Süddeutsche Zeitung

Coronavirus im Landkreis München:Große Freiheit in engen Grenzen

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Die neuen Regeln richten sich nicht mehr nach den landkreisweiten Infektionszahlen, sondern nach der bayernweiten Krankenhausampel. Ganz ausgedient hat die Sieben-Tage-Inzidenz aber noch nicht.

Von Martin Mühlfenzl, Landkreis

Ganz hat die Sieben-Tage-Inzidenz bei der Corona-Bekämpfung noch nicht ausgedient. Das zeigt sich bei einem Café-Besuch in Unterföhring. Draußen sitzen, Sonne und Eiskaffee genießen geht problemlos ohne Kontrolle oder einen Nachweis, außer dass sich die Gäste registrieren müssen; wer aber zwischendurch die Toilette im Inneren aufsuchen will, der muss sich der 3G-Regel stellen: also belegen, dass er geimpft, genesen oder negativ getestet ist. Und das liegt eben an der Inzidenz, denn die verlangt bei einem konstanten Wert von mehr als 35 diesen Nachweis.

In nahezu allen anderen Bereichen aber hat die Hospitalisierung die Inzidenz als maßgeblichen Wert abgelöst, also die Belegung von Krankenhausbetten mit Covid-19-Patienten. Und diese sogenannte Krankenhausampel steht derzeit auf Grün, sie springt erst auf Gelb, wenn in ganz Bayern innerhalb einer Woche mehr als 1200 Menschen wegen einer Covid-19-Erkrankung in Kliniken gebracht wurden, rot leuchtet die Ampel, wenn mehr als 600 Menschen im Freistaat binnen einer Woche auf Intensivstationen behandelt werden müssen. Im Landkreis München wurden in den vergangenen beiden Wochen acht Hospitalisierungsfälle registriert, das entspricht 1,8 Prozent aller registrierten Infektionen.

Die Richtwerte kommen aus der Landeshauptstadt

Da es im Landkreis München kein Klinikum gibt, werden die hospitalisierten Fälle - meist aus der Landeshauptstadt - an das Gesundheitsamt im Landratsamt übermittelt und dort zu einer Hospitalisierungsrate erfasst. Entscheidend für neue mögliche Beschränkungen sind aber nicht die Werte in den Landkreisen oder kreisfreien Städten, sondern ausschließlich die landesweite Rate.

Im Landkreis stellen sich die Menschen dennoch auf die neuen Regelungen ein - etwa die Kulturschaffenden. Michael Riedel-Rüppel vom Kleinen Theater in Haar sagt, er und seine Mitarbeiter wollten den Gästen vor allem maskenfreie Unterhaltung bieten - was mit der 14. Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung nun auch in Innenräumen wieder möglich ist, wenn die Abstände eingehalten werden können. "Wir wollen das, mit Hygienekonzept, bei unseren Events umsetzen", sagt Riedel-Rüppel. "Außer bei Veranstaltungen, für die wir mehr Karten verkauft haben und bei denen die Abstände nicht eingehalten werden können." Auch dann sind aber auch bei kulturellen Veranstaltungen keine FFP2-Masken mehr verpflichtend, es reichen OP-Masken. Überdies ist er davon überzeugt, dass "ein Großteil des kulturaffinen Publikums bereits geimpft ist". Die 3G-Regel gilt aber auch im Kleinen Theater weiterhin. Laut dem Intendanten sind deshalb etwa zwei Mitarbeiter zusätzlich nötig, um beim Einlass zu kontrollieren, ob die entsprechende Zugangsberechtigung vorhanden ist. Eine Teststation vor dem Eingang werde das Kleine Theater aber nicht einrichten.

Nach 19 Monaten Pandemie, so Riedel-Rüppel, könne es allerdings sein, dass bei den Menschen noch Vorbehalte vorhanden sind, größere Veranstaltungen zu besuchen. "Die Menschen haben die Einschränkungen immer hingenommen und dabei gehört: Kommen sie nicht mit vielen Menschen zusammen", sagt er. "Es kann gut sein, dass viele noch zögern, zu Konzerten oder anderen Veranstaltungen zu gehen."

Die neue 3G-Regel greift im Landkreis München indes in nahezu alle Lebensbereiche im öffentlichen Raum ein. Der Nachweis, genesen, geimpft oder negativ getestet zu sein, ist etwa beim Besuch der Innengastronomie, bei öffentlichen und privaten Veranstaltungen bis 1000 Teilnehmern in nicht-privaten Räumlichkeiten, in Schlössern, Museen, Fitnessstudios, bei Tagungen, Messen und Kongressen, Thermen, Bädern und Saunen oder Freizeitparks, Fortbildungen und Indoorspielplätzen erforderlich. Als Nachweis dient dabei entweder ein PCR-Test, der nicht älter als 48 Stunden sein darf, oder ein Schnelltest, der nicht länger als 24 Stunden zurückliegt. Für Gottesdienste, an denen nur Geimpfte, Genesene oder negativ Getestete teilnehmen, gibt es keine Obergrenze; andernfalls bemisst sich die Höchstteilnehmerzahl nach der Anzahl der Plätze, die durch den Mindestabstand von 1,5 Metern ermittelt wird.

Grundsätzlich sieht die Infektionsschutzmaßnahmenverordnung auch wieder ein Alkoholverbot an öffentlichen Plätzen vor. Aus dem Landratsamt heißt es dazu allerdings, aus Sicht der Städte und Gemeinden, die als Sicherheitsbehörden besondere Sachkunde hätten, bestehe derzeit kein Bedarf für entsprechende Verbotszonen; diese Einschätzung teile auch das Landratsamt. "Wir haben die Lage natürlich weiterhin im Blick", teilt eine Sprecherin mit, und es könne entsprechend reagiert werden.

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SZ vom 03.09.2021
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