Landtagswahl: FDP-Kandidat Thomas Jännert:Der Anpacker

Landtagswahl: FDP-Kandidat Thomas Jännert: Thomas Jännert kandidiert für die FDP und führt in Kirchheim ein Unternehmen. Dort bekommt er die Inspirationen für seine Wahlkampfthemen.

Thomas Jännert kandidiert für die FDP und führt in Kirchheim ein Unternehmen. Dort bekommt er die Inspirationen für seine Wahlkampfthemen.

(Foto: Claus Schunk)

Der Unternehmer Thomas Jännert bekommt die Ideen für seinen Wahlkampf aus seinem eigenen Betrieb. Der FDP-Kandidat im Stimmkreis Nord setzt sich vor allem für flexible Arbeitszeiten und eine Verbesserung des öffentlichen Nahverkehrs ein - zum Nutzen der Wirtschaft.

Von Christina Hertel, Kirchheim

Wenn er die Werkstatt betritt, den Geruch von Metall einatmet, sei das immer noch ein besonderes Gefühl für ihn, sagt Thomas Jännert, 41 Jahre alt, ein Mann mit Dreitagebart und fast schulterlangem braunem Haar. Er sitzt an einem Besprechungstisch auf einem dunklen Holzstuhl, der eher nach Wohnzimmereinrichtung als nach Büro aussieht. An den Wänden hängen Luftbilder von seinem Betrieb, einem Unternehmen für Planen- und Fahrzeugbau im Kirchheimer Gewerbegebiet. Seit mehr als 20 Jahren fertigen seine Mitarbeiter dort praktisch alles an, was bei einem Lastwagen nach dem Fahrerhäuschen kommt. Sie schweißen, fräsen, schrauben. "Wenn nötig, packe ich auch mit an", sagt Jännert. Dabei ist er kein Handwerker, sondern Wirtschaftsingenieur. Doch er habe sich bei seinen Leuten einiges abgeschaut. "Man muss halt aufpassen, dann lernt man auch etwas."

Thomas Jännert tritt als Direktkandidat für die FDP im Stimmkreis München-Land Nord an. Anders als sein Parteivorsitzender Christian Lindner trägt er keine Slimfit-Anzüge und dünne Krawatten, sondern ein blaues Hemd und eine blaue Trachtenjacke. Auf allen Wahlplakaten ist er in diesem Outfit zu sehen, auch bei dem Interviewtermin - für den "Wiedererkennungswert", wie er sagt, und man spürt: Jännert ist keiner, der sich lange mit Schnickschnack aufhält. Die Themen, die seinen Wahlkampf bestimmen, wählte er nicht aus Ängsten oder Gefühlsduselei heraus, sondern weil sie ihn persönlich als Unternehmer betreffen - Fachkräftemangel und öffentlicher Nahverkehr zum Beispiel.

Er könne sofort fünf Leute in seiner Werkstatt und seinem Büro einstellen, sagt Jännert - wenn er welche finden würde. "Aber die Leute sagen ab, weil die Verbindung nach Kirchheim so schlecht ist." Eine Aushilfe habe erst neulich nach ein paar Wochen wieder hingeschmissen, weil ihr der Weg zu weit gewesen sei. Zurzeit fertigen die Handwerker in der Werkstatt bis zu 150 Lastwagen pro Jahr. Hätte er mehr Leute, glaubt Jännert, könnten es noch mehr sein.

"Es gibt für alles Mittel und Wege."

Landtagswahl: FDP-Kandidat Thomas Jännert: SZ-Grafik

SZ-Grafik

Er will sich deshalb für einen besseren S-Bahn-Takt einsetzen, für mehr Busverbindungen und weitere U-Bahnlinien. Er möchte prüfen lassen, welche stillgelegten Gleise sich dafür eignen, und fordert, dass der Regionalzug, der durch Unterschleißheim rauscht, dort in Zukunft auch stehen bleibt. Sein Kontrahent Ernst Weidenbusch von der CSU schloss bereits aus, dass ein Halt dort möglich ist - der gesamte Fahrplan würde durcheinander gebracht, sagte er bei einer Diskussionsveranstaltung im Juni. Jännert will sich von diesem Argument nicht beirren lassen. "Man muss halt schauen wie", sagt er. "Es gibt für alles Mittel und Wege."

