Nahverkehr:Münchner Landrat plädiert für Neun-Euro-Ticket-Nachfolger

Nahverkehr: Mit Söder im Bus: Der Münchner Landrat Christoph Göbel bei einem Fototermin mit dem damaligen Finanzminister zur Einführung von Wlan im Regionalverkehr.

Mit Söder im Bus: Der Münchner Landrat Christoph Göbel bei einem Fototermin mit dem damaligen Finanzminister zur Einführung von Wlan im Regionalverkehr.

(Foto: Claus Schunk)

Angesichts der anstehenden MVV-Tariferhöhung fordert auch der CSU-Politiker Christoph Göbel eine dauerhafte Entlastung der Pendler - und widerspricht damit Verkehrsminister Bernreiter.

Von Martin Mühlfenzl, Landkreis München

Markus Büchler hat eine außergewöhnliche Bahnreise hinter sich: Der Landtagsabgeordnete der Grünen aus Oberschleißheim ist mit dem Zug von München nach Istanbul gefahren. Nahezu 1600 Kilometer für etwas mehr als 100 Euro pro Person. Als Büchler am Mittwochnachmittag im Mobilitätsausschuss des Münchner Kreistags nachfragte, was es denn mit der möglichen Anhebung der Fahrpreise im Münchner Verkehrs- und Tarifverbund sowie der Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG) auf sich habe, dürfte ihm wieder eingefallen sein, dass Schienenverkehr auch günstig sein kann. Wie andere Kreispolitiker auch kritisiert Büchler eine weitere Belastung der Pendler - und setzt sich zudem vehement für ein Nachfolgemodell für das Ende August abgelaufene Neun-Euro-Ticket ein. Damit rannte er sogar bei Landrat Christoph Göbel (CSU) offene Türen ein.

Am Montag war durchgesickert, dass im Dezember eine Tariferhöhung um 6,9 Prozent ansteht. Ob es wirklich so kommt, darüber berät an diesem Freitag die MVV-Gesellschafterversammlung, der neben den acht Verbundlandkreisen auch der Freistaat und die Landeshauptstadt München angehören. Mit am Tisch wird dann auch Münchens Landrat Christoph Göbel (CSU) sitzen, der es im Mobilitätsausschuss als "kindisch" und "unprofessionell" bezeichnete, dass Details über eine mögliche Tariferhöhung durchgestochen worden waren. Qua Funktion als Gesellschafter dürfe er öffentlich nicht über den Stand der Verhandlungen sprechen, antwortete der Landrat auf Büchlers Frage, um dann doch wenigstens etwas zu sagen. Angesichts der massiven Preissteigerungen müsse der MVV reagieren, und ein Teil der Einnahmen müsse auch "ticketfinanziert" werden, so Göbel.

Dann kam das große Aber des Landrats, das sicher auch Bayerns Verkehrsminister Christian Bernreiter (CSU) aufhorchen lassen dürfte, der sich seit Wochen gegen eine Nachfolgeregelung des Neun-Euro-Tickets sperrt: Die Diskussion zeige aber vor allem, wie wichtige eine Nachfolgeregelung für das Neun-Euro-Ticket sei, sagt Göbel. "Ich hoffe, es kommