Leben für den Genuss:Herr der Bohnen

Josef Bernhuber hat mit seiner Frau Adriana Guerro in Straßlach-Dingharting eine Kaffeerösterei eröffnet. Dort verarbeitet er vor allem Bohnen aus Südamerika und eignet sich immer mehr Wissen an

Von Claudia Wessel, Straßlach-Dingharting

Ein Bad in Kaffeebohnen, das wäre es. Zum Beispiel in dem vor zwei Tagen frisch gerösteten Exotico. Wenn Josef Bernhuber nur den Deckel des Zehn-Kilo-Eimers lüftet, umhüllt einen schon der Duft nach... Ja, nach was? Auf jeden Fall nach etwas bisher völlig Unbekanntem, nach einer Mischung aus - Bernhuber hilft: "Cranberry-Blaubeer". Okay, wenn er meint. Auf jeden Fall ist es einfach nur zum Reinlegen. Aber damit allein lässt einen Bernhuber nicht ziehen. Er öffnet auch noch den Deckel der Sorte Intenso. Ein olfaktorisches Kontrastprogramm, etwas Säuerliches steigt in die Nase. In Bernhubers Fachsprache: "Nussig".

Vor sechs Monaten hat Josef Bernhuber, 43, von Beruf Mediengestalter und vorher in einer Agentur beschäftigt, die Kaffeerösterei "Don Grano" eröffnet - das spanische Don heißt Herr und Grano Bohne. Sie befindet sich in einem schlichten Raum im Gewerbegebiet in Straßlach-Dingharting im Mitterstraßweg 19. Ein Trommelröster glänzt sauber und silbrig, ebenso der Siebträger - zwei Fachbegriffe, die man ganz nebenbei erfährt. Der Trommelröster ist das Herzstück, denn darin werden die rohen Kaffeebohnen, die sich in Säcken im Nebenraum befinden, geröstet. Beim Siebträger handelt es sich um die ebenfalls noch wie neu glänzende Profi-Kaffeemaschine auf der kleinen Theke. Und neben den neun Eimern mit vor zwei Tagen gerösteten Kaffeebohnen steht ein Tisch mit einem Loch.

Leben für den Genuss: Genuss für die Sinne: Mit seiner Frau Adriana Guerro verarbeitet Josef Bernhuber in seiner Straßlacher Rösterei feinste Kaffeesorten.

Genuss für die Sinne: Mit seiner Frau Adriana Guerro verarbeitet Josef Bernhuber in seiner Straßlacher Rösterei feinste Kaffeesorten.

(Foto: Claus Schunk)

Auf diesem erledigt Bernhuber den nächsten Arbeitsgang nach dem Rösten. Er schüttet die Bohnen dann nach und nach auf den Tisch und fischt die schlechten raus. Die guten schiebt er durch das Loch in den darunter stehenden Eimer. Was wie die Qual von Aschenputtel durch die böse Stiefmutter klingt, ist nicht so schlimm, versichert Bernhuber. "Da finden sich nur wenige." Und wie erkennt man die schlechten? Bernhuber greift zielstrebig in den Eimer mit Exotico und holt zwei Beispiele heraus. Sie sind heller als die anderen. "Das heißt, sie wurden nicht richtig geröstet, vielleicht weil sie innen schlecht sind." Auch wenn es nur wenige schlechte sind, sie würden den Geschmack eintrüben, blieben sie in der Mischung, sagt Bernhuber.

Jede Pflanze schmeckt je nach Region anders und wird anders zubereitet

Zur Zeit konzentriert sich Bernhuber auf kolumbianischen Kaffee, was daran liegt, dass seine Frau Adriana Guerro Kolumbianerin ist, und er nicht nur deshalb schon öfter in dem Land war und dort Fincas besucht hat, die Kaffee herstellen. Die Idee, selbst Kaffeeröster zu werden, hatte Bernhuber an einem Tag, als "es gerade schlecht lief auf der Arbeit". Abends sagte er zu seiner Frau, er werde jetzt eine Kaffeerösterei eröffnen. Nachdem ihr Mann immer wieder davon anfing, informierten sich beide, wie man die Idee in die Tat umsetzen könnte.

