Rotoren an Sauerlacher Windrad angebracht:„Nach so vielen Jahren ist es einfach nur schön, das hier zu sehen“

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Das erste Rotorblatt des Sauerlacher Windrads im Hofoldinger Forst wird auf nahezu 160 Meter für die Montage in Position gebracht. (Foto: Johannes Simon)

Mit Präzisionsarbeit werden die ersten Rotoren am Sauerlacher Windrad im Hofoldinger Forst angebracht. Im Münchner Süden zeigt sich, dass die Energiewende auch gegen Widerstände Tempo aufnehmen kann. Ein Abstecher in den Staatswald.

Von Martin Mühlfenzl, Sauerlach

Vom Boden aus sind die beiden Männer im Maschinenraum auf etwa 160 Meter Höhe hoch über den Baumwipfeln des Hofoldinger Forstes kaum zu erkennen. Doch plötzlich recken sie ihre Arme aus der Gondel ganz oben auf dem mächtigen Turm heraus – als wollten sie das mehrere Tonnen schwere, gebogene Ungetüm, das auf sie zuschwebt, mit ihren Händen greifen.

Gesteuert wird der Transport des ersten Rotorblatts des Sauerlacher Windrads an diesem Samstagvormittag, das die Bauarbeiter in luftiger Höhe gleich erwartet, von zwei Männern und ihren Joysticks am Boden; und nur wenige Stunden später im Lichte der Mittagssonne haben die Männer oben den 80 Meter langen Flügel an der Nabe des Windrads montiert. Es ist ein fast schon historischer Moment, der auch ebenerdig ehrfurchtsvoll mitverfolgt wird.

Im Münchner Süden schreitet nach jahrelangen Planungen und auch zahlreichen Rückschlägen durch Verhinderungstaktiken der Politik – auch und gerade der Staatsregierung – die Energiewende plötzlich ziemlich rasant voran. Die drei Türme der Windräder im Hofoldinger Forst, einem Staatswald, auf den Fluren der Gemeinden Sauerlach, Aying und Otterfing sind in den vergangenen Wochen in Rekordtempo in den Himmel gewachsen – und prägen längst als weithin sichtbare Landmarken die Umgebung. Mit der Montage der Rotorblätter biegt der Bau der drei Windenergieanlagen nun auf die Zielgerade ein; und bereits in wenigen Wochen werden die Windräder, die unter finanzieller Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern der drei Kommunen errichtet werden, Strom für etwa 9000 Haushalte erzeugen.

Zwölf Arbeiter verantworten unter Zuständigkeit des Windenergieanlagen-Herstellers Enercon den komplexen Bau der Anlagen, der ebenso einem strengen Zeitplan wie strengen Sicherheitsvorkehrungen unterliegt. Auf Englisch weist der Safety-Manager der Baustelle die Besucher auf die wichtigsten Regeln im Wald hin: Helm, Warnweste, Sicherheitsschuhe – und vor allem „Distance“. Abstand. Schaulustige, die in nicht geringer Zahl insbesondere mit dem Fahrrad unterwegs sind, werden mit Warnschildern vom Betreten der Baustelle abgehalten.

Mit einem gigantischen Greifarm werden die Rotorblätter einzeln an ihren Bestimmungsort auf etwa 160 Meter Höhe transportiert. (Foto: Johannes Simon)

Und sehr schnell wird klar, warum „Safety“ hier eine so große Rolle spielt. Der Kran, der die Rotorblätter auf ihre Bestimmungshöhe bringen wird, ist ein nahezu 200 Meter hohes blaues Ungetüm. An seiner Seilwinde befindet sich ein gigantischer Greifarm, dessen Hände sich per Joystick um das Rotorblatt schließen. Die Hydraulik presst sich minutenlang um den Flügel, bis alles sitzt. Und wenn doch einmal etwas nicht passen, sich der Rotor in der Luft bewegen sollte, abzurutschen droht? „Dann bricht der Greifarm den Flügel“, sagt Baustellenleiter Harry mit österreichischem Akzent und muss selbst ein wenig lachen. „Aber da passiert nichts. Das sitzt bombenfest.“ Weit mehr als 200 Windenergieanlagen an Land habe er schon aufgebaut, sagt er.

