gegen Schutzsuchende, mit der auch der Landrat nicht gerechnet hat: "So etwas habe ich noch nicht erlebt." Und seine Frau sagt nur ein Wort: "Schade."

Tolerant, offen, liberal - anders als die CSU auf Landesebene

Die Flüchtlingspolitik im Landkreis München wird bisher geprägt von der sehr toleranten, offenen, liberalen Linie seines Landrats, die von allen Bürgermeistern und Kreisräten mitgetragen wird - und in vielen Punkten der harten Haltung der christsozialen Staatsregierung diametral gegenübersteht. Christoph Göbel ist in der CSU. Ochmaa Göbel auch.

In der Außenwirkung dieses Paares aber steht die Parteizugehörigkeit hinten an. Die Göbels sind vielmehr mit ihrer Familie Repräsentanten eines modernen Landkreises, der mit seiner Internationalität - die auch viel mit der Bedeutung als eminent wichtiger Wirtschaftsstandort zu tun hat - kaum Probleme hat.

Und Ochmaa Göbel ist eine internationale Frau. Groß geworden im damals noch sehr ländlich geprägten Ulan-Bator als jüngstes von sechs Kindern, kam sie sehr früh mit der deutschen Sprache in Berührung. Dank ihres Vaters. "Der hatte eine Wurstfabrik und machte damals noch viele Geschäfte mit der ehemaligen DDR. Da hat er natürlich viel ins Ausland telefoniert, am Festnetz", sagt Ochmaa Göbel. Und sie sei daneben gestanden und habe immer wissen wollen, was der Vater denn da sagt - in einer Sprache, die für sie immer einen sehr schönen Klang hatte. "Ich habe dann sehr früh für mich entschieden, dass ich Deutsch lernen will. Und das habe ich auch getan", sagt Göbel.

Allerdings studierte sie zunächst Rechtswissenschaften, ehe sie ihrem Faible für die deutsche Sprache und die europäische Kultur tatsächlich folgte. Zunächst als Au-pair in einer Familie bei Hamburg sowie bei Aufenthalten an Universitäten in den USA und England, ehe sie ihr Studium für Internationale Beziehungen und Deutsch als Dolmetscherin an der National University of Mongolia in Ulan-Bator begann.

Ihre Kontakte nach Deutschland ließ Ochmaa Göbel dabei nie abreißen. Sie arbeitete neben ihrem Studium immer wieder für die deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit und den Botschafter der Bundesrepublik in der Mongolei als Übersetzerin. Und auch für die CSU-nahe Hanns-Seidel-Stiftung, die ebenfalls Kontakte in das riesige, aber dünn besiedelte asiatische Land unterhält.

Kennengelernt haben sie sich auf der Jubiläumswiesn

2010 begleitete sie den deutschen Botschafter in die Mongolei und eine Delegation ihres Heimatlandes nach Deutschland. Und nach München zur Jubiläumswiesn. Dort trafen die mongolischen Politiker bei Festbier und bayerischen Schmankerln im Zelt auch Kommunalpolitiker aus dem Landkreis München zum Gedankenaustausch.

Mit dabei der damalige stellvertretende Landrat Christoph Göbel. Aus einem offiziellen Termin wurde ein sehr persönliches Treffen, erinnert sich der heutige Landrat: "Meinem damaligen Amt verdanke ich unsere wundervolle Beziehung", sagt er. "Ich musste danach leider schnell wieder zum Flughafen", sagt Ochmaa Göbel. "Aber ich bin nach einem Jahr wiedergekommen - und geblieben."

Gräfelfing, ihr Wohnort, sei mittlerweile ihre Heimat, sagt sie. Das Dirndl ihre Tracht. Deutsch ihre Sprache. "Aber ich habe natürlich eine zweite Heimat. Und das wird sie auch bleiben. Unsere beiden Kinder lernen auch beide Sprachen." Aber nur Hausfrau und Gattin des Landrats zu sein, hat Ochmaa Göbel nie gereicht. Das Landgericht I in München hat sie etwa als gerichtlich bestellte Dolmetscherin vereidigt.

An der Hochschule für angewandte Sprachen hat sie Anfang dieses Jahres ihren Master in interkultureller Moderation und mehrsprachiger Kommunikation gemacht - und wurde gleich darauf zur Ehrenbotschafterin des Sprachen- und Dolmetscher-Instituts für die Mongolei ernannt. Als solche will sie die Kommunikation zwischen der Universität in Ulan-Bator und dem Münchner Institut vorantreiben: "Mein Ziel ist, dass so viele Studenten wie möglich beide Welten kennenlernen." Jene Welten, die sie selbst verkörpert und auch lebt.

Als politisch denkender Mensch - ihr Großvater Lkhamsuren war Abgeordneter des mongolischen Parlaments - wirkt sie sich mittlerweile bei der Frauen Union im Landkreis mit; aber ein politisches Amt strebe sie nicht an, sagt Ochmaa Göbel. "Vielleicht bringe ich mich in der Asylhilfe ein. Da gibt es genug zu tun." Das wäre ein starkes Signal.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: