Landtag greift Depressions-Thema auf:Gymnasiasten machen Schulpolitik

Taufkirchen, Alexander Spöri seine Filmcrew nominiert für Tassilo-Preis

Erfolgreiche Petenten: Die sechs Gymnasiasten aus Unterhaching haben den Bildungsausschuss des Landtags mit ihrer Eingabe überzeugt.

(Foto: Angelika Bardehle)

Erfolg für Alexander Spöri und seine Freunde von den "Movie Jam Studios": Der Bildungsausschuss des Landtags würdigt deren Petition, wonach Wissen über psychische Erkrankungen auf den Lehrplan kommen soll.

Von Martin Mühlfenzl, Taufkirchen

Es kann die Mitschülerin in der Bank direkt vor einem treffen, den guten Freund, mit dem man hinterm Schulhaus manchmal eine geraucht wird. Oder der Fünftklässler, der gerade sein Tablett durch die Mensa trägt. "Auch bei uns in der Klasse gab und gibt es Mitschüler, die an einer Depression leiden", sagt Alexander Spöri, der die zwölfte Klasse des Lise-Meitner-Gymnasiums in Unterhaching besucht. Doch offen gesprochen oder gar informiert werde darüber kaum.

Am Donnerstagvormittag waren Spöri und mehr als 30 Jugendliche nicht in der Schule, sondern im Bayerischen Landtag. Dort tagte der Bildungsausschuss und beriet auch über eine Petition, die Spöri und mit ihm fünf Unterhachinger Gymnasiasten an Kultusminister Michael Piazolo von den Freien Wählern eingereicht haben. Mit Erfolg. Denn der Ausschuss hat die Forderung, dass Informationen über psychische Erkrankungen in den Lehrplan aufgenommen werden, einstimmig gewürdigt. Und das hat Konsequenzen. Denn wird eine Eingabe durch den zuständigen Ausschuss gewürdigt, wird sie an die Staatsregierung überwiesen und an das verantwortliche Ressort weitergereicht; die Abgeordneten drücken damit aus, das zahlreiche Gründe für eine positive Entscheidung sprechen.

Dass die Petition nun tatsächlich Gesetz werden könnte, macht Alexander Spöri "einfach nur wahnsinnig stolz". Es war schließlich auch ein langer Weg, den der Taufkirchner Schüler und seine Mitstreiter Luca Zug, Colin Maidment, Leon Golz, Paul Schweller und Vitus Rabe zu gehen hatten. Und ein zugleich unerwarteter. Denn eigentlich wollte das Sextett, das sich mit seinem Filmstudio Movie Jam Studios vor allem dem Genre der Dokumentation verschrieben hat, das Thema psychischer Erkrankungen bei Jugendlichen filmisch aufbereiten. Was ihnen mit ihrem Werk "Grau ist keine Farbe", das Anfang April im Mathäser Filmpalast Uraufführung hatte, auch eindrucksvoll gelungen ist.

Vom Film zur politischen Bewegung

Aus der Filmproduktion heraus entwickelte sich dann aber eine veritable, politische Bewegung mit dem Ziel, psychische Erkrankungen im Lehrplan zu verankern, Lehrkräfte entsprechend zu schulen und auszubilden, auf wissenschaftlichen Erkenntnissen basierende Informationsveranstaltungen für Schüler an den Schulen abzuhalten und niederschwellige Hilfsangebote zu schaffen. Das Thema psychische Erkrankungen nicht mehr totzuschweigen, sagt Spöri, sondern aus der Tabuzone heraus- und in die Gesellschaft hineinzutragen. Mehr als 42 000 Menschen haben die Online-Petition mittlerweile unterschrieben, Spöri holte sich in intensiven Gesprächen die Unterstützung der Landtagsfraktionen von Grünen, SPD und FDP. Die Unterhachinger Landtagsabgeordnete Claudia Köhler von den Grünen setzte sich für das Anliegen der Schüler ein.

Am Ende stimmten sogar die Abgeordneten der Regierungskoalition aus CSU und Freien Wählern sowie das Ausschussmitglied der AfD der Eingabe zu. "Seit eineinhalb Jahren kümmern wir uns jetzt darum", sagt Alexander Spöri. "Dass uns das jetzt gelungen ist, ist natürlich auch dem Druck durch die vielen Unterschriften zu verdanken. Das waren ja nicht nur wir sechs Schüler." Viele Betroffene seien in den vergangenen Monaten auf sie zugekommen, sagt der Abiturient: "Das hat uns noch einmal gezeigt, wie wichtig das Thema ist und wie wenig Beachtung ihm bisher geschenkt worden ist."

Kultusminister Michael Piazolo, der selbst ein Zehn-Punkte-Papier "zur Aufklärung über Depression an Schulen" vorgelegt, aus Sicht der sechs Schüler aber das eigentliche Ziel "verfehlt" hat, hatte Spöri Anfang im April im Landtag abgepasst und sein Anliegen persönlich vorgetragen. Jetzt wird sich Piazolos Ministerium mit der Eingabe intensiver beschäftigen müssen. Für die Macher von Movie Jam Studios sei der Weg aber nicht vorbei, sagt Spöri: "Depressionen machen ja nicht an der Landesgrenze Halt. Wir wollen das Thema eventuell schon bundesweit aufrollen."

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