Vorausgeschaut:Fischessen und Politikfasten

Vorausgeschaut: Backfisch, Weißbier und Trachtenjanker: Bei der CSU wird die Tradition des Fischessens am Aschermittwoch gepflegt.

Backfisch, Weißbier und Trachtenjanker: Bei der CSU wird die Tradition des Fischessens am Aschermittwoch gepflegt.

(Foto: Hartmut Pöstges)

Während sich die CSU-Kandidaten im Landkreis München am Aschermittwoch vor Parteifreunden präsentieren, halten sich SPD und Grüne zurück.

Von Annette Jäger, Landkreis München

Mit einem feinen Fastensüppchen, gefolgt von Matjes nach Hausfrauenart an Petersilienkartoffel, wahlweise auch von gegrilltem Zander auf Ratatouillegemüse, lässt es sich doch gut am Aschermittwoch in die Fastenzeit gleiten. Das bisschen Extrawürze an dem Abend, bei dem traditionell Fisch und Politik zusammenfinden, liefern im Landkreis München die zwei CSU-Kandidaten für die Landtagswahl im Herbst. Für sie ist der Termin so früh im Wahljahr eine gute Gelegenheit, sich zu zeigen und auf Tuchfühlung mit ihren Wählern zu gehen.

Derber Schlagabtausch, den politischen Gegner hemmungslos attackieren und heftig zu polemisieren sind die Charaktereigenschaften des politischen Aschermittwochs. Als bayerische Tradition soll er bis ins 16. Jahrhundert zurückzuverfolgen sein. Heute läuft der Abend vielerorts gesitteter ab. "Wer mich kennt, weiß, dass es nicht meine Art ist, über andere zu sprechen", sagt Maximilian Böltl. "Ich bin nicht die Abteilung Attacke." Der Kirchheimer Bürgermeister, der als Direktkandidat der CSU im Stimmkreis München-Land Nord antritt, darf gleich zwei Mal mit prominenten Parteifreunden Fisch essen: am Aschermittwoch, 22. Februar, an der Seite von Bayerns Digitalministerin Judith Gerlach im Bürgerhaus Putzbrunn (19 Uhr) und noch einmal am Freitag, 24. Februar, in Victor's Residenz Hotel in Unterschleißheim mit Staatskanzleichef Florian Herrmann (18 Uhr), da heißt die Veranstaltung dann nur noch "Politisches Fischessen".

Maximilian Böltl will Meinungen "aufsaugen wie ein Schwamm"

Böltl will eher zuhören bei beiden Auftritten: Er will nach eigener Aussage Meinungen "aufsaugen wie ein Schwamm" und ein Gefühl für die Stimmung unter den Gästen bekommen. Den großen Auftritt am Mikrophon überlässt er dem Minister und der Ministerin, er reduziert sich auf ein Grußwort. Aber ein Thema für dieses steht schon fest: die neue Definition von Wohlstand. Dass dazu nicht nur ein gutes Einkommen, sondern auch eine saubere Umwelt gehört, "das wird auch ein Fischessen zu hören bekommen".

Gerade im Wahljahr hat der politische Aschermittwoch eine ganz besondere Bedeutung. Wer von seinen Wählern die Stimme erhalten möchte, will sicherstellen, dass er in den eigenen Reihen gut ankommt, sagt Stefan Krimmer, der als CSU-Ortsvorsitzender in Unterschleißheim zum Fischessen einlädt. Der Abend bietet die Gelegenheit einer "guten Rückkopplung an die Basis." Unterhaltungsfaktor darf dabei sein.

Als "wunderbare Tradition" betrachtet Kerstin Schreyer, ehemalige Staatsministerin und CSU-Direktkandidatin für den Stimmkreis München-Land Süd, den politischen Aschermittwoch. Er erlaube es, "etwas pointierter" die politische Gemengelage anzuschauen. Genau das will sie mal wieder in Grünwald tun, wo sie alle paar Jahre vom CSU-Ortsverband zum Fischessen eingeladen wird, heuer in den Alten Wirt (19 Uhr). Ihr mache es Spaß, die Themen etwas "reflektierter" anzusehen. Vermutlich wird sie ihren Blick auf den Wahlausgang nach Berlin richten, sollte der am Mittwoch noch aktuell sein, meint sie. Und auch wie die Frage, wie "wir alle durch Putins-Angriffskrieg kommen", zu lösen ist, wird ein Thema sein. Die Antwort sind ihrer Meinung nach "nicht Waschlappen", wie es die Grünen in ihren Augen propagieren, sondern lieber das Angebot an Energie zu erhöhen, wie es die CSU für richtig hält. Mit dieser zugespitzten Aussage spielt sie auf eine Äußerung des baden-württembergischen Grünen-Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann an, der die Nützlichkeit des Waschlappens gegenüber ständigem Duschen vor dem Hintergrund des Energiesparens lobte. "Polarisierung braucht der Aschermittwoch", findet Schreyer. Aber meist sage sie dann doch spontan etwas ganz anderes, als sie sich vorher überlegt habe.

"Ein Hochfest der politischen Auseinandersetzung ist das nicht", sagt Florian Schardt

Einer kann mit dem politischen Aschermittwoch so gar nichts anfangen. Für Florian Schardt, SPD-Kreischef und Direktkandidat im Stimmkreis Nord, eignet sich der Termin gerade mal als "Bullshit-Bingo" mit Freunden. Jeder wisse schon im Vorfeld, was der andere sage. "Ein Hochfest der politischen Auseinandersetzung ist das nicht." Er würde dem Fanclub des politischen Aschermittwochs jedenfalls nicht unbedingt beitreten. Seitdem im Internet jeder jederzeit ein Video mit seiner Meinung posten könne, sei der Aschermittwoch "ein Relikt vergangener Tage". Im ganzen Landkreis München findet sich heuer kein mit Politik gewürztes Fischessen der SPD, auch von den Grünen kam keine Einladung zum politischen Aschermittwoch.

Wenn bei der CSU dann das Dessert serviert wird - in Unterschleißheim Apfelstrudel mit Vanilleeis - haben sich Schreyer und Böltl längst unters Volk an die Tische gesellt. Dass sie nicht nur rede und dann wieder gehe, sei für sie selbstverständlich, "Politik lebt davon, dass man im Gespräch ist", sagt Schreyer. Außerdem isst sie gerne Fisch. Am Ende wird es wohl ein Abend der großen gegenseitigen Bestärkung sein, so ist es zumindest zu erwarten, denn: Man ist ja unter sich.

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