Luxuswohnungen in München:Trutzburgen des Wohlstands

Wo ein Concierge an der Pforte sitzt und Abflussrinnen beleuchtet sind: Wir haben einen Blick in die neu gebauten Prachtbauten Münchens geworfen.

Katharina Riehl

Man muss sich dem Luxus behutsam nähern. Man muss um Häuserecken schleichen und auf Parkbänken herumsitzen, muss durch Eisengitter in Innenhöfe und durch Glastüren in Foyers gucken. Man darf die, denen der Luxus gehört, nicht behelligen, und muss viel Geduld mitbringen für die, die den Luxus verwalten. Und man sollte den Luxus nicht Luxus nennen.

Isar Stadtpalais in München, 2010

Das Isar Stadtpalais in München: Die Firma JK Wohnbau hat das ehemalige AOK Gebäude in der Maistraße saniert und in Luxus-Eigentumswohnungen umgewandelt.

(Foto: Catherina Hess)

In der Münchner Innenstadt sind in den vergangenen fünf Jahren eine Menge ziemlich edler Wohnungen entstanden. Die Lenbach Gärten in der Nähe des Hauptbahnhofs, mitten im Zentrum der renovierte Alte Hof, der Angerhof nahe der Synagoge am Jakobsplatz, das "Isar Stadt Palais" in der Maistraße oder die von Philippe Starck designten Wohnungen am Südfriedhof. Die Objekte haben nicht nur gemeinsam, dass die Quadratmeterpreise mit 4500 bis 10.000 Euro deutlich über dem Durchschnitt liegen - sondern auch, dass sie alle innerhalb kürzester Zeit verkauft waren. Wohnen innerhalb des Mittleren Rings scheint mehr denn je eine Frage des Geldes zu werden.

Wer wissen will, wie so ein luxuriöses Leben in München aussieht, wer erfahren will, was es für eine Stadt bedeutet, wenn sich ihre wohlhabenden Bewohner hinter dicken Glastüren, einem Pförtner und Türklingeln mit Zahlencode verschanzen, der stößt auf eine Menge kopfschüttelnder Pressesprecher großer Wohnbaugesellschaften. Die Kunden wolle man nicht mit Anfragen belästigen, sagen die einen. Die anderen geben zu, dass ihre Klientel auf diese Art von Öffentlichkeit keinen gesteigerten Wert legt. Und dann ist am Ende doch jemand bereit, zumindest das Gebäude von innen und die ein oder andere noch nicht bezogene Wohnung herzuzeigen.

Im Isar Stadt Palais, am Fuße einer beeindruckend breiten Treppe unter antiken Lampen und einer Buntglasscheibe, trifft man die freundlich zurückhaltende Presse-Dame und einen um einiges auskunftsfreudigeren Prokuristen. Das ehemalige Bürogebäude der AOK, im Jahr 1920 gebaut, ist zu einem Wohnhaus umgestaltet worden, 171 Wohnungen gibt es auf sechs Stockwerken. Das Wort "Luxus" hört man hier nicht gern, lassen die beiden schnell wissen, man spreche lieber vom "gehobenen Preissegment". So oder so: Es sieht ziemlich schick aus.

Sogar die Abflussrinne ist indirekt beleuchtet

Gleich nach der Treppe, in einem Raum auf der linken Seite des breiten Flurs, liegt das Zimmer des Concierge. Der Concierge ist in diesem Fall ein Team junger Frauen, die sich um alles kümmern, wozu man - der Verdacht drängt sich auf - nicht mehr kommt, wenn man sich eine solche Wohnung leisten kann: Die dreckige Wäsche kann man hier abgeben oder Getränke bestellen. Während des Urlaubs leeren die Damen den Briefkasten, gießen die Blumen und lüften die Wohnung. Wer seinen Balkon bepflanzt haben möchte, gibt hier unten Bescheid.

Isar Stadtpalais in München, 2010

Im Isar Stadtpalais in München (ehemaliges AOK Gebäude) entstehen Luxus-Eigentumswohnungen. Im Bild sieht man die Treppe im großzügig gestalteten Eingangsbereich. 

(Foto: Catherina Hess)

Das Isar Stadt Palais ist schön, keine Frage. Der Gast darf den Innenhof bewundern, gesäumt von brav geschnittenen Pflanzen. In der Mitte steht ein Pavillon, an dem Grünzeug emporklettert, später sollen hier noch Gartenmöbel dazukommen. Und eine schon ziemlich fertige Wohnung darf man ansehen: Dachgeschoss, dunkler Holzboden, eine verglaste Galerie, Natursteinbad mit frei stehender Badewanne, von deren Armaturen aber niemand so recht weiß, wie und wozu man sie bedienen kann; in der Natursteindusche ist sogar die Abflussrinne indirekt beleuchtet. An der Wand hängt ein schwarzes, flaches Gerät, mit dem man zum Beispiel von der Wanne aus schon einmal das Licht neben dem Bett anknipsen kann.