FDP-typischer ist Jännerts zweites großes Thema: flexiblere Arbeitszeiten. Viele Hausfrauen, glaubt er, würden sich gerne etwas dazu verdienen, können jedoch nicht acht Stunden am Tag in einem Büro sitzen, weil sie außerdem auf die Kinder aufpassen müssen. Mehr Homeoffice, mehr Vertrauensarbeitszeit könnten aus seiner Sicht eine Lösung sein. Es gibt Studien, die solche Modelle als eine Falle entlarven - weil hauptsächlich die Unternehmer etwas davon haben. Wenn es keine Kontrolle gibt, neigen Angestellte dazu, mehr und länger zu arbeiten, als sie müssten, fand etwa eine Universität in England heraus. Jännert hat von solchen Studien noch nichts gehört und hält auch nicht viel von ihnen: "Wahrscheinlich müsste eher ich aufpassen, dass dann nicht zu wenig gearbeitet wird."

Jännert fordert außerdem ein Einwanderungsgesetz und will, dass Flüchtlinge, die eine Arbeit haben, bleiben dürfen. In Jännerts Werkstatt arbeitet ein Flüchtling aus Sierra Leone. "Seine Aufenthaltserlaubnis wird alle halbe Jahr erneuert", sagt Jännert. "Das heißt, ich weiß nie, ob er gehen muss oder bleiben kann." Für einen Unternehmer sei das ein Desaster. Wie schlimm es erst für den Mann sein muss, in ständiger Unsicherheit zu leben, erwähnt Jännert nicht.

Viel Platz für Freizeit sei nie gewesen

Sein Leben bestimmt zu einem großen Teil die Arbeit. Meistens sitzt er zehn Stunden im Büro, die Tage, an denen er die Tür früher schließt, seien selten, sagt er. Jännert war 18 Jahre alt, als sein Vater die Firma gründete. Damals machte er gerade eine Ausbildung zum Industriekaufmann. "Abends habe ich hier weiter gearbeitet. Da hat niemand groß nachgefragt, das war einfach so", erzählt er. Schon als Zwölfjähriger habe er seinem Vater geholfen, der damals Anhänger vermiete. Später machte Jännert das Abi nach, studierte Wirtschaftsingenieurwesen und stieg bei seinem Vater in die Fahrzeugbau-Firma ein. Viel Platz für Freizeit sei da nie gewesen. Jännert hat ein kleines Segelboot auf dem Chiemsee und drei Kinder, 15, 13 und sechs Jahre alt. Er findet, dass sie in der Schule zu viel über Sokrates und Plato lernen und zu wenig über das praktische Leben - wie etwa ein Bausparvertrag funktioniert.

In die Politik stieg Jännert erst vor drei Jahren ein. Nicht aus ideologischen Gründen oder weil er sonntags zu viele Talkshows geschaut hätte, sondern weil er ein Problem mit der Kirchheimer Gemeinde hatte. Jännert wollte seinen Betrieb erweitern, aber - so schildert er es - die Gemeinde erlaubte ihm dies erst nach einem langen Hin und Her. Weil er sich darüber so sehr ärgerte und weil er anderen Unternehmern, den es genauso ging, helfen wollte, sei er in die FDP eingetreten. Und dort legte er einen schnellen Aufstieg hin: Er leitet den Kirchheimer Ortsverband, ist Mitglied im Kreisvorstand und seit Juli 2017 Landtagskandidat. "Ich glaube, das ist ein Zeichen dafür, dass ich vieles richtig gemacht habe", sagt Jännert dazu. Wenn es ihm gelingt, in den Landtag einzuziehen, müsste er in seiner Firma wohl jemanden einstellen. Ganz möchte er sich aber aus dem Geschäft nicht zurückziehen. Schließlich liegt das Büro des FDP-Ortsverbandes praktischerweise auf seinem Grundstück.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: