Techno-Jazz:Doppelkonzert mit Weltpremiere

Lesezeit: 2 Min.

Techno-Jazz: Das Trio "LBT" lässt tanzen. (Foto: Marie Lehmann)

Ein gemeinsamer Song: „LBT“ und „Sonic Art Collective“ spielen im Import Export

Von Oliver Hochkeppel

Man kann die Bedeutung der Jazzrausch Bigband für die aktuelle Münchner Jazzszene kaum überschätzen. Nicht nur wegen ihres großen Erfolgs oder weil sie Hausband des „Harry Klein“ war und des neuen „Bergson“ ist, sondern vor allem, weil so viele der derzeit maßgeblichen jüngeren und jungen Jazzer dort spielten oder spielen. Was auch die zwei Bands einschließt, die nun, noch vor dem Ende der allgemeinen Jazz-Sommerpause, ein – vom Kulturreferat gefördertes – Doppelkonzert im Import Export veranstalten: das Leo Betzl Trio LBT und das Sonic Art Collective.

Bei LBT spielten nicht nur alle drei Musiker anfangs in der Jazzrausch Bigband, ihre Musik hat zum Teil sogar die gleiche DNA: Techno-Jazz. Wie die Jazzrausch Bigband im großformatigen Zugriff auf technoide Sounds ihr Erfolgsrezept fand, so hat LBT mit der vielleicht noch kühneren Adaption durch ein klassisches akustisches Klavier-Jazztrio für Furore gesorgt. Wobei das Trio dabei eigentlich MHT heißen müsste. Denn Bandleader Leo Betzl ist für die andere Seite dieser janusköpfigen Band zuständig, für einen fast klassizistischen Modern Jazz. Die Techno-Tracks schreibt allesamt Bassist Maximilian Hirning, ein alter Raver. Der Dritte im Bunde, Schlagzeuger Sebastian Wolfgruber, ist inzwischen so stark mit verschiedensten Projekten eingedeckt, dass er bei LBT jetzt nur noch bei Betzls Programmen („Abstrakt“) dabei ist. Bei den Techno-Jazz-Auftritten wie jetzt im Import Export mit „House II“ ist seit Anfang des Jahres für ihn Tim Sarhan im Einsatz.

Der Chefkomponist der Jazzrausch Bigband Leonhard Kuhn ist wiederum eine Hälfte des zweiten Ensembles im Import Export, des Sonic Art Collective. Hier geht es von Techno-Jazz weit in Richtung Alternative-Pop-Gesamtkunstwerk bewegt. Dafür steht die Bassistin und Sängerin Antonia Dering, die schon mit SiEA gewissermaßen ein weibliches Indie-Gegenstück zur Jazzrausch Bigband entworfen hat. Und die hier als Androidin „Superhuman Son“ im „Sonic-Suit“ auftritt, einem mit Sensoren und Mikrofonen ausgestatteten Fashion-Tech-Kostüm, mit dem sie durch Bewegungen Klänge erzeugt. Ihre Performance und Songlines ergeben zusammen mit Kuhns Beats und Melodiemustern spannende Soundcollagen. Dass sich das Bühnen-Duo „Collective“ nennt, hat seinen Grund: Hinter den Kulissen sind Carlotta Dering für Konzept und Kostüm sowie die Jongleurin Ariane Oechsner für Dramaturgie und Choreografie zuständig.

Singende Androidin: Antonia Dering ist ein Pop-Gesamtkunstwerk. (Foto: Marc Wilhelm)

Im Import Export spielen die zwei Bands zwar nacheinander ihre jeweiligen Programme, doch als Übergang wird es in einer Weltpremiere ein gemeinsames Stück mit beiden geben. „Reverie“ könnte als typisches LBT-Stück durchgehen, das mit präpariertem Klavier, kratzig gestrichenem Bass und knackenden Schlagzeug-Beats erst dräuend beginnt, um dann mächtig aufzudrehen. Aber Kuhns Elektronik und Derings Gesang verschafft dem Song eine neue Ebene. Davon könnte man sich mehr vorstellen. Seit vergangenen Freitag steht ein famoses Video von „Reverie“ auf Youtube. Gedreht „in meiner aktuellen Wohnung in Obersendling. Das ist eine Art Schlösschen von 1900“, erzählt Hirning. Rücksicht musste er beim Dreh nur auf seine WG im vierten Stock nehmen, nicht mehr auf den Vermieter: Nächste Woche zieht er aus.

LBT & Sonic Art Collective, Donnerstag, 5. September, 20 Uhr, Import Export, Schwere-Reiter-Straße 2h

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