Süddeutsche Zeitung

Widerstand:Entschiedene Gegner des Nazi-Regimes

Zwei Vorträge widmen sich in dieser Woche Edith Stein und Walter Klingenbeck. Sie sind Namensgeber für Schulen im Landkreis München.

Von Martin Mühlfenzl

Eine offizielle Antwort aus dem Vatikan hat Edith Stein nie erhalten. "Wir alle, die treue Kinder der Kirche sind und die Verhältnisse in Deutschland mit offenen Augen betrachten, fürchten das Schlimmste für das Ansehen der Kirche, wenn das Schweigen noch länger anhält", schrieb die Philosophin und Frauenrechtlerin kurz nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933 an Papst Pius XI. - verbunden mit der Bitte, öffentlich gegen die Judenverfolgung zu protestieren. Umsonst.

Gleich zwei Vorträge widmen sich in dieser Woche in Unterschleißheim und Unterhaching entschiedenen Gegnern des Nazi-Regimes: dem jugendlichen Widerstandskämpfer und gläubigen Katholiken Walter Klingenbeck, dessen Namen die Realschule in Taufkirchen trägt, und der Ordensfrau jüdischer Herkunft Edith Stein, die in der katholischen Kirche als Heilige und Märtyrerin verehrt wird und Namenspatronin des Seh- und Blindenzentrums Südbayern in Unterschleißheim ist.

Dort wird sich am Donnerstag, 7. November, von 19 Uhr an im Südturm am Pater-Setzer-Platz 1 Pater Ulrich Dobhan dem Menschen Edith Stein in seinem Vortrag annähern. Dobhan ist deutscher Provinzial des Teresianischen Karmels (Unbeschuhte Karmeliten) sowie Schriftleiter und Mitherausgeber des Edith-Stein-Jahrbuchs. Dobhan will ein Lebensbild Edith Steins zeichnen - von ihrer Geburt in einer jüdisch-orthodoxen Familie am 12. Oktober 1891 in Breslau über ihr berufliches Leben als Philosophin, Publizistin und Lehrerin, ihrer Hinwendung zum katholischen Glauben bis zu ihrer Ermordung durch die Nationalsozialisten am 9. August 1942 im Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau. Vielen gilt Stein als Brückenbauerin zwischen Christen und Juden.

Das Seh- und Behindertenzentrum bittet Interessierte um eine Anmeldung. Diese ist telefonisch (089/31 00 01 16 21) oder per E-Mail (info@sbz.de) möglich. Der Eintritt ist frei, Spenden zugunsten des Seh- und Behindertenzentrums werden angenommen.

Der Person Walter Klingenbeck widmet sich einen Tag zuvor am Mittwoch, 6. November, die Historikerin Denise Reitzenstein von 19.30 Uhr an im Unterhachinger Pfarrheim St. Alto an der Max-Planck-Straße 2. Ihr Vortrag ist Bestandteil der Vortragsreihe "Glaubenszeugen und Märtyrer im 20./21. Jahrhundert" der Katholischen Erwachsenenbildung (KEB) im Pfarrverband Unterhaching. Reitzenberger wird sich dabei dem "heroischen Lebenszeugnis des jungen Walter Klingenbeck" annähern, wie es in der Ankündigung heißt.

Klingenbeck wurde am 30. März 1924 in München geboren, von seinen Eltern erhielt er eine selbstbewusste katholische Erziehung und er war in der Katholischen Jungschar von St. Ludwig aktiv, die 1936 von den Nationalsozialisten aufgelöst wurde. Im Jahr 1941 begann Klingenbeck, als Elektromechaniker zu arbeiten, und hörte als leidenschaftlicher Radiobastler heimlich Radio Vatikan und BBC. Gemeinsam mit Freunden plante er den Aufbau eines eigenen Widerstandsradios und bereitete Flugblätter vor.

Doch er wurde von einem Bekannten verraten und unter anderem wegen der Vorbereitung zum Hochverrat angeklagt. Trotz seines jugendlichen Alters wurde er am 24. September 1942 mit seinen beiden Freunden zum Tode verurteilt und am 5. August 1943 in der Haftanstalt Stadelheim mit dem Fallbeil hingerichtet. Walter Klingenbeck liegt auf dem Münchner Westfriedhof begraben.

Der Eintritt zum Vortrag von Historikerin Reitzenstein im Unterhachinger Pfarrheim St. Alto ist frei, eine Anmeldung ist nicht erforderlich.

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SZ vom 04.11.2019/wkr
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