Süddeutsche Zeitung

Online feiern:Faschingsgaudi auf Instagram

Weil die Pandemie große Zusammenkünfte unmöglich macht, findet die närrische Zeit im Landkreis vor allem im Internet statt - samt DJ, Luftschlangen und lustigen Sketchen.

Von Claudia Wessel

Rosenmontag ohne Rathausstürmung in Pullach, Faschingsdienstag ohne Kehraus auf dem Kirchplatz, die beiden traditionellen Faschingsbälle mit der Aufführung des Ritterstücks ersatzlos gestrichen - D'Schwanecker Rittersleit, die ausschließlich aus Männern bestehende Pullacher Faschingsgesellschaft, deren Markenzeichen schräge und skurrile Kopfbedeckungen sind, müssen in dieser Saison auf vieles verzichten - weshalb Herzog Sepp I., alias Dieter Gnieser, beim Telefonat auch mehrmals hörbar seufzt. "Das ist schon alles sehr wehmütig", sagt er.

"Eigentlich hätten wir jetzt wochenlang unser Stück eingeübt, uns zweimal die Woche getroffen. Wir hätten für unsere zwei Bälle den Pfarrsaal gemeinsam geschmückt und viel Geselligkeit erlebt." Da all das aufgrund der Corona-Verordnungen verboten ist, haben sie ihre Auftritte in die Social-Media-Plattform Instagram verlegt. Dort können Fans des schrägen Humors beim Anschauen von kleinen Sketch-Videos auf ihre Kosten kommen. In einem etwa sitzt Herzog Sepp ratlos vor drei Bechern. Unter einem von ihnen soll eine Bierflasche versteckt sein, aber unter welcher? "Dass der Fasching ganz ausfällt, haben wir zuletzt beim Golfkrieg erlebt", sagt Dieter Gnieser, der seit 1977 dabei ist. Er hofft, dass es nach diesem Corona-Jahr nicht wieder vorkommen wird. Persönlich treffen die Ritter sich heuer gar nicht, ins Kostüm haben sie sich allein für den Fototermin geworfen.

An Kindergärten und Altenheime werden Geschenkboxen verteilt

Ganz anders die beiden Elferrätinnen des Lohhofer Faschingsclubs Weiß-Blau aus Unterschleißheim, Sandra Bieneck und Jasmin Schmidt. Sie feiern schon seit Weiberfasching und schlüpfen dafür auch in Kostüme. Die Partys sind natürlich alle rein virtuell. So legte etwa an Weiberfasching ihr Stamm-DJ Woiferl auf. An seinem Mischpult stand er natürlich allein daheim, während die Damen ebenfalls in ihren Wohnungen mit der gestatteten Personenzahl mitfeierten. Auch weitere Feiern im Livestream werden die allzu ruhigen närrischen Tage für die Mitglieder des Faschingsclubs aufheitern. Schon vor dem Faschingswochenende wurden Geschenkboxen für Kindergärten und Altenheime gepackt und verteilt, gesponsert von der Stadt Unterschleißheim.

Eigentlich hatte der Faschingsclub gemeinsam mit der Stadt viel Größeres geplant. Es sollte Tanzauftritte unter freiem Himmel im Stadion geben, mit Hygienekonzept und Abständen bei den Zuschauern. Das wäre eine kleine Entschädigung dafür gewesen, dass man diesmal nicht wie sonst beim Faschingszug in München dabei sein konnte. Als Motto war der Titel "Brauchtum braucht's" vorgesehen, der nicht nur dem Präsidenten Thomas Schweissgut aus dem Herzen spricht. Er hofft ebenso wie seine Mitstreiter, dass dem Fasching durch die Corona-Krise keine Fans verloren gehen. Das Prinzenpaar, das schon lange feststand, bleibt weiterhin geheim, denn es möchte seine Regentschaft dann im Frühjahr 2022 in der neuen Faschingssaison antreten.

Virtuell schwer aktiv sind auch die Mitglieder der Unterhachinger Faschingsgesellschaft Gleisenia. "Wir machen das Beste aus allem und versuchen für unsere Garden, den Fasching online aufrecht zu erhalten", sagt Lisa-Marie Binder vom Management. "Wer die Gleisenia kennt, der weiß, ohne Fasching, das geht nicht bei uns." So müssen zwar der große Almrockball in der Hachinga Halle, die Kinderbälle und das Faschingstreiben am Rathausplatz ausfallen, doch feiern die Garden und Tanzgruppen ihren Faschingsendspurt digital. Genauso wie die Tänzer bereits seit Monaten via Zoom trainieren, so wollen sie auch am Rosenmontag und Faschingsdienstag für alle die Möglichkeit bieten, sich an lustigen Online-Treffen zu beteiligen - natürlich im Kostüm und mit Luftschlangen und Konfetti. Auch bei der Gleisenia hofft man, dass 2022 der Fasching wieder normal ist.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.5205890
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 15.02.2021
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.