Verkehrsbelastung im Münchner Süden:„Wer soll solche Kontrollen durchsetzen?“

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Auf der Salzburger Autobahn ist Stau besonders in der Ferienzeit ein Dauerzustand. Dann verlagert sich der Verkehr auf Ausweichrouten und in Ortschaften wie Aying und Sauerlach. (Foto: Peter Kneffel/dpa)

Sauerlachs Bürgermeisterin Barbara Bogner trifft mit ihrer Klage über den Ausflugsverkehr ins Oberland einen Nerv. Ihre Forderung nach einem Fahrverbot für Autos mit weniger als drei Personen halten aber selbst Bürgermeister anderer betroffener Gemeinden für unrealistisch und überzogen.

Von Martin Mühlfenzl, Sauerlach/Holzkirchen

Wenn es nach Barbara Bogner geht, steht bald die Polizei an den Autobahnausfahrten vor und nach dem Autobahnkreuz München-Süd, um abfahrende Autos anzuhalten, die hier auf dem Weg ins Oberland oder Richtung Inntal abfahren. Uniformierte kontrollieren dann, wie viele Menschen sich in dem Fahrzeug befinden. Und wenn es lediglich der Fahrer oder noch zusätzlich ein Beifahrer ist, die gemeinsam an den Tegernsee, Schliersee oder zum Karawankentunnel oder Brenner wollen, dann weist sie die Kelle freundlich zurück auf die Autobahn. Die Sauerlacher Bürgermeisterin von der Unabhängigen Bürgervereinigung hat unlängst ein Fahrverbot für Fahrzeuge mit nur ein oder zwei Personen auf dem Weg ins Oberland vorgeschlagen. Um die bei Ausflüglern beliebten Orte und auch jene wie Sauerlach, die stark vom Durchgangsverkehr betroffen sind, zu entlasten. Unter ihren Amtskollegen in der Nachbarschaft findet die Idee allerdings wenig Anklang – nicht nur wegen der rechtlichen Fragen, die damit verbunden sind.

Sobald die Sonne im Frühjahr erstmals ihre Kraft entfaltet, drückt es die Ausflügler aus ganz Oberbayern in Richtung Oberland; mittlerweile ist der Süden Bayerns vom Schliersee im Osten über den Tegernsee, den Starnberger See bis zum Staffelsee, nach Garmisch-Partenkirchen und Schongau im Westen die beliebteste Region des Freistaats für einen Tagesausflug. Vor allem an den Wochenenden quellen Ortschaften wie Schliersee, Gmund am Tegernsee oder Lenggries vor Fahrzeugen über, sind Zufahrtsstraßen verstopft, Parkplätze überfüllt und Urlauber wie Anwohner vom Verkehr genervt. Und all diese Autos, Wohnmobile und Motorräder verursachen schon weit vor ihren eigentlichen Zielen Lärm, Staub und Stau: in Sauerlach, Otterfing, Holzkirchen, Großhartpenning, Warngau oder Hausham.

„Ja, wir sind durchaus vom Durchgangsverkehr belästigt“, sagt Holzkirchens Bürgermeister Christoph Schmid (CSU), der die Geschicke der Marktgemeinde mit etwa 17 000 Einwohner leitet. Die Sauerlacher Rathauschefin, zu der er enge Verbindung hält, benenne genau das Problem. Ihren Lösungsvorschlag will Schmid nicht bewerten. „Aber eine Maßnahme dagegen muss immer im rechtlichen Rahmen und auch praktikabel sein“, sagt er vielsagend.