Der Prokurist beginnt, sich warm zu reden: Allein die Elektroarbeiten haben hier sicher 100.000 Euro gekostet, sagt er. Und er erzählt von der anderen Wohnung, in der allein die Ausstattung bestimmt eine Million wert sei. Er würde so eine Wohnung eigentlich auch sehr gerne herzeigen, der Käufer ließe ihn bestimmt hinein... Die Presse-Dame schüttelt den Kopf.

Es ist keine Frage von Sozialneid, wenn man auf einer kleinen Tour durch und um die neu entstandenen Wohnungen im gehobenen Preissegment den Eindruck gewinnt, dass hier kleine Trutzburgen des Wohlstands entstanden sind. Es ist Samstag, die Sonne scheint auf den breiten, hell gepflasterten Weg und die zu akkuraten Würfeln geschnittenen Hecken in den Lenbachgärten neben dem Charles Hotel. Auf einer der hölzernen Parkbänke schläft ein Obdachloser mit großen Löchern in den Socken. Dass ihn keiner bemerkt, ist kein Wunder. Auf dem Gelände ist keine Menschenseele unterwegs.

Der Preis: mehr als 10.000 Euro pro Quadratmeter

Isar Stadtpalais in München, 2010

Der Blick in eine der Wohnungen im Isarpalais in der Maistraße zeigt großzügig geschnittene Räume. 

(Foto: Catherina Hess)

Auf einem der ummauerten Rasenstreifen, auf den sich sicher niemals ein Gänseblümchen verirren würde, hüpft tatsächlich ein Hase herum. Auch ohne das fußballtorgroße und fußballfeldgrüne Schild am Eingang der Anlage, das mit dem vielsagenden Satz "Noblesse oblige" wohl zum Kauf auffordern soll, hätten die Gärten den Charme eines ziemlich langweiligen Freizeitparks. Man sieht viele kleine Rasenstücke und noch viel mehr Balkone - was man erstaunlicherweise nicht sieht, sind Hauseingänge. Nur in einem der Gebäude sitzt ein bulliger Herr hinter dickem Glas hinter einer recht massiv wirkenden Rezeption und bewacht die Fahrstühle.

Südöstlich der Lenbach Gärten, am Oberanger, kommt man so weit erst gar nicht. Den wohl obligatorischen Brunnen im Innenhof, hier in Form einer gigantischen silbernen Kugel in seichtem Wasser, sieht man nur zwischen schwarzen Metall-Lamellen durchblitzen. Im Angerhof soll das alte Konzept des Stadthauses wiederbelebt werden, mit Büroräumen, Wohnungen und Geschäften im selben Haus; der Blick über die Innenstadt kostet je nach Ausstattung mehr als 10.000 Euro pro Quadratmeter. Wolfgang Roeck, Geschäftsführer der Immobilienfirma Wöhr+Bauer, spricht bei seinen Kunden von einer "potenten Käuferschicht, die Individualität sucht und bereit ist, Geld auszugeben".

Dass diese potenten Käufer eher selten kinderreiche junge Familien sind, sieht man vor allem, wenn man noch ein wenig weiter Richtung Süden schaut. In der Thalkirchner Straße am Alten Südfriedhof ist das ehemalige Arbeitsamt in eine weitere Nobelunterkunft umgewandelt worden, eingerichtet vom französischen Star-Designer Philippe Starck. Ein älterer Herr aus Köln führt hier durch das Haus, über dem Concierge hängt ein schwarzer Kronleuchter, an allen hölzernen Wohnungstüren kleine Lampen aus Milchglas, immer wieder stehen mannshohe Spiegel an die Wände gelehnt - Philippe Starck-Spiegel heißen die. Auf einem der Flure steht ein lebensgroßes schwarzes Pferd mit einem Lampenschirm auf dem Kopf, der Fahrstuhl ist aus Glas.

Wohnungen darf man hier keine sehen, die sind schon alle verkauft, dafür aber den Wellness-Bereich mit schwarzem Whirlpool, einer Sauna, einem Fitnessstudio, einem Massageraum samt Lampenfüßen in Tierform. Das sei doch alles ziemlich teuer, sagt der Herr von der Immobilienfirma, weshalb hier auch eher ein älteres Publikum lebe, so ab 50 Jahren aufwärts. Ein Kind, sagt er, habe er hier noch nie gesehen. Ein Kind und ein schwarzes Pferd auf dem Flur, das kann sich offenbar niemand leisten.

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