Serie "Macht hoch die Tür":Venus und Aeneas zum Greifen nah

Die SZ öffnet in ihrer Adventsserie "Macht hoch die Tür" drei Wochen lang jeden Tag verborgene Räume. Zum Auftakt geht es in die Laterne im Schleißheimer Schloss, einen Aufbau über dem Treppensaal.

Von Gudrun Passarge, Oberschleißheim

Kaum vorstellbar, wie der 34 Jahre alte Cosmas Damian Asam im Jahr 1721 auf einem mehr als 26 Meter hohen Gerüst herumkletterte, um die Kuppel im Treppenhaus von Schloss Schleißheim auszumalen.

Ein herrlicher Anblick, der sich für den Betrachter von unten bietet. Aber Paula Kleeberger, Schlossverwalterin in Schleißheim, kann mehr bieten. Sie steigt durch das Treppenhaus immer höher. Verlässt den Vorzeigebereich, und über einfache Holzstiegen und eine Metallwendeltreppe erreicht der Besucher eine unscheinbare graue, verschlossene Tür. Dahinter befindet sich die sogenannte Laterne: ein durchbrochener Aufbau über dem Treppensaal.

Von hier aus ist Asams Fresko fast zum Greifen nah. Zwischen den hölzernen Säulen kann man nach oben und nach unten ins Treppenhaus schauen. Und man kann Musik machen. "Hier haben die Bläser gestanden, die von hier aus musiziert haben, wenn unten besondere Festivitäten stattfanden", erzählt Kleeberger. "Max Emanuel konnte hier himmlische Musik erklingen lassen." Der Raum selbst ist mit Malerei ausgestattet, die vermutlich von Nikolaus Gottfried Stuber stammt. Nymphen und Flussgötter, allesamt mit Fischschwänzen, rekeln sich an der Decke. Aber auch dieser Raum ist wie so manches im Schloss nicht fertiggestellt. Es sind zwar die vorbereiteten Felder an den Seitenwänden zu sehen, aber die Malerei ist nur rudimentär ausgeführt.

Als Kurfürst Max Emanuel 1726 starb, war das Schloss, das er als Kaiserresidenz geplant hatte, immer noch nicht fertig. Doch das habe auch sein Gutes, findet die Schlossverwalterin. Während Nymphenburg gebaut wurde, sei Schleißheim hinten angestellt worden. Der Vorteil: "Hier wurde nichts verändert, es ist in der Phase des Barock stehen geblieben. Es wurde nicht wie anderswo alles dem Zeitgeist angepasst."

Jahrhundertealte Balkenkonstruktion

Der Raum unterm Dach versprüht seinen ganz eigenen Charme. Dicke Balken der Tragekonstruktion sind zu sehen, auf den Säulen haben sich seit 1764 immer wieder Handwerker und Besucher verewigt. Durch die Fenster gleitet der Blick über die schneebestäubten Arabesken und den Kanal bis zum Schloss Lustheim. "Das sind noch die Originalbalken", erklärt Kleeberger und zeigt auf dicke, über dem Boden aufragende Bohlen. Asams Deckenbild - es ist vermutlich das erste profane Thema, dem er sich gewidmet hat - ist weitgehend original erhalten, auch einem Bombentreffer am Schloss im Zweiten Weltkrieg hielt die hölzerne Kuppel stand.

Es zeigt Venus und ihren Sohn Aeneas in der Schmiede des Vulkans, wo die Waffen für seinen Kampf gegen die Latiner geschmiedet werden. Aeneas trägt ein leuchtend blaues Gewand und eine Allongeperücke. Unverkennbar ist es eine Hommage an den großen Feldherrn Max Emanuel. "Aber man erzählt sich, dass sich Max Emanuel nicht gefallen hat", berichtet Kleeberger. "Deswegen ist dann wohl auch Jacopo Amigoni zum Zug gekommen."

Tatsächlich hat der große bayerische Barockmaler Asam sonst nur noch wenig im Schloss gearbeitet, die Maximilianskapelle hat er gestaltet, im südlichen Gartensaal und in den Bogenfeldern gibt es noch Malereien von ihm. Die übrigen Decken im Schloss tragen die Handschrift des Italieners Amigoni. Asams Kuppelfresko wurde zuletzt im Jahr 2000 behutsam von einem Restaurator gereinigt. Musik ist zum letzten Mal 1999 aus der Laterne erklungen. Kleeberger findet, das könnte wiederholt werden.

In der Serie "Macht hoch die Tür" öffnet die SZ im Advent jeden Tag eine Tür. Welche ist es am 2. Dezember? Rätseln Sie mit auf www.facebook/com/SZLandkreisMuenchen/

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