Inklusionstaxi:Auf acht Rädern durch Haar

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Alte Bekannte: Taxifahrer Nikola Vasic bringt Rita Größ regelmäßig zur Tagespflege. (Foto: Claus Schunk)

Wer auf einen Rollstuhl angewiesen ist, kann im Münchner Osten zum normalen Tarif ein Inklusionstaxi buchen. Dafür wurden mit Unterstützung des Landkreises bisher fünf Fahrzeuge umgerüstet.

Von Elisabeth Marx, Haar

Es ist 9.30 Uhr. Zeit für Rita Größ, sich auf den Weg in die Tagespflege der Nachbarschaftshilfe in Haar zu machen. Es ist nicht weit, etwa fünf Minuten mit dem Auto. Aber alleine schafft die 88-jährige den Weg nicht, sie ist auf einen Rollstuhl angewiesen. Deshalb holt Nikola Vasic sie mit dem Inklusionstaxi ab. Als er den Van gegenüber von dem Wohnhaus der alten Dame parkt, wartet sie schon freudig auf ihn. Er öffnet die Hecktüren, fährt die Rampe aus und schiebt Größ in ihrem Rollstuhl ins Auto. Mehrmals die Woche bringt er sie morgens zur Tagesbetreuung und holt sie nachmittags wieder ab.

Seit etwa einem Dreivierteljahr fährt Vasic regelmäßig mit dem Inklusionstaxi durch Haar und benachbarte Gemeinden. Das war durchaus eine Umstellung für den 54 Jahre alten Taxifahrer. Aber man gewöhne sich daran, sagt er: „Jetzt habe ich die Technik raus, ich bin geübt.“ Nur wenn er im Urlaub ist, übernehmen seine Kollegen. Das Taxi ist so ausgebaut, dass eine Person im Rollstuhl, der am Boden festgeklickt wird, mitfahren kann. Das nutzen mittlerweile schon einige Stammkundinnen und -kunden: für Arztbesuche, Fahrten zur Dialyse oder zur Nachbarschaftshilfe wie Größ.

Langsam spricht sich in Haar herum, dass es das besondere Taxi gibt, das jeder zum normalen Tarif buchen kann. Viele Fahrten, die aus medizinischen Gründen notwendig sind, übernehmen die Krankenkassen direkt. Rita Größ kassiert er erst nach dem Rückweg ab, man kennt sich und vertraut einander. Sie lässt sich die Kosten im Nachhinein von ihrer Kasse erstatten.

Für den Umbau des Minibusses hat das Haarer Unternehmen Taxi Blitz einen Zuschuss des Landkreises München erhalten. Der fördert seit April 2020 den Umbau von herkömmlichen Autos zu rollstuhlgerechten Fahrzeugen. Zuerst auf drei Jahre begrenzt, hat der Sozialausschuss des Kreistags 2022 den Zeitraum bis zum 31. Dezember 2025 verlängert. Die Taxiunternehmen erhalten finanzielle Unterstützung von bis zu 10 000 Euro. Zurückzahlen müssen sie das Geld nicht.

Der Rollstuhl wird am Boden festgeklickt und Rita Größ im Fond des Taxis mit einem Gurt gesichert. (Foto: Claus Schunk)

Während der Corona-Pandemie hat sich das Taxi-Unternehmen auf Krankentransporte spezialisiert. „Da, wo der Arzt die Überweisung ausstellt, fahre ich hin“, erzählt Vasic. Darauf lassen sich nicht viele Taxibetriebe ein. „Viele wollen nicht auf das Geld der Krankenkassen warten“, erklärt er.

Manchmal fährt Vasic eine Fahrt am Tag mit dem Inklusionstaxi, mal mehrere. Vor allem ältere Menschen rufen an und bestellen eine Fahrt mit Rollstuhl im Taxi. Ufuk Yildirim und Erdinc Öksüz nehmen die Anrufe in der Zentrale des Taxiunternehmens entgegen und organisieren die Fahrten. Auf einem Bildschirm sehen sie, wo welches Taxi unterwegs ist und ob das Inklusionstaxi frei ist. Taxi Blitz hat im Moment nur ein ausgebautes Auto zur Verfügung, weitere sollen aber folgen. Dass zwei Personen im Rollstuhl gleichzeitig befördert werden wollten, gab es zum Glück bisher nicht, soll aber künftig kein Problem darstellen.

Erdinc Öksüz und Ufuk Yildirim (von links) nehmen in der Zentrale von Taxi Blitz in Haar die Buchungen entgegen. (Foto: Claus Schunk)

Wer ein Inklusionstaxi nutzen will, muss wissen, welche Taxi-Unternehmen barrierefreie Fahrzeuge in der Garage stehen haben und diese Unternehmen gezielt anrufen. Neben Taxi Blitz sind das im Landkreis München etwa Taxi Festini Andreas in Ottobrunn, Aying und Höhenkirchen-Siegertsbrunn sowie Taxi Flotilla aus Hohenbrunn-Riemerling mit insgesamt fünf Fahrzeugen. Alle drei haben sich auf Krankentransporte spezialisiert. Rund um die Uhr fahren sie durch den gesamten Landkreis, vor allem aber im Südosten von München.

Den Kontakt zu den entsprechenden Taxi-Firmen stellten meist Beratungsstellen und Einrichtungen für Menschen mit körperlichen Einschränkungen her, heißt es aus dem Landratsamt. Auch Familie Größ ist über die Tagespflege auf das Angebot aufmerksam geworden. Bevor das Inklusionstaxi durch Haar fuhr, war Rita Größ noch besser zu Fuß und ist mit einem Sammelbus der Nachbarschaftshilfe gefahren. Dafür muss man aber selbständig ein- und aussteigen können. Mittlerweile ist sie auf den Rollstuhl angewiesen und dankbar für das Inklusionstaxi.

Angekommen bei der Tagespflege, steigt Vasic aus und hilft Rita Größ aus dem Auto. Die beiden kennen sich mittlerweile und ratschen ein bisschen. „Gut schauen Sie heute aus!“ – „Danke, danke.“ Nikola Vasic klingelt an der Tür. Gleich mehrere Pflegerinnen öffnen und helfen Rita Größ mit dem Rollstuhl durch die Tür. Die anderen Senioren warten. Also heißt es: „Tschüss, schönen Tag und bis heute Nachmittag!“

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