Die Gräfelfingerinnen und Gräfelfinger gehören zu den hart gesottenen Fahrradfahrern im Landkreis München und steigen nach wie vor auch in den kalten Wintermonaten unverdrossen aufs Rad. Damit stemmen sich die Würmtaler gegen einen Trend, der im gesamten Landkreis zu verzeichnen ist: Das weitverbreitete und unverkennbare blaue MVG-Mietrad verliert an Popularität. Dies geht aus den neuesten Nutzungsdaten der Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG) hervor, die das Leihsystem im Landkreis München betreibt.
In ihrem Jahresbericht weist die MVG für das Jahr 2023 im Landkreis München nahezu 35 000 Ausleihen von MVG-Mieträdern und kaum weniger Rückgaben an den etwas mehr als 170 Mietrad-Stationen aus. Im Jahr zuvor lag die Zahl der Ausleihen noch bei mehr als 40 000 – ebenso die Zahl der zurückgegebenen Fahrräder. Ein deutlicher Rückgang im Vergleich zum Vorjahr, so heißt es in dem Jahresbericht, ist vor allem seit Mai zu beobachten. Dies könnte laut MVG mit der Einführung des Deutschlandtickets zu tun haben, das die Nutzung des öffentlichen Personennahverkehrs erleichtere und dem Mietrad dadurch Konkurrenz mache.
Eklatant aber ist der Rückgang der Nutzerzahlen im Vergleich zur Vor-Corona-Zeit. Im Jahr 2019, kurz nach der Einführung des Mietrad-Systems, lag sowohl die Zahl der Ausleihen als auch der Rückgaben im Landkreis bei mehr als jeweils 70 000. Dennoch betont die MVG die Stärke des Systems. Diese zeige sich insbesondere durch die „starke interkommunale Nutzung“ der MVG-Räder, dadurch sei es ein „überregionales System“. Die Zahlen zeigten zudem, dass die Räder vor allem in den Hauptverkehrszeiten, also morgens und abends, genutzt würden. „An Wochenenden liegen die Nutzungszahlen leicht unter denen eines typischen Werktags“, heißt es in dem Jahresbericht.
In der Gemeinde Gräfelfing sind die Nutzungszahlen im Gegensatz zu den allermeisten anderen beteiligten Kommunen im Vergleich zu den vergangenen Jahren sogar teils deutlich gestiegen – auch in den Wintermonaten. Etwas mehr als 2000 Mal griffen die Gräfelfinger im vergangenen Jahr zum Mietrad. Auch in der Gemeinde Grünwald war die Zahl der Ausleihen 2023 höher als noch im Vorjahr. Es gibt aber auch Kommunen, die sich gar nicht am System beteiligen: So lehnt es etwa Ottobrunn bisher ab, MVG-Mietrad-Stationen zu errichten. Aber auch in Straßlach-Dingharting und Schäftlarn gibt es keine Ausleih- beziehungsweise Rückgabemöglichkeiten.
Das gesamte System steht auf der Kippe
Dass sich dies auf absehbare Zeit ändern könnte, scheint eher unwahrscheinlich zu sein. Vielmehr steht das seit gut fünf Jahren bekannte und etablierte Mietrad-System auf der Kippe. Im vergangenen Jahr hat der Münchner Kreistag entschieden, aus der Finanzierung beim Aufbau von Mietrad-Stationen von kommendem Jahr an auszusteigen. Bisher bezuschusst der Landkreis München auch den Unterhalt der Stationen in den 26 beteiligten Städten und Gemeinden mit 50 Prozent. Hintergrund des Ausstiegs ist einerseits die angespannte Haushaltssituation des Landkreises München. Andererseits – und das ist der entscheidende Punkt – läuft im September 2025 der Vertrag zwischen der Münchner Verkehrsgesellschaft und dem Unternehmen Nextbike by Tier Mobility aus, das als Dienstleister das System betreibt. Dann endet auch die Finanzierung durch den Landkreis.
Im Anschluss soll das Mietrad-System neu organisiert und vor allem auch auf alle Verbundlandkreise des Münchner Verkehrs- und Tarifverbunds ausgeweitet werden. Bisher können MVG-Mieträder nur in der Landeshauptstadt und im Landkreis München ausgeliehen werden. Auch deshalb haben trotz des Auslaufens der Finanzierung durch den Landkreis alle beteiligten Kommunen im Landkreis München signalisiert, grundsätzlich an einem Mietrad-System festhalten zu wollen.