Süddeutsche Zeitung

Radverkehr:Asphaltbahn zwischen Bäumen

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Der Landkreis München will in den staatlichen Forsten Wege aufrüsten. Helfen könnte dabei ein neues Förderprogramm. Bayerns Verkehrsministerin Schreyer verspricht hohe Zuschüsse.

Von Martin Mühlfenzl, Landkreis München

Mit den Radwegen im Landkreis München ist es so eine Sache. Es werden immer wieder neue Verbindungen gebaut und eröffnet, zuletzt etwa der erste Abschnitt der Radhauptverbindung zwischen Sauerlach und Deisenhofen im südlichen Landkreis oder der Radweg in Grasbrunn zum Sportpark und der Radweg im Ayinger Ortsteil Großhelfendorf an der dortigen Kreisstraße. Von dem einen großen Prestigeprojekt im Landkreis aber ist noch kein einziger Meter gebaut: dem Radschnellweg von der Grenze der Landeshauptstadt in den Norden in die Universitätsstadt Garching und die Stadt Unterschleißheim.

Vielleicht setzt Bayerns Verkehrsministerin Kerstin Schreyer auch deshalb auf eine neue Strategie, die sich in ihrem Programm "Radoffensive Bayern" wiederfindet, das die CSU-Staatsministerin für Wohnen, Bau und Verkehr Ende vergangenen Jahres aufgelegt hat: Dort findet sich das Förderprogramm "Radwege im Wald" wieder, das die Aufwertung von bestehenden Forst- und Waldwegen zu asphaltierten Radwegen zum Ziel hat. Im Landkreis könnte das vor allem im Süden zu Verbesserungen führen, das Landratsamt München hat in den drei Forstgebieten des Landkreises - Forstenrieder Park bei Neuried, Grünwalder Forst und Perlacher Forst bei Unterhaching - "dringenden Handlungsbedarf" ausgemacht, um die Infrastruktur für Radler zu verbessern. An diesem Dienstag, 1. Januar, wird sich der Mobilitätsausschuss des Kreistags mit dem Förderprogramm der Staatsregierung befassen und voraussichtlich die Aufnahme der drei Waldgebiete in die Maßnahme beschließen. Die Staatsministerin verspricht beim Umbau von Forst- in befestigte Radwege Zuschüsse von bis zu 90 Prozent der Kosten.

Die Radoffensive Schreyer kommt einer Kehrtwende in der bisherigen Verkehrspolitik gleich. Schließlich ist die Idee, Radwege durch Forsten und Wälder zu führen, vor allem im waldreichen Süden des Landkreises München keine neue. So gibt es etwa im Perlacher Forst die asphaltierte Radhauptroute, die im Jahr 2005 anlässlich der Bundesgartenschau eingeweiht worden und bei Ausflüglern und Sportlern noch immer sehr beliebt ist. Andere Aus- und Umbaupläne in den drei Forsten sind bisher aber immer am Widerstand der bayerischen Staatsforsten gescheitert.

"Wenn hier jetzt seitens des Freistaats ein Umdenken einsetzt, wäre das ja nur zu begrüßen. Mich ärgert es schon, dass sich die Staatsforsten bisher immer geweigert haben", sagt Markus Büchler, Landtagsabgeordneter der Grünen und Kreisrat. Die Initiative der Ministerin sei schon sinnvoll, aber auch etwas "scheinheilig", kritisiert der Oberschleißheimer Büchler, schließlich habe die CSU bisher nicht wirklich mit großem Eifer beim Ausbau der Rad-Infrastruktur geglänzt. "Trotzdem sage ich auch, es ist richtig, jetzt den Anfang zu machen", so Büchler; aber er schränkt auch ein: "Wenn der Freistaat 90 Prozent übernimmt, stellt sich schon die Frage, wer übernimmt die restlichen zehn Prozent."

Allerdings, so Büchler, müssten bei Radwegen in Forsten immer auch Aspekte der Umwelt und des Naturschutzes berücksichtigt werden wie etwa bei Wasserschutzgebieten. Grundsätzlich, so der Grüne, sei es aber möglich, dort schnell und auch kostengünstig die Infrastruktur zu verbessern.

Dass der Mobilitätsausschuss des Kreistags bereits an diesem Dienstag über die Aufnahme in das Förderprogramm entscheiden soll, liegt auch an der Frist, die das Verkehrsministerium den Landkreisen gesetzt hat. Bis Ende Februar müssen sie sich entscheiden, ob sie mit ausgewählten Projekten dabei sein wollen. Dann wird entschieden, wer welche Mittel aus dem Zehn-Millionen-Euro-Topf erhält, den das Ministerium bereit stellt.

Wirklich viel Geld sei das nicht, kritisiert der SPD-Fraktionssprecher im Kreistag Florian Schardt, der aber dennoch im Vorfeld der Sitzung Zustimmung signalisiert, wenn auch etwas widerwillig. "Dazu kann man ja schlecht Nein sagen", so der Ottobrunner, der hinter der Offensive der Ministerin auch Kalkül vermutet. "Das ist ein toller Titel, ein tolles Label, aber man kann als CSU nicht so tun, als wäre man das Riesen-Klima-Land", sagt Schardt. Denn an die großen Fragen traue sich die Staatsregierung nicht heran und habe auch mehrere Versprechen gebrochen. "Mit der 10-H-Regel blockiert der Freistaat die Klimawende, auch im Landkreis", so Schardt. "Im Forstenrieder Park könnten ohne die Regel zehn statt nur fünf Windräder entstehen." Auch das Wahlkampf-Versprechen eines 365-Euro-Tickets habe die Staatsregierung nicht eingelöst, "und vom Radschnellweg nach Garching und Unterhaching, für den sich Minister Scheuer noch hatte feiern lassen, ist noch kein einziger Meter gebaut", so Schardt. "Da wirkt jetzt der Vorstoß der Ministerin nur noch wie ein Feigenblatt beim Klimaschutz."

Dennoch wird der Ausschuss wohl zustimmen, denn beschlossen hat er schon im vergangenen Jahr, das Radwegenetz auch in den Forsten auszubauen und sich daran finanziell zu beteiligen. Das zielt vor allem auf die im Rahmen der sogenannte Radtangente untersuchte Strecke zwischen Geiselgasteig und Unterhaching ab, die stark verbesserungswürdig sei. Und auch Gespräche mit betroffenen Forstbetriebsleitern hätten bereits stattgefunden, heißt es aus dem Landratsamt. Jetzt muss nur noch die Staatsregierung bezahlen.

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