Lise-Meitner-Gymnasium Unterhaching:Das Dach der Schule

Lise-Meitner-Gymnasium Unterhaching: Zum Ende des Halbjahres verlässt Schulleiterin Brigitte Grams-Loibl das Lise Meitner-Gymnasium Unterhaching.

Zum Ende des Halbjahres verlässt Schulleiterin Brigitte Grams-Loibl das Lise Meitner-Gymnasium Unterhaching.

(Foto: Claus Schunk.)

Im Februar hört Brigitte Grams-Loibl nach 16 Jahren als Direktorin auf und wird Ministerialbeauftragte. Die 58-Jährige freut sich auf die neue Aufgabe, geht aber mit viel Wehmut.

Von Patrik Stäbler, Unterhaching

Hinter dem Schreibtisch im Büro von Brigitte Grams-Loibl hängt eine Tafel, auf der die Direktorin des Lise-Meitner-Gymnasiums Unterhaching (LMGU) zwei Ziegen und ein Auto skizziert hat, jeweils in einem halbrunden Tor. Darunter zeigen Pfeile auf Brüche, von denen weitere Pfeile auf noch mehr Brüche verweisen. Das Ganze soll eine Fragestellung aus der Wahrscheinlichkeitstheorie nachstellen, die in der Mathematik als das Ziegenproblem bekannt ist. Kurz gesagt geht es dabei um die Frage, wie ein Kandidat bei der Spielshow "Geh aufs Ganze" seine Chancen auf den Gewinn eines Autos erhöhen kann, das sich hinter einem Tor verbirgt - während hinter den anderen zwei Ziegen als Trostpreise stehen.

Bei einem Unterrichtsbesuch habe sie kürzlich miterlebt, wie eine Lehrerin ihren Schülern das Ziegenproblem erläutern wollte, erzählt Brigitte Grams-Loibl, die selbst Mathematik unterrichtet. Das Thema habe sie danach nicht losgelassen, weshalb sie in ihrem Büro noch einmal den Lösungsweg durchging und überlegte, wie dieser im Unterricht am sinnvollsten vermittelt werden kann. Dass es bei dem Ziegenproblem im Kern um die Frage geht, welche Entscheidung in einer bestimmten Situation am sinnvollsten ist - das dürfte Grams-Loibl aus aktuellen Anlass bekannt vorkommen. Denn hinter ihr liegt ein Entschluss, über sie vorab sicher lange gegrübelt hat: Nach mehr als 16 Jahren am Gymnasium in Unterhaching - davon 13 als Schulleiterin - wird Grams-Loibl das LMGU am Halbjahresende verlassen.

Noch mal eine Herausforderung gesucht

Der Grund: Zum 17. Februar übernimmt die Oberstudiendirektorin das Amt der Ministerialbeauftragten für die Gymnasien im Bezirk Oberbayern-West. In dieser Funktion werden der 58-Jährigen mehr als 80 Schulen zwischen Ingolstadt und Garmisch-Partenkirchen unterstellt sein. Die insgesamt acht Ministerialbeauftragten für die bayerischen Gymnasien seien "unverzichtbare Bindeglieder zwischen Schule und Ministerium", so hat es Kultusminister Michael Piazolo anlässlich ihrer Ernennung formuliert. Derweil räumt Grams-Loibl räumt ein, "dass ich noch gar nicht zu hundert Prozent weiß, was da genau auf mich zukommt." Und doch habe sie sich um die Stelle beworben, "weil es zu meiner jetzigen Lebensphase passt, und ich noch mal eine neue Herausforderung suchen wollte".

Eine Herausforderung ist es auch gewesen, als sie damals an die Schule nach Unterhaching kam - kaum zehn Kilometer entfernt von ihrem Wohnort in Höhenkirchen-Siegertsbrunn. Grams-Loibl hatte zuvor Religion, Mathematik und Psychologie auf Lehramt studiert. "Ich wäre wahrscheinlich Pfarrerin geworden", sagt sie - sofern Frauen dies in der evangelischen Kirche damals schon möglich gewesen wäre. So aber trat sie ein Referendariat in der Nähe von Augsburg an, unterrichtete danach in Freising und München, wurde fünf Jahre lang ans Kultusministerium abgeordnet - und fing 2003 in Unterhaching an, wo sie 2006 den langjährigen Direktor Heinz Durner ablöste. Seither hat die Schulleiterin nicht nur diverse Bildungsreformen miterlebt - etwa das Hin und Her zwischen G9 und G8 - sondern sie hat am LMGU auch vieles angestoßen. Vor allem war dies die Änderung der Sprachenfolge samt Abschaffung von Latein als zweiter Fremdsprache, was 2008 zu hitzigen Debatten führte. Zudem setzte sich die Direktorin stets für Hochbegabte ein, worauf 2017 eine eigene Begabtenklasse an der Schule eingerichtet wurde. Fragt man Grams-Loibl nach ihren Errungenschaften in den gut 16 Jahren am LMGU, antwortet sie: "Eine Lehrerin hat einmal gesagt, dass ich das Dach dieser Schule bin. Und ich finde, das passt ganz gut." Schließlich sei es stets ihr Ziel gewesen, Lehrer und Schüler "abzuschirmen und ihnen den Rücken frei zu halten - damit sie in Ruhe ihre Arbeit machen oder hier lernen können".

Sie hat stets auch unterrichtet

Etwa 110 Lehrerinnen und Lehrer unterrichten am Unterhachinger Gymnasium mehr als 1100 Schüler: Allein diese Zahlen machen den Verwaltungsaufwand für die Schulleitung immens. Dennoch habe sie in all den Jahren stets auch unterrichtet, sagt Grams-Loibl, und wenn es nur einige Stunde in der Woche waren. "Das tut einem selbst gut, und man bleibt in Kontakt mit den Schülern." Zudem habe ihr das Lehrerdasein einige "Sternstunden" beschert, so nennt das die Direktorin. Etwa jenen Schüler, den sie und eine Lehrerin ein halbes Jahr lang jeden Morgen daheim abholten, damit er in die Schule kommt. "Und am Ende hat er sein Abitur geschafft!", sagt Grams-Loibl strahlend.

Wenn die 58-Jährige in ihrem Büro von jenen "Sternstunden" erzählt, aus ihrer Anfangszeit berichtet und dabei von einer Anekdote zur nächsten kommt, dann merkt man schnell, wie eng sie ihrer Schule verbunden ist - und wie sehr ihr der nahende Abschied zu Herzen geht. "Da ist schon viel Wehmut dabei", sagt die Direktorin, ehe sie sogleich betont, wie groß die Vorfreude auf die neue Aufgabe sei. Schließlich ist Brigitte Grams-Loibl überzeugt, dass hinter diesem nächsten Tor ihres Lebenswegs etwas Neues und Spannendes auf sie wartet - und ganz sicher kein Trostpreis.

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