Hier dominiert Grün. Und das ist nicht politisch gemeint, sondern bezieht sich auf die absolut vorherrschende Farbe in den großflächigen Gemälden des Weilheimer Künstlers Reiner Heidorn, die noch bis zum 18. Februar in der Aula des Max-Planck-Instituts für Biochemie in Martinsried zu sehen sind. "Cellular Diary" hat der Autodidakt Heidorn die Ausstellung betitelt und damit ist schon viel gesagt. Tatsächlich erinnert das, was auf den Bildern zu sehen ist, deutlich an Zellkulturen, Bakterien, ja sogar an das Universum, wie der Künstler selbst sagt: "Der Pointillismus von Mikroskopaufnahmen über Süßwasser oder Chlorophyll ist zu einem Ausgangspunkt meines aktuellen Werkes geworden."
Eine Ausstellung also in genau dem richtigen Umfeld. Die Kunsthistorikerin und Kuratorin Sonja Lechner zitiert hierzu Friedrich Hölderlin: "Das heilige Grün, der Zeuge des seligen, tiefen Lebens der Welt." Sie sieht in Heidorns Werken den Versuch, "einen Kosmos zu schaffen, der allem Lebendigen huldigt". Nach ihren Worten "tropft und tränkt, schliert und sprenkelt, wallt und wabert Grün dem Betrachter in einem Variantenreichtum entgegen, welcher weder farblich noch formal Grenzen zu kennen scheint: vom hellen Lindgrün über Pistazie, Smaragd, Türkis bis hin zu Olive ist in seiner Palette alles zu finden, was die Farbe konstituiert - ergänzt durch Erd- und Wasserfarben." Man glaubt, durch einen Urwald oder Regenwald zu gehen und spürt förmlich die Feuchtigkeit.
Dabei sind die in Martinsried gezeigten Bilder Heidorns durchaus nicht gegenständlich oder konkret, sie bilden vielmehr das Ganze oder eine Totale ab. Zwei Meter auf zwei Meter, das ist so ungefähr das fast schon überdimensional wirkende Maß der Werke, denen der Künstler einen eigenen Namen gegeben hat. Die mikroskopisch kleinen Elemente entstammen einer Maltechnik mit Namen "Dissolutio", was soviel wie "Verschwinden" bedeutet. Der 55-Jährige sieht sich selbst in einem zeitgenössischen Diskurs aktueller Themen wie dem Klimawandel oder ganz allgemein der Entfremdung des Menschen mit seiner natürlichen Umgebung. Über die Titelgebung seiner Werke darf man ruhig ein wenig nachdenken: "Reenectment Garden", "Distant Requiem", "Floatwater" oder schlicht "Fleur". Die an den Wänden hängenden Bilder sind allerdings - absichtlich, wie Heidorn sagt - unbetitelt, man kann sich aber an einem ausliegenden Prospekt orientieren.
Reiner Heidorn malt seit 40 Jahren und ist längst kein Unbekannter mehr. Er hatte Ausstellungen in den Vereinigten Staaten, Brasilien und Dubai sowie in etlichen deutschen Städten. "Nach einigen Ausstellungsprojekten habe ich auch festgestellt, dass dieses Gefühl von Schwerelosigkeit und Unendlichkeit international Menschen sehr berührt, beruhigt", sagt er. Die Verbindung nach Martinsried habe er schon vor zwei Jahren hergestellt, auch weil "die Ausstellungsstätte nicht kommerziell ist und mein Thema widerspiegelt." Etliche der in Martinsried gezeigten Werke wurden öffentlich noch nicht gezeigt.
Für das Publikum ist die Ausstellung montags bis freitags von 18 bis 20 Uhr geöffnet, an Feiertagen, samstags und sonntags von 8 Uhr bis 20 Uhr. Es gelten die 2-G-plus-Regeln.