Viele Sauerlacher Schülerinnen und Schüler gehen in Holzkirchen zur Schule, die Ortschaften liegen nicht nur geografisch nah beieinander, sondern sind auch durch die S 3 mit dem Zwischenhalt Otterfing miteinander verbunden. „Und Holzkirchen ist als Mittelzentrum eine Drehscheibe mit der S-Bahn, der Bayerischen Oberlandbahn und dem Meridian. Und der Landkreis Miesbach ist jetzt als Ganzes auch im MVV-Bereich“, erläutert der Holzkirchner Bürgermeister. „Solche attraktiven Angebote brauchen wir, um die Menschen zum Umstieg auf den ÖPNV zu bewegen.“ Zudem könnten auch höhere Parkgebühren in Ortschaften wie Lenggries im Oberland dabei helfen, manchen davon abzuhalten, ins eigene Auto zu steigen.

Sauerlach ächzt unter dem Verkehr von Ausflüglern und Urlaubern, die die Autobahn umfahren. (Foto: Sebastian Gabriel/ )

Bogners Vorschlag, Autos mit nur wenigen Insassen am besten noch vor dem Autobahnkreuz München-Süd abzufangen, den sie selbst als „krasse Idee“ bezeichnet, dürfte tatsächlich aus rechtlicher Sicht schwer durchzusetzen sein. Auf dem Weg ins Oberland befahren die Ausflügler vor allem Kreis-, Staats- und Bundesstraßen – und die Straßeninfrastruktur ist wie auch die Schiene, das Luftstraßennetz oder auch Bildungs- und öffentliche Einrichtungen Gemeingut. Und als solches dürfen sie von jedermann, auch einem Alleinfahrenden auf dem Weg in die Berge oder an die Seen des Oberlandes, genutzt werden.

Wie auch von jenen, die bei Stau auf der Salzburger Autobahn zu Tausenden auf die Staatsstraßen 2070 und 2078 ausweichen. Ayings Bürgermeister Peter Wagner (CSU) kann ein Lied davon singen, aber auch er hält den Vorschlag von Bogner für nicht praktikabel und bezeichnet ihn zudem als „krassen Einschnitt in die Freiheitsrechte“. Bogner habe mit ihrer Diagnose, dass der südöstliche Landkreis München zu viel Verkehr erdulden müsse, Recht. „Aber wer soll solche Kontrollen durchsetzen? Ich kann mich ja nicht dahin stellen und die Leute kontrollieren“, sagt der Ayinger Bürgermeister. „Und die Urlauber mit ihren blauen und gelben Nummernschildern fahren ja nicht bei uns durch, weil es in Aying so schön ist, sondern weil ihnen das Navi den Umweg anbietet, wenn auf der Autobahn Stau ist.“

Auch Wagner sagt, es müssten Anreize geschaffen werden, die Menschen zum Umstieg auf den öffentlichen Personennahverkehr zu bewegen, auch der achtspurige Ausbau der A 8 nach Salzburg könne aus seiner Sicht dabei helfen, die Autos auf der Autobahn zu halten. „Aber ein Handwerker, der von Glonn oder Egmating nach Holzkirchen muss, der ist auf das Auto angewiesen. Der fährt 25 Kilometer quer durchs Land – und ein Bus fährt da sowieso nicht.“

In Holzkirchen hatten die Bürgerinnen und Bürger vor knapp zwei Jahren bei einem Bürgerentscheid die Möglichkeit, über eine Umgehungsstraße abzustimmen, die den Hauptort und das Dorf Großhartpenning entlasten sollte. Mit großer Mehrheit lehnten sie das Vorhaben ab. „Das war eine demokratische Entscheidung und mit der müssen wir auch leben“, sagt Bürgermeister Schmid. Zudem verweist er darauf, dass der Durchgangsverkehr in der Marktgemeinde nur etwa 50 Prozent des Verkehrsaufkommens ausmache. „Hinzu kommt dann Zielverkehr, Quellverkehr und Binnenverkehr – also hausgemachter Verkehr“, so Schmid. Nicht jeder, der allein im Auto sitzt, will also an den Schliersee oder nach Lenggries. Viele wollen eben nur an den Bahnhof, zum Bäcker oder zur Schule, um die Kinder abzuholen.

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