Inzwischen hat Bernhuber zahlreiche Workshops und Kurse in Sachen Kaffee hinter sich, unter anderem bei der SCA, der "Speciality Coffee Association", die in jedem Land zertifizierte Trainer hat, auch in Kolumbien hat er viele Workshops besucht. Absolviert hat Bernhuber etwa Kurse in den Abteilungen Rösten und Filterzubereitung. Wenn man nun danach fragt, was er da alles gelernt hat, dann schwirrt einem schnell der Kopf vor unzähligen interessanten Fakten. So sei der Mahlgrad des Kaffees sehr wichtig. Je gröber er gemahlen sei, desto mehr könne man aus einer bestimmten Menge herstellen. Durch grob gemahlene Bohnen fließt das Wasser jedoch sehr schnell, dadurch kann der Kaffee zu sauer werden. Durch zu fein gemahlenen fließt es zu langsam, so dass der Kaffee bitter werden kann. Auch die Temperatur des aufgegossenen Wassers spielt eine große Rolle. "Die ideale Temperatur liegt zwischen 92 und 96 Grad."

Leben für den Genuss: Jede Bohne schmeckt je nach Region anders und wird anders zubereitet.

Jede Bohne schmeckt je nach Region anders und wird anders zubereitet.

(Foto: Claus Schunk)

Kolumbianischer Kaffee also, und was ist dessen Besonderheit? Das sei je nach Region und Art der Kaffeepflanze verschieden, sagt Bernhuber. Er zählt ein paar Sorten auf: Cattura, Castillo, Colombia, Yellow Burbon, Pink Burbon, Red Burbon, Geisha und Tipica. Und das sind bei weitem nicht alle. "Der Kaffee schmeckt auch immer anders, je nachdem in welcher Region er wächst." So etwa schmecke der Cattura in der Region Nariño völlig anders als in Tolima. "In Nariño ist die Säure eher zitrusmäßig ausgeprägt, in Tolima hat man mehr so eine Apfelsäure. Aber das ist auch nicht immer gleich", sagt Bernhuber.

Doch es gibt nicht nur verschiedene Pflanzen, die je nach Region anders schmecken, sondern der Geschmack wird auch durch die Aufbereitung beeinflusst. "Da hat jede Finca ihre eigene Methode", hat Bernhuber erfahren. "Und viele haben auch ihre Geheimnisse, die sie nicht verraten." So könne man die "natural Methode" anwenden: Dabei wird das Fruchtfleisch entfernt, dann werden die Bohnen gewaschen, danach in Wasser fermentiert oder gleich getrocknet. Beim Honey-Prozess wird das Fruchtfleisch angequetscht, dann werden die Bohnen in Wasser fermentiert - auch da gibt es tausend Varianten, also zwischen 30 und 500 Stunden -, dann wird das Fruchtfleisch entfernt. "Dieser Kaffee ist meist süßlicher, weil der Fruchtzucker in die Bohnen geht."

Leben für den Genuss: In großen Säcken werden die Bohnen aus Kolumbien angeliefert.

In großen Säcken werden die Bohnen aus Kolumbien angeliefert.

(Foto: Claus Schunk)

Derzeit hat Bernhuber sechs Lieferanten aus Kolumbien: zwei Kooperativen und vier Fincas. Alle senden ihm nach der Ernte - die ist in Kolumbien dank der Nähe zum Äquator das ganze Jahr über möglich - zunächst eine Probe von Rohbohnen. Die Rohbohnen verdoppeln beim Rösten ihr Volumen. "Weil die Feuchtigkeit in den Bohnen erhitzt wird, der Wasserdampf sich ausdehnt und die Bohnen knacken lässt." Das nennt man den "first crack". "Das klingt wie Popcorn", sagt er. Nach dem first crack entscheidet Bernhuber, wie lange er weiterrösten will, also wie dunkel die Bohnen werden sollen. Einen Tag nach dem Rösten kommt dann der Arbeitsschritt Cupping, "das sensorische Prüfen", wie er sagt. Er mahlt dann eine Handvoll Bohnen und gießt sie mit heißem Wasser auf. Dann kommt die Geschmacksprobe.

Kaffeerösterei Don Grano, Mitterstraßweg 19, Straßlach. Telefon 0151/730 650 41.

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