Seit fast zwei Monaten ruhen die Bauarbeiten an den drei Windrädern im Höhenkirchner Forst. Anfang Juli hatte der Bayerische Verwaltungsgerichtshof die Errichtung der Rotoren durch die Gemeinden Höhenkirchen-Siegertsbrunn, Egmating und Oberpframmern gestoppt und der Klage des Vereins für Landschaftspflege, Artenschutz und Biodiversität (VLAB) in weiten Teilen Recht gegeben. Am Dienstag hat der Verwaltungsgerichtshof nun seine Urteilsbegründung an die Verfahrensbeteiligten geschickt. Diese sollen nun Stellung beziehen, ebenso die Gemeinde Ottobrunn. Denn auch die hat in Person von Bürgermeister Thomas Loderer (CSU) Klage gegen den Bau der Windräder im Höhenkirchner Forst eingereicht.
In seiner ausführlichen Urteilsbegründung führt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof aus, warum er die Genehmigung der drei Windräder durch das Münchner Landratsamt im Oktober 2023 kassiert hat. Alle drei Windenergieanlagen sollen im Wasserschutzgebiet in der Zone III A entstehen, eine besonders nah an der höher geschützten Schutzzone II. Vor allem für die Zeit der Bauphase der Windräder erkennt der Senat des Verwaltungsgerichtshofs an, dass Gefährdungen des Grundwassers etwa durch Verunreinigungen und ausgetretenen Schadstoffe nicht ausgeschlossen werden können.
Konkret urteilt das Gericht: „Vor diesem Hintergrund kann eine Gefährdung des Schutzzwecks der Wasserschutzgebietsverordnungen durch den Bau der Windenergieanlagen nach Überzeugung des Senats nicht verneint werden.“ Ferner kommt der Verwaltungsgerichtshof zu dem Schluss, dass Alternativstandorte für die Errichtung der jeweils bis zu 250 Meter hohen Anlagen des Herstellers Enercon hätten geprüft werden müssen.
Im Juni dieses Jahres hat die Sorge um das Grundwasser auch Ottobrunns Bürgermeister Loderer auf den Plan gerufen. Seine Gemeinde bezieht einen Großteil ihres Trinkwassers aus zwei Brunnen der Wasserwerke Hohenbrunn in der Nähe der geplanten Windenergie-Standorte. Loderer reichte – zunächst ohne Zustimmung des Gemeinderats – Klage beim Münchner Verwaltungsgericht ein, das den Fall an den Verwaltungsgerichtshof verwies. Der eigenmächtige Schritt brachte Loderer eine Dienstaufsichtsbeschwerde seitens der Grünen, SPD, Bürgervereinigung Ottobrunn (BVO) und FDP im Gemeinderat beim Münchner Landratsamt ein, das eine nachträgliche Genehmigung der Klage einforderte – diese erteilte der Gemeinderat auch mit knapper Mehrheit.
In Aying werden demnächst Bauteile angeliefert
Wann die Klage der Gemeinde Ottobrunn gegen die Genehmigung des kleinen Windparks im Höhenkirchner Forst verhandelt wird, steht indes noch nicht fest. Auf Nachfrage teilt ein Sprecher des Verwaltungsgerichtshofs mit, es sei noch kein Termin anberaumt worden und auch nicht absehbar, „wann und ob ein solcher stattfinden wird“. Es solle zunächst „die Reaktion der Beteiligten und die der Gemeinde Ottobrunn“ auf die Urteilsbegründung im Falle der Klage des VLAB abgewartet werden und, „ob und wie es mit dem Klageverfahren der Gemeinde weitergeht“.
Ottobrunns Bürgermeister Loderer zeigte sich am Mittwoch davon überrascht und sagte, er habe von der ausführlichen Urteilsbegründung bisher weder Kenntnis noch diese erhalten. Möglicherweise gehe der Verwaltungsgerichtshof davon aus, dass die Gemeinde Ottobrunn in Kenntnis der Begründung die eigene Klage zurückziehen könnte, sagte Loderer. „Ich war bei der Verhandlung ja dabei und kenne bisher nur die mündliche Begründung. Und auf dieser Basis hat unsere Klage ihre Berechtigung“, sagte Loderer. „Ich wüsste auch nicht, warum wir nicht weiter darauf bestehen sollen.“ Zudem müsse er, wenn das Schreiben das Ottobrunner Rathaus erreicht, auch Rücksprache mit der beauftragten Anwältin halten. „Eilig haben wir es in der Sache nicht“, sagte Loderer. „Unser Ziel war es, die Baustelle einzustellen – und das haben wir erreicht.“
Während im Höhenkirchner Forst die Bauarbeiten an den drei Rotoren ruhen, gehen die Arbeiten an den drei Windrädern im Hofoldinger Forst unbeirrt weiter. Auf den drei Flächen, jeweils auf Sauerlacher, Otterfinger und Ayinger Flur, sind mittlerweile die Arbeiten so weit fortgeschritten, dass bald die Fundamente für die Türme der Windräder gegossen werden können. „Alles läuft nach Plan, wenn auch knapp“, sagt Sauerlachs Bürgermeisterin Barbara Bogner (Unabhängige Bürgervereinigung). Zuletzt seien auch die sogenannten Lastprüfungen abgeschlossen worden, mit denen eruiert wird, ob die Wege im Wald die gewaltigen Lasten beim Transport der Einzelteile und des Krans bewältigen können. „Und wir haben auch alle Bauauflagen erfüllt, die wir erfüllen mussten“, so Bogner. „Zum Beispiel steht jetzt ein Bagger vor Ort, wenn etwa Öl auf der Baustelle ausläuft.“
Gegen das Projekt im Hofoldinger Forst, das die Gemeinden Sauerlach, Otterfing und Aying gemeinsam unter dem Dach der Bürgerwind GmbH Hofoldinger Forst stemmen, hat es anders als im Höhenkirchner Forst keine einzige Klage gegeben. Obwohl zum Beispiel auch das Sauerlacher Windrad im Wasserschutzgebiet steht. „Aber in der Zone III B“, sagt Bogner. „Also in der äußersten Zone des Wasserschutzgebietes, die weniger schutzbedürftig ist.“ Sie persönlich habe gedacht, dass auch das Projekt im Höhenkirchner Forst durchgehe. „Ich hoffe, dass man dort nachjustiert und alles gut wird“, so die Sauerlacher Bürgermeisterin.
Was auf die drei Gemeinden im Hofoldinger Forst zukommen wird, wird sich schon in den kommenden Wochen ein wenig weiter südlich in Feldkirchen-Westerham im Landkreis Rosenheim beobachten lassen. Auch dort entsteht ein Windrad der Firma Enercon mit 250 Metern Höhe nahe der Grenze zu Aying. Weil dort die Windrad-Teile und der Kran anders als im Hofoldinger Forst nicht über die Autobahn angeliefert werden können, werden diese in den Ayinger Gemeindeteilen Peiß und Helfendorf an der Rosenheimer Straße gelagert. „Da können die Ayinger dann schon mal sehen, wie das ablaufen wird“, sagt Bürgermeister Peter Wagner (CSU). „Aber jeder muss wissen: Das ist noch nicht unser Windradl.“