Dann ist plötzlich ein Surren zu hören, das immer lauter wird. Die beiden Ventilatoren auf dem Greifarm, der das Flügelblatt fest umklammert, beginnen zu arbeiten, am Ende des Rotorblattes öffnet ein Arbeiter eine metallene Spange, der um den Flügel gespannt war. Das Blatt beginnt sich durchzubiegen, die Spannung ist direkt sichtbar. Zweimal ertönt ein lautes Signal, einem Schiffshorn gleich, dann beginnt das Blatt leicht zu vibrieren und löst sich vom Boden. Den Greifarm steuert ein Bauarbeiter direkt daneben, er hält ihn in Position; ein Zweiter in der Krankabine kontrolliert die Höhe. Und Zentimeter für Zentimeter hebt er ihn mit seinem Joystick an. Als das Rotorblatt ausschwenkt und sich über den Waldweg bewegt, greift der Safety-Manager wieder ein: „We have to go back“, sagt er. Der richtige Abstand muss wieder hergestellt werden. Sicherheit auf der Baustelle geht vor.

Zentimeter für Zentimeter hebt der Kran das Rotorblatt an. (Foto: Johannes Simon)

Nach etwa 45 Minuten ist das Rotorblatt auf Höhe der Nabe, auf der sich der Maschinenraum befindet, angekommen. Die Montage durch die Arbeiter in 160 Meter Höhe kann beginnen. „Insgesamt dauert es um die dreieinhalb Stunden, bis ein Flügel angebracht ist“, sagt der Baustellenleiter, der seinen kompletten Namen nicht verraten will. „Aber das hängt von vielen Faktoren ab. Vor allem vom Wind.“ Ganz werden sie an diesem Wochenende nicht fertig, die Montage des dritten Rotorblatts wird erst an diesem Montag erfolgen. Dann folgt ein logistisches Meisterwerk. Denn wenn das Sauerlacher Windrad fertiggestellt ist, ziehen die Arbeiter nur wenige Hundert Meter weiter auf die Baustelle des Otterfinger Windrads – samt dem riesigen Kran.

Wenn der Kran seine Arbeit am ersten Windrad erledigt hat, wird er auseinander gebaut und auf die nächste Baustelle transportiert. (Foto: Johannes Simon)

Der muss hierfür am Boden in seine Einzelteile zerlegt werden, um mit Lastwagen abtransportiert werden zu können. Nahezu 150 Lkw-Fahrten werden benötigt, um den Kran an seinen neuen Arbeitsort zu bringen. Steht das Windrad auf Flur der Gemeinde Otterfing und hat dort das zweite Windrad im kleinen Windpark fertiggestellt, wiederholt sich das Prozedere ein drittes Mal: Dann mit der Herausforderung, die A 8 queren zu müssen, denn das Ayinger Windrad befindet sich östlich der Autobahn.

Sichtlich fasziniert verfolgen Otterfings Bürgermeister Michael Falkenhahn, Ayings Rathauschef Peter Wagner und Martin Sterflinger, Geschäftsführer der Windenergie Hofoldinger Forst (von links), den Transport der Rotorblätter. (Foto: Johannes Simon)

Sichtlich erleichtert und auch fasziniert verfolgen Ayings Bürgermeister Peter Wagner (CSU), sein Otterfinger Amtskollege Michael Falkenhahn (SPD) und der Geschäftsführer der Windenergie Hofoldinger Forst, Martin Sterflinger, die letzten Arbeitsschritte an der ersten Windenergieanlage. „Nach so vielen Jahren der Planung ist es einfach nur schön, das hier zu sehen“, sagt Wagner. Und Sterflinger, der lange Jahre für den Bau der Rotoren gekämpft hat, schießt mit seinem Handy ein Foto nach dem anderen, während das Rotorblatt nach oben schwebt. „20 Jahre wird das Windrad stehen – oder länger“, sagt er. Dafür habe es sich zu kämpfen gelohnt.

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