Lokführer legen Arbeit nieder:Die Wiesn wird bestreikt

Bei der MVG geht der Streik der Fahrer weiter. Zunächst hat sich das Chaos in Grenzen gehalten, doch der Ausstand soll unbefristet weitergehen - trotz des Oktoberfests.

Marco Völklein

Vier Wochen lang hat die Gewerkschaft der Lokführer (GDL) gedroht; nun setzt sie die Ankündigung um: Seit Freitag läuft der erste Nahverkehrsstreik während eines Oktoberfests. Die Auswirkungen hielten sich jedoch in Grenzen: Auf den Wiesn-Linien U4/5 sowie U3/6 drängten sich die Menschen am Nachmittag zwar dicht an dicht in den Waggons, auch auf den Bahnsteigen war es eng; zeitweilig mussten Fahrgäste länger als gewohnt auf die nächste U-Bahn warten.

Erneut Streik bei kommunalen Nahverkehrsunternehmen

Diesmal gab es keine Vorwarnung. Die Auswirkungen des Nahverkehrsstreiks hielten sich aber noch in Grenzen.

(Foto: dapd)

Das große Chaos blieb aber aus. Viele wichen auf die S-Bahn aus oder liefen bei schönem Wetter gleich zu Fuß zur Theresienwiese. "Lasst uns einen Fußmarsch machen", sagte ein junger Mann am Hauptbahnhof zu seinen Kumpels. "Da bleiben wir fit."

Mit Beginn der Frühschicht am Freitag hatte die GDL ihre Mitglieder in München, Nürnberg, Augsburg, Fürth und Erlangen zum Ausstand aufgerufen. Anders als bei den vergangenen Streikaktionen hatte die Gewerkschaft diesmal die Fahrgäste nicht vorgewarnt. Die Mitteilung an die Öffentlichkeit ging zeitgleich mit dem Streikbeginn raus. "Das ist nicht das, was uns versprochen wurde", kritisierte Andreas Nagel von der Aktion Münchner Fahrgäste.

Vor zwei Wochen hatte Nagel noch Willi Russ, dem Vize-Chef des Gewerkschaftsdachverbands dbb Tarifunion, das Versprechen abgerungen, dass die Fahrgäste rechtzeitig informiert würden. "Dieses Versprechen muss man nun als gebrochen ansehen", sagte Nagel. dbb-Vize Russ führt im Auftrag der GDL den Tarifstreit. Anders als bei den vorausgegangenen Ausständen gibt es diesmal kein festgelegtes Streikende. "Es wird so lange gestreikt, bis die Arbeitgeber an den Tisch kommen", hieß es bei der dbb Tarifunion. "Der Ball liegt bei den Arbeitgebern."

Auch im morgendlichen Berufsverkehr zeigte der Streik zwar Wirkung, löste aber kein Chaos aus. Die meisten Fahrgäste zeigten sich unbeeindruckt: "Meine Bahn fährt pünktlich", sagte eine Frau am Sendlinger Tor. Nach Angaben der Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG) verkehrten nahezu alle U-Bahnlinien im Zehn-Minuten-Takt. Die U4 wurde zeitweise verkürzt, die Tramlinien 16 und 21 fielen aus.

Auf der Tramlinie 12 setzte die MVG Sammeltaxis und Ersatzbusse ein. Auf den Tramlinien 17, 18 und 27 kam es zu Verspätungen, nachdem ein Mercedes am Sendlinger Tor eine Straßenbahn gerammt hatte. Viele Pendler stiegen aufs Rad um. Nach Auskunft der Münchner Polizei lief der Verkehr auf den Straßen weitgehend ruhig.

Auch in den anderen bayerischen Städten hielten sich die Streikfolgen nach Auskunft der dortigen Verkehrsbetriebe in Grenzen. In Augsburg steht am Sonntag das Zweitligaspiel des FC Augsburg gegen die Münchner Löwen an - da könnte es enger werden in Trams und Bussen.

Für München kündigte MVG-Chef Herbert König an, am Wochenende "aus Sicherheitsgründen ein besonderes Augenmerk auf den Wiesn-Verkehr" zu legen. Im Zweifelsfall würden "etwaige Zug- und Personalausfälle eher hier kompensiert als an anderen Stellen im Netz". Zudem werde die MVG - wie bei Großveranstaltungen üblich - einzelne Bahnhofszugänge oder Bahnhöfe sperren, sollte der Andrang zu groß werden. Am zweiten Wiesn-Wochenende werden traditionell viele Gäste aus Italien erwartet.

"Wir haben die Arbeitgeber immer wieder aufgefordert, Gespräche mit uns aufzunehmen", erklärte Streikführer Russ. Da die sich dazu nicht bereit erklärt hatten, "sehen wir uns gezwungen, die Streikmaßnahmen fortzusetzen und zu forcieren". Münchens OB Christian Ude nannte den Ausstand "unverantwortlich". Der Streik sei ein "Anschlag auf die Bevölkerung und das größte Volksfest der Welt".

Damit würde die GDL "auch noch den letzten Rest von Verständnis in der Bevölkerung beseitigen". Bürgermeister aus anderen Städten hätten ihn darin bestärkt, als kommunaler Arbeitgebervertreter "bei der harten Linie zu bleiben", so Ude. "Andernfalls werden überall im Land kleine Splittergruppen den Nahverkehr lahmlegen."

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