Süddeutsche Zeitung

Laubholzbockkäfer:520 weitere Bäume werden abgeholzt

Lesezeit: 2 min

Bei einer Informationsveranstaltung in Neubiberg berichten Mitarbeiter der Landesanstalt für Landwirtschaft, dass sich das Fällgebiet wegen des Laubholzbockkäfers verdreifacht. Sie müssen kritische Fragen beantworten.

Von Daniela Bode, Neubiberg

Nach einer halben Stunde ist Peter Nawroth von der Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) am Dienstag mit den ersten kritischen Fragen konfrontiert. Die LfL und die Gemeinde Neubiberg haben die Betroffenen zur Informationsveranstaltung über den Asiatischen Laubholzbockkäfer in die Grundschule Neubiberg geladen, weil nach den Fällungen von rund 400 Gehölzen im Frühjahr an 60 Bäumen 22 lebende Larven, 2600 Eiablagen und 130 Ausbohrlöcher festgestellt wurden und erneut Fällungen anstehen. Nawroth muss seinen Vortrag immer wieder unterbrechen. Erst als Bürgermeister Günter Heyland (FW) das Publikum bittet, die Fragen zurückzustellen, kann Nawroth fortfahren.

Die rund 200 Bürger und Gemeinderäte erfahren von ihm und seinen Kollegen, dass das Fällgebiet inzwischen 15 Hektar umfasst, rund dreimal so viel wie bisher. Etwa 520 weitere Bäume müssen entfernt werden, 60 Prozent davon mit einem Stamm-Durchmesser von weniger als zehn Zentimetern. Sie stehen im 100-Meter-Umkreis der befallenen Gehölze. Das neue Fällgebiet erstreckt sich wie ein Ring mit Ausbuchtungen um das bisherige Areal und betrifft vor allem den Bereich Kaiserstraße, Hauptstraße, Hermannstraße und Kameterstraße. Auch die Quarantänezone wird voraussichtlich im Westen und Osten etwas erweitert werden. Dazu muss aber erst die Allgemeinverfügung geändert werden.

Die Liste der Wirtspflanzen wird voraussichtlich erweitert

Wie bisher werden die acht Wirtsbaumtypen Ahorn, Weide, Pappel, Birke, Esche, Rosskastanie, Eberesche und Baumhasel abgeholzt. Nawroth kündigt jedoch an, dass es eine neue, noch nicht rechtskräftige EU-Durchführungsverordnung gibt, die voraussichtlich weitere acht Baumarten erfasst. Darunter fallen die Hainbuche, die Buche, die Erle, die Ulme, die Platane und die Linde. Die Pflanzen werden zusätzlich aufgenommen, da an ihnen in der EU Befall mit dem Käfer festgestellt wurde.

Die Skepsis im Publikum ist groß: "Dann fangen wir also wieder von vorne an?", fragt Andrea Keinert von der Bürgerinitiative "Gegen ALB-Traum Neubiberg". Nawroth kann beruhigen: Es werde nicht die neue Liste abgearbeitet, sondern die sei erst relevant, wenn es zu weiteren Fällungen komme. Die Kritik an der Methode, alle Wirtsbäume zu fällen, ist weiterhin groß. "Der ALB hat in Deutschland noch nicht einen Baum getötet, die LfL hat bereits mehrere tausend Bäume getötet", sagt BI-Mitglied Wulf Riess. "Was haben Sie bisher unternommen, beim Julius-Kühn-Institut (JKI) auf eine Modifizierung der EU-Regeln hinzuwirken?", fragt er.

Wie noch einige weitere Male beteuert Nawroth: "Wir sind auch bestrebt, den Eingriff so minimal wie möglich zu halten." Aber die Fällungen seien geltendes EU-Recht und jeder Mitgliedstaat habe nur eine Stimme. Kritik kommt auch, weil die LfL ihre Ergebnisse angeblich nicht erläutert. Nawroth beruft sich auf den Datenschutz. Wenn im Fall einer Veröffentlichung "irgendwann jemand bei Ihnen auftaucht und Sie bedroht, weil bei Ihnen ein Käfer gefunden wurde, haben wir ein Problem".

Die Ausnahme für Feldkirchen ist ein wunder Punkt

Iris Philippsen von der BI wirbt derweil dafür, bei den Fällungen zu differenzieren, ob lebendes Material oder alte Eiablagen gefunden wurden. Derzeit muss bei jedem Befall im 100-Meter-Umkreis gefällt werden. Nawroth folgt ihr: "Es wäre auch in unserem Sinne, selektiver vorzugehen. Wir bringen das dem JKI vor." Gleichzeitig fragt Philippsen kritisch nach, warum in Feldkirchen nicht im 100-Meter-Umkreis gefällt wird, obwohl dort zuletzt eine Larve in einem Baum gefunden worden ist. Offenbar ein heikles Thema: Das sei sicher ein wunder Punkt, sagt Peter Nawroth. "Wir haben von höchster Stelle verordnet bekommen, das so zu machen", erklärt er.

Eine versöhnlichere Stimmung kehrt ein, als Gerhard Kraus vom LfL Pflanzen wie den Trompeten- oder Amberbaum vorstellt, die man als Alternative pflanzen kann. Nawroth dankt dem Publikum für die Anregungen und sagt der Bürgerinitiative zu, sich zusammenzusetzen.

Gefällt werden soll von 24. Juni bis 31. Juli. Die LfL stellt als zusätzliche Maßnahmen Fangbäume auf und hängt 200 Pheromonfallen auf.

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Quelle:
SZ vom 11.06.2015
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