Kommentar:Zu spät, zu wenig, zu langsam

Der Landkreis wächst schnell, aber die Menschen haben Probleme Unterkünfte zu finden, zumal wenn es keine Großverdiener sind. Das zu ändern ist eine Herausforderung

Von Martin Mühlfenzl

Unaufhörlich wächst der bevölkerungsreichste Landkreis des Freistaats, ungebrochen ist das wirtschaftliche Wachstum, immer mehr Menschen zieht der Erfolg einer der reichsten Regionen der Republik an. Wer sich mit den neuesten "Kreisdaten" des Planungsverbandes Äußerer Wirtschaftsraum beschäftigt, weiß, dass der damit verbundene Druck weiter zunehmen wird. Der große Knall aber ist längst da, spürbar für jeden, der in diesem Landkreis lebt und arbeitet - und sich das im besten Fall überhaupt noch leisten kann.

Verstopfte Straßen und Autobahnen, überfüllte Busse und S-Bahnen, fehlende Betreuungsplätze und Betreuerinnen und vor allem horrende Mieten und ein eklatanter Mangel an bezahlbarem Wohnraum. Der Landkreis droht zum Eldorado der Wohlhabenden zu verkommen, das sich all die Menschen, auf die jeder tagtäglich angewiesen ist, nicht mehr leisten können: Pfleger, Erzieherinnen, Krankenschwestern, Bauhofmitarbeiter, Bedienungen und viele mehr. Zu spät hat die Politik erkannt, dass das soziale Gleichgewicht aus dem Ruder läuft. Denn die drängendste Frage dieser Zeit lautet nicht mehr, wie wollen wir künftig wohnen, sondern: Wo? Viel zu wenig ist in der Vergangenheit in sozialen und subventionierten Wohnungsbau investiert worden, Kommunen und Landkreise werden mit der Aufgabe, ihren Bürgern bezahlbaren Wohnraum zur Verfügung zu stellen, alleine gelassen. Zu langsam sickert auf Bundes- und Landesebene die Erkenntnis durch, dass vor allem in strukturstarken Regionen ein Strukturwandel nötig ist, der eine echte Nachverdichtung in den Kommunen beinhaltet, die infrastrukturellen Voraussetzung für neue Baugebiete schafft, eine sinnvolle Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr. Und dem Bau von Miet- und Sozialwohnungen den Vorrang gibt vor antiquierten Einheimischenmodellen.

All das muss schnell passieren - und das geht nur mit Geld, sehr viel Geld. Vorzeigeunternehmen wie die kommunale Baugesellschaft München-Land, die sowohl personell als auch finanziell am Limit arbeitet, müssen gestärkt werden. Ansonsten sind deren Erfolge in den Kommunen nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Es geht um Milliarden, die seitens des Bundes und der Freistaats in die Kommunen und Landkreise gesteckt werden müssen, um das Zukunftsthema dieser Region überhaupt angehen zu können: Bezahlbarer Wohnraum für jeden, der hier gerne lebt und arbeitet - und nicht nur für jene, die es sich leisten können.

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