Landwirtschaftsmesse: "Zwischen Käse, Weißwein und Speck sehe ich uns nicht"

Landwirtschaftsmesse: Das Neue Schloss Schleißheim gehört zu den größten Tourismus-Attraktionen im Landkreis.

Das Neue Schloss Schleißheim gehört zu den größten Tourismus-Attraktionen im Landkreis.

(Foto: Johannes Simon)

Der Landkreis München verzichtet auf eine Präsentation bei der Grünen Woche in Berlin im kommenden Jahr. Viele Kreisräte bezweifeln den Nutzen.

Von Martin Mühlfenzl

Auch der Norden im Landkreis München hat seine schönen Seiten, spektakuläre Ansichten sogar, wie Ingrid Lindbüchl findet. Die Flugwerft und die Schlösser in Oberschleißheim etwa, den kurfürstlichen Garten, in dem Obst und Gemüse angebaut werden. Es gebe Brauereien und sogar ein eigener Käse werde in Oberschleißheim hergestellt. Der Landkreis-Norden sei nicht nur das Heizkraftwerk in Unterföhring, sagte die Grünen-Kreisrätin am Mittwoch im Kulturausschuss des Kreistags. Und all das Schöne und Sehenswerte - aus allen Ecken des Landkreises - sei es doch wert, mehr Menschen nahegebracht zu werden, findet Lindbüchl, selbst Oberschleißheimerin. Und zwar Anfang kommenden Jahres auf der Grünen Woche in Berlin, der größten internationalen Messe für landwirtschaftliche Erzeugnisse.

Die Verwaltung im Landratsamt hatte vorgeschlagen, dass sich der Landkreis für einen Stand auf der Schau bewerben sollte, am besten in der sogenannten Bayern-Halle, in der sich traditionell Landkreise, Städte, Produzenten, Gastronomen und Hoteliers aus allen Ecken des Freistaats präsentieren. Kostenpunkt für die Teilnahme des Landkreises München: geschätzt 40 000 Euro. Diese erstmalige Präsenz des Landkreises im Jahr 2023 aber ist jetzt erst einmal vom Tisch, denn die Vorbehalte gegen eine Teilnahme waren unter den meisten Kreisräten im Ausschuss zu groß. Als Kompromiss soll das Landratsamt nun ein Konzept für eine mögliche Teilnahme an der Grünen Woche ein Jahr später erarbeiten.

Landwirtschaftsmesse: Anton Stürzer, Kreisobmann des Bayerischen Bauernverbands.

Anton Stürzer, Kreisobmann des Bayerischen Bauernverbands.

(Foto: Claus Schunk)

Vor allem zwei Gründe sprechen aus Sicht etwa von CSU-Kreisrat Anton Stürzer gegen den Stand auf der Messe. Im Landkreis München gebe es weder eine ausgeprägte Landwirtschaft noch sei dieser eine Tourismusregion - vergleichbar etwa mit dem Chiemgau. "Wir haben nicht diese Tourismus-Attraktionen", sagte Stürzer, der selbst in Höhenkirchen einen landwirtschaftlichen Betrieb hat und dem als Kreisobmann des Bauernverbands das nötige Fachwissen nicht abgesprochen werden kann. Unterstützung erhielt er von der SPD. Kreisrätin Annette Ganssmüller-Maluche, die wie Lindbüchl aus dem Landkreis-Norden kommt, stellte den Nutzen einer Teilnahme an der Grünen Woche infrage: "Käse, Obst, Bier - ich weiß wirklich nicht, welche Außenwirkung unsere Produkte in Berlin haben werden." Messestände hätten nicht den großen Nutzen, sagte die Ismaningerin, "und ich habe auch noch keinen Unternehmer getroffen, der gesagt hat: Geht doch endlich mal auf die Grüne Woche".

2,5 Millionen Übernachtungen zählt der Landkreis in normalen Zeiten

Andere Landkreise wie etwa Pfaffenhofen, Ebersberg oder Dachau nehmen indes regelmäßig an der Schau statt, die jährlich - in normalen Zeiten - mehr als 400 000 Besucher anzieht. Daraus Nutzen zu ziehen, sei auch für den Landkreis München möglich, betonte Oliver Seth (Grüne). "Es ist immer die Frage, was man daraus macht. Es kann eine gute Chance sein, Netzwerke zu knüpfen." Und gerade angesichts der Auswirkungen durch die Pandemie könne in einer Teilnahme für die Gastronomie und Hotellerie im Landkreis eine Chance liegen.

Es ist ja nicht so, dass der Landkreis München mit seiner enormen Wirtschaftskraft keine Besucher anzieht, im Jahr 2019 gab es hier laut Statistischem Landesamt mehr als 2,5 Millionen Übernachtungen. Dennoch, sagte Otto Bußjäger von den Freien Wählern, könne der Landkreis nicht mit den Tourismus-Hotspots wie Garmisch-Partenkirchen oder Neuschwanstein mithalten. Und mit Blick auf den Charakter als Landwirtschafts- und Ernährungsmesse der Grünen Woche ergänzte er: "Zwischen Käse, Weißwein und Speck sehe ich uns nicht."

Die 40 000 Euro werden also zunächst nicht investiert und womöglich auf das Jahr 2024 verschoben. Dann findet nicht nur die jährliche Grüne Woche in Berlin statt, sondern auch eine große Schau im Landkreis: die Landesgartenschau in Kirchheim.

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