Liberale:Erste Gehversuche kurz nach der Taufe

Liberale: Gründete das "Freisinnige Politforum 2.0" und die FDP Haar: der promovierte Chemiker Peter Siemsen.

Gründete das "Freisinnige Politforum 2.0" und die FDP Haar: der promovierte Chemiker Peter Siemsen.

(Foto: Claus Schunk)

Peter Siemsen und die erst vor drei Monaten gegründete Haarer FDP starten ein "offenes Forum für Kommunalpolitik"

Von Bernhard Lohr, Haar

Peter Siemsen hat es lange schon gereizt, in Haar politisch mitzumischen. Auch wenn er nach seiner Zeit als Kreisvorsitzender und Kreisrat der FDP in Freising von 2008 bis 2011 eine Pause einlegte. Nach seinem Umzug von Eching nach Haar sondierte er erst die Verhältnisse. Einen FDP-Ortsverband gab es ja auch nicht. Also ging Siemsen ins Netz, gründete das "Freisinnige Politforum 2.0" und sammelte bis heute übers Internet mehr als 900 Menschen um sich, die seine Überzeugungen teilen. Vergangenen November hob der 48-jährige promovierte Chemiker in Haar die FDP aus der Taufe und ist seitdem auch real in der Lokalpolitik präsent.

Und das auch mit großem Einsatz. "Wir haben den Ortsverband nicht gegründet, damit wir einen Ortsverband haben", sagt Siemsen. Vor kurzem startete das "offene Forum für Kommunalpolitik" im Gasthof zur Post. Es ist eine Mischung aus Politik-Stammtisch und parallel dazu laufendem, an das existierende Freisinnige Politforum angedockten Internet-Chat. Ein gutes Dutzend Bürger sei beim Stammtisch gewesen, sagt Siemsen, 60 oder 70 Personen hätten online mitdiskutiert. "Dieses digitale Format ist klasse." Man müsse Bürger mitnehmen bei politischen Prozessen und aus Betroffenen Beteiligte machen. Beim Start der Einschreibung zum Volksbegehren "Rettet die Bienen" war die FDP mit einer - man gibt sich demonstrativ innovativ - "Open-Space"-Veranstaltung am Bahnhof.

Die FDP mit ihren aktuell zehn Mitgliedern in Haar hat Ziele. Siemsen macht kein Hehl daraus, dass die Haarer Freidemokraten bereits zur Kommunalwahl 2020 antreten wollen und auch er kandidieren wolle. Im Gespräch erweist sich der Vorsitzende, der mit Ehefrau und Sohn seit 2011 in Alt-Haar wohnt, mit der Attitüde des eloquenten Machers als typischer Liberaler. "Old-School"-Methoden reichten nicht mehr, wenn man Bürger mit lokalen Themen politisch ansprechen wolle, sagt er und erzählt gerne von seinen Erfahrungen als wissenschaftlicher Mitarbeiter an einer Hochschule in Zürich. Doch er überrascht auch. Etwa mit seinem direkten, offenen Bekenntnis zur Lokalpolitik. "So nah kommen Sie an Themen nicht mehr ran", sagt er. Und auch sein Verständnis davon, wie Politik gemacht werden kann und soll, bricht mit Erwartungen. Der Vertreter der Partei der Individualisten und Selbstverwirklicher stellt Freiheit nicht über alles. "Meine Freiheit hat dort ihre Grenzen, wo sie die Freiheit des anderen einschränkt."

Und so spricht Siemsen mit Blick auf den Haarer Gemeinderat zunächst einmal über Stilfragen. Er finde das Bild bedauerlich, welches das Gremium abgebe, sagt er. Jeder poche zu sehr darauf, Recht zu haben. Als Ideengeber müsse man in der Politik immer Menschen finden, die mitmachten. Ansonsten werde die beste Idee nicht umgesetzt. Er verstehe sich in diesem Sinn als "Mediator", sagt Siemsen.

Es ist eine Rolle, die ein FDP-Politiker, dem eigene Mehrheiten erfahrungsgemäß fehlen, beherrschen sollte, wenn er etwas erreichen will. Gerne berichtet Siemsen, wie er in Freising als Kreisrat auf diese Weise Erfolg hatte und den Bau einer Realschule in Au in der Hallertau anstieß und mit anderen durchsetzte. Auch wenn Haar eine Realschule bis heute fehlt, steht die Gemeinde nach Siemsens Ansicht gut da. Im Bereich Umwelt und Naturschutz sei viel geschaffen worden, und das Wohn- und Gewerbegebiet Eglfing sei ein Aushängeschild. Die "Grundvoraussetzungen" für eine positive Entwicklung seien da. Doch natürlich findet Siemsen nicht alles toll. Er fragt sich etwa, warum manches nicht vorankomme. Durch das Wohngebiet Jugendstilpark werde sich die Verkehrssituation verschlimmern. Seit Jahren werde über den Verkehr in der Leibstraße gesprochen, aber nicht einmal die Parkplätze seien ordentlich ausgezeichnet. Bei der Gewerbepolitik muss Haar seiner Überzeugung nach dringend nachlegen.

In die Debatte über den Haarer Fahrservice, den die CSU kritisiert, weil Rollstuhlfahrer nur bedingt mitgenommen werden können, klinkte sich die FDP zuletzt mit einem Vorschlag ein. Siemsen bezeichnet das Konzept "sympathisch und nachhaltig", fordert aber, technische Umrüstungen noch einmal zu prüfen. Auch würde die FDP eine Kooperation mit dem Isar-Amper-Klinikum begrüßen. So könnten vielleicht sogar zwei Fahrzeuge sinnvoll ausgelastet werden.

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