Nahverkehr:Es fährt kein Bus nach nirgendwo

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Erlebnisreisen mit dem Expressbus: Auf dem Fahrplan stehen 36 Attraktionen. (Foto: Hartmut Pöstges)

Der Mobilitätsausschuss des Kreistags kippt eine geplante Linie, die von München über Unterföhring bis nach Poing führen sollte, weil die Gemeinden die geplante Anbindung an S-Bahn-Stationen verweigern.

Von Martin Mühlfenzl, Unterföhring

Der Ring um die Landeshauptstadt München hat sich längst geschlossen: Sieben Expressbus-Linien - die meisten davon durch den Landkreis München - haben den Traum von der Ringbahn zumindest ein wenig Wirklichkeit werden lassen und dürfen getrost als Erfolgsmodell betrachtet werden, gelten sie doch als sinnvolle Ergänzung des zentristischen, auf die Münchner Stadtmitte ausgerichteten S-Bahn-Netzes. Und das Modell der Expressbusse soll ausgebaut werden, um Stadt und Region weiter zu vernetzen. Der Landkreis München aber hat vorerst eine neue Linie ausgebremst, welche die Landeshauptstadt München, den nördlichen Landkreis München und den Landkreis Ebersberg besser miteinander verbinden sollte.

Einhellig sprachen sich die Kreisräte im Mobilitätsausschuss dagegen aus, den geplanten Expressbus X207 wie geplant auf Tour zu schicken, weil aus ihrer Sicht gleich mehrere Kriterien für einen erfolgreichen Betrieb nicht gegeben sind. Oder wie es der Grünen-Landtagsabgeordnete und Kreisrat Markus Büchler ausdrückte: "Wir haben gleich an drei Punkten Probleme: Am Anfang, in der Mitte und am Ende. Und das entscheidende ist, dass die Vernetzung mit der S-Bahn fehlt."

Ursprünglich sollte der X207, der seit zwei Jahren geplant wird und zum Fahrplanwechsel 2024 in Betrieb gehen sollte, vom Olympia-Einkaufszentrum in München über den S-Bahnhof Unterföhring, Aschheim und Kirchheim bis zum S-Bahnhof in Poing im Landkreis Ebersberg fahren. In den Verhandlungen über den Trassenverlauf aber sprach sich die Landeshauptstadt dagegen aus, den Bus auf dem Abschnitt von der Studentenstadt bis zum OEZ fahren zu lassen, weil in diesem Bereich schon mehrere Linien unterwegs sind - stattdessen soll der X207 am U-Bahnhof Alte Heide enden. Die Gemeinde Poing verweigerte eine Trassenführung des Busses bis zum S-Bahnhof und argumentierte, dies sei aufgrund der beengten infrastrukturellen Gegebenheiten nicht möglich. Darüber hinaus entschied bereits im Jahr 2021 der Unterföhringer Gemeinderat, den Bahnübergang nicht für den X207er zu öffnen und somit keine Anbindung zu ermöglichen.

All diese Faktoren ließen bei den Mitglieder im Mobilitätsausschuss des Kreistags erhebliche Zweifel am Nutzen der neuen Linie aufkeimen - vor allem angesichts der zu erwartenden hohen Kosten für den Bus. Denn diese würden bei derzeitigen Berechnungen für den Landkreis München jährlich zwischen 1,3 und etwas mehr als 1,5 Millionen Euro liegen. Der Landkreis Ebersberg, dessen Kreistag der Einführung der Linie bereits zugestimmt hat, müsste dagegen nur etwa 80 000 Euro im Jahr beisteuern. Hinzu kommt, dass innerhalb des Landkreises München und der Landeshauptstadt in der Regel ein 20-Minuten-Takt geplant war, auf dem Gebiet des Landkreises Ebersberg allerdings nur ein 60-Minuten-Takt.

"Mir drängt sich schon die Frage auf, inwieweit hier überhaupt ein Nutzen gewährleistet ist."

"Mit diesem Beschluss würden wir neun Millionen Euro in sechs Jahren ausgeben", sagte Freie-Wähler-Kreisrat Günter Heyland. "Mir drängt sich schon die Frage auf, inwieweit hier überhaupt ein Nutzen gewährleistet ist." Maria Knoller (CSU), die selbst aus Aschheim kommt, begrüßte zwar grundsätzlich eine bessere Anbindung des östlichen Landkreises und auch des Landkreises Ebersberg, sagte aber, ohne eine Vernetzung mit der S-Bahn ergebe die Linie keinen Sinn. Und auch Karin Schuster von der ÖDP kritisierte die "horrenden Kosten" und mahnte an, das Geld solle eher investiert werden, um Busunternehmer zu unterstützen und dem Fachkräftemangel in diesem Bereich zu begegnen.

Die Frage, warum die Gemeinde Unterföhring eine Anbindung des X207 an die S-Bahn sowie ans Gewerbegebiet wie ursprünglich Nahverkehrsplan nicht zulässt, konnte im Mobilitätsausschuss nicht beantwortet werden; Dominik Scheuer, Projektsteuerer im Landratsamt, konnte lediglich auf einen entsprechenden Gemeinderatsbeschluss aus dem September 2021 verweisen. Ein dahingehende Anfrage der SZ an Unterföhrings Bürgermeister Andreas Kemmelmeyer (Parteifreie Wählerschaft) blieb unbeantwortet. Der Ausschuss dringt nun darauf, noch einmal in Gespräche mit der Gemeinde einzutreten.

Auf den Weg gebracht hat der Kreis indes den Expressbus X208, der von Germering über Planegg und Gräfelfing bis zum Klinikum Großhadern fahren und ebenfalls 2024 eingeführt werden soll.

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