Leihfahrräder:Vollbremsung am Stadtrand

Leihfahrräder: Mieträder des privaten Anbieters Obike gibt es auch in Ottobrunn wie hier Am Brunneck. Verleihstationen für MVG-Räder soll es indes nicht geben.

Mieträder des privaten Anbieters Obike gibt es auch in Ottobrunn wie hier Am Brunneck. Verleihstationen für MVG-Räder soll es indes nicht geben.

(Foto: Claus Schunk)

Ottobrunn spricht sich gegen den Einstieg in das Mietrad-System der Münchner Verkehrsgesellschaft aus, obwohl es einen Beschluss des Kreistags gibt. Das ärgert einige Nachbarn, wie Brunnthal und Neubiberg, die sich eine bessere Vernetzung wünschen.

Von Daniela Bode, Bernhard Lohr und Martin Mühlfenzl, Ottobrunn

Mietrad ist nicht gleich Mietrad. Die gelben Obikes eines privaten Anbieters aus Asien, die tausendfach in München herumstehen oder vielmehr liegen, ärgern mittlerweile auch einige Ottobrunner. CSU-Gemeinderat Hans Pöschl etwa sagt, die "gelben Dinger" hätten die Gemeinde erreicht und würden "überall rumgeschmissen" - "unmöglich sehe das aus". Dagegen, aber sagt Bürgermeister Thomas Loderer (CSU), könne die Gemeinde nichts machen: "Das ist eine normale Nutzung des öffentlichen Straßenraums. Wir haben da keine Handhabe."

Gegen das Mietradsystem der Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG), deren Bikes meist ordentlich aufgeräumt in eigens hierfür errichteten Stationen stehen, kann eine Kommune indes sehr wohl etwas unternehmen: Und Ottobrunns Gemeinderäte haben tatsächlich in der Hauptausschusssitzung am Dienstag die "Nicht-Einführung" des MVG-Rads in der Kommune beschlossen.

Neubiberg plant schon Stationen

Damit stellt sich die Gemeinde Ottobrunn gegen ein Votum des Kreistags, der Ende 2016 eine Kooperation mit der Landeshauptstadt und den Aufbau von bis zu hundert MVG-Rad-Stationen im Landkreis beschlossen hatte - vor allem in den stadtnahen Städten und Gemeinden. In Gräfelfing und Planegg, Haar, Taufkirchen, Unterhaching, Unterschließheim und in die Universitätsstadt Garching, wohin der erste Radschnellweg des Landkreises führen soll.

Auch der Neubiberger Gemeinderat hat sich für den Aufbau von MVG-Radstationen ausgesprochen. Hier sollen im Gemeindegebiet sechs Stationen mit Mieträdern eingerichtet werden. Etwa am Bahnhof Neubiberg sowie auf der Ostseite des Bahnhofs Fasanenpark. Zudem sind in Kooperation mit den Firmen Infineon und Intel und der Bundeswehruniversität Standorte am Infineon Campeon und an der Hochschule angedacht. Auf Wunsch einiger Gemeinderäte könnten zudem das Gymnasium, die Realschule und Seniorenheime angebunden werden. All das soll noch geprüft werden.

Dass sich die Ottobrunner Gemeinderäte nun komplett anders entschieden haben, liegt vor allem an der Struktur des bestehenden MVG-Rad-Systems in der Stadt: Das Ausleih- und Rückgabesystem ist in München in zwei Bereiche unterteilt. Im Kerngebiet der Stadt, das knapp über den Mittleren Ring und im Süden bis ins Isartal reicht, können die Radl an den MVG-Stationen und frei im Gebiet nach der Nutzung abgestellt werden. Im restlichen Stadtgebiet allerdings nur an den Rückgabestationen; ansonsten wird eine Servicepauschale von zehn Euro fällig. Die Ottobrunner Gemeinderäte kritisierten nun, dass es im Südosten der Stadt und damit in der Nähe zu Ottobrunn bisher nur eine einzige Rückgabestation gibt: am Bahnhof Neuperlach Süd. Damit, so argumentierte auch die Verwaltung, werde der Gedanke eines möglichst flächendeckenden Angebots "konterkariert". Rathauschef Loderer sagte: "Das MVG-System hat zudem Mängel und ist sauteuer."

Brunnthal fühlt sich vom Rest des Landkreises abgeschnitten

Zudem sieht die Ottobrunner Verwaltung in der aufstrebenden Konkurrenz durch private Mietradanbieter wie Obike ein "unerwartetes Risiko" - es geht also natürlich auch ums Geld.

Die kritische Haltung der Ottobrunner gegenüber den MVG-Mieträdern bereitet den Nachbarn in Brunnthal Verdruss. Bürgermeister Stefan Kern (CSU) ist selbst passionierter Radler und hat es sich auf die Fahnen geschrieben, alternative Mobilitätskonzepte nach vorne zu bringen. Mieträder hielte er gerade für seine ländlich geprägte Kommune für eine gute Sache. Doch weil die Nachbarn in Ottobrunn, Höhenkirchen-Siegertsbrunn und Sauerlach kein Interesse haben, sieht er sich mit seinen Plänen in Brunnthal ausgebremst. Denn Brunnthal wird dadurch vom übrigen Gebiet abgeschnitten, in dem das MVG-Mietrad angeboten wird. Ohne eine solche Anbindung hält die MVG es für wenig sinnvoll, Verleihstationen aufzubauen.

Von der Unlust in Ottobrunn und den Hinderungsgründen, Mieträder der MVG in Brunnthal aufzubauen, könnten Enthusiasten wie in Haar später profitieren. Dort zeigt man sich im Rathaus willens, je nach der verbrauchten Summe aus dem Fördertopf des Landkreises, eventuell noch weitere Mietradstationen aufzubauen. Bisher sind acht bis zehn geplant - unter anderem in ländlich geprägten Orten wie Ottendichl, Gronsdorf und Salmdorf. Freilich ist die Stadtgrenze und das Stammland der MVG jeweils nah.

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