Landtagswahl:Neuanfang mit einer alten Bekannten

Landtagswahl: Sagt, sie möchte die Politik menschlicher machen: Direktkandidatin Natascha Kohnen.

Sagt, sie möchte die Politik menschlicher machen: Direktkandidatin Natascha Kohnen.

(Foto: Claus Schunk)

Natascha Kohnen spricht in Pullach davon, mehr Gefühle in die Politik zu bringen und den Menschen Sicherheit zu vermitteln. Dass die frühere Generalsekretärin der SPD in Bayern zum Umbruch verhelfen kann, bezweifeln manche

Von Iris Hilberth, Pullach

Zum Heimspiel ist Natascha Kohnen ohne Manuskript gekommen. Die Vorsitzende der Bayern-SPD verzichtete in ihre Bewerbungsrede für den Job als Direktkandidatin im Stimmkreis Süd des Landkreises München auch darauf, vom Rednerpult aus die Delegierten mit einer feurigen Rede oder markigen Sprüchen auf den bevorstehenden Wahlkampf einzustimmen. Es war eher eine ruhige, eine sachliche und doch eindringliche Vorstellung ihre Ziele, ein Appell, den die Neubibergerin im Bürgerhaus Pullach an ihre Parteifreunde richtete, während sie mit dem Saalmikrofon durch den Raum lief - getragen wohl auch von dem Gefühl, bei den Genossen aus dem Landkreis zu Hause zu sein. Man kennt sich seit Jahren, und dass man nun wohl auch die Spitzenkandidatin der Bayern-SPD stellt, freut die meisten.

36 der anwesenden 41 Stimmberechtigten gaben ihr schließlich ein "Ja", zwei ein "Nein" und drei enthielten sich. Das waren zwar nicht hundert Prozent, über die sich so mache Kandidaten in ihren Stimmkreisen freuen dürfen, Kohnen aber war nicht unzufrieden, sprach von einem wirklich guten und realistischen Ergebnis.

Seit kurzer Zeit erst ist die 50-Jährige Vorsitzende der SPD in Bayern. Nicht alle fanden diese Wahl gut, schließlich gehörte Kohnen zuvor viele Jahre bereits dem Vorstand als Generalsekretärin an, ein Neuanfang mit ihr als Chefin sah manch einer kritisch. Dass Kohnen aber ganz genaue Vorstellungen hat, wie ein solcher Neuanfang aussehen soll, versuchte sie in ihrer Rede in Pullach klar zu machen. Es ist die Vision einer Frau, in der Politik mehr Gefühl und Wärme zuzulassen, Politik menschlicher zu gestalten und einen anderen Stil zu etablieren.

Das mag naiv klingen, aber Natascha Kohnen ist lang genug im Geschäft, um zu wissen, dass mit gefühlsduseligen Floskeln allein keine Wahl zu entscheiden und schon gar kein Vertrauen zurückzugewinnen ist. Sie sieht das so: "In der Wahlkabine geht keiner sämtliche Punkte des Programms des Kandidaten durch. Da fragt man sich, habe ich das Gefühl, dass einer mir hilft, mein Leben besser und einfacher zu gestalten." Man müsse den Menschen besser zuhören und nicht ihnen etwas überstülpen. "Die Leute wollen, dass die Politik spürt, was sie bewegt", betonte sie. Daher müsse die SPD es schaffen, mit mehr Ernsthaftigkeit und Sachlichkeit die Dinge anzupacken und dabei nicht hetzen. Es gehe darum, Werte in die Politik zu legen, "denn Menschlichkeit ist das A und O des Zusammenlebens".

Das ist eine Erkenntnis, die sie sich nicht allein am heimischen Küchentisch zurechtgelegt hat, wo sie mit ihrer Tochter darüber diskutiert, ob die Menschen die Politiker überhaupt noch verstehen, wenn die von "systemrelevant" sprechen. Die SPD-Vorsitzende berichtete von vielen Gesprächen und Befragungen im ganzen Land. Die hätten eine "große Verunsicherung" bei den Menschen bestätigt. "Wir sind in einer Welt angekommen, in der Gemeinsamkeiten aufhören und der Rückzug ins Private stattfindet." Es fehle an Solidarität, die Menschen hätten das Gefühl, dass man nicht mehr zusammenhält. Das mache ihr Angst, daher sehe es sie als Aufgabe der Politik, für Zuversicht, Stabilität und Vertrauen zu sorgen. "Die Politik muss in eine Ernsthaftigkeit zurückkommen." Inhaltlich ist das vor allem das große Thema Wohnen und damit auch die geforderte Bodenpreisbremse. Es gehe ihr um die gesellschaftliche Anerkennung sozialer Berufe und damit auch um eine bessere Bezahlung, sagte sie. Kohnen will für ein Weiterbildungsgesetz kämpfen und für kostenfreie Kitaplätze. "Themen, die das Leben direkt berühren", sagte sie.

Neben Natascha Kohnen für die Landtagswahl wurde an diesem Abend auch die Kandidatin für die gleichzeitig stattfindende Bezirkstagswahl gekürt. Hier hatten sich gleich zwei junge Sozialdemokraten für die Nachfolge von Jan Murken beworben, der dem Gremium seit 1976 angehörte und nächstes Jahr ausscheiden wird. Es war schließlich ein knappes Ergebnis in der Abstimmung zwischen der 30 Jahre alten Ramona Greiner aus Taufkirchen und Erich Leiter, 36, aus Aying. Mit 21 zu 20 Stimmen entschieden die Delegierten bei dem Treffen in Pullach schließlich, auch für diesen Posten eine Frau ins Rennen zu schicken. Vielen in der SPD ist Greiner als Wahlkampfmanagerin der Kandidatin für die vergangene Bundestagswahl, Bela Bach, bekannt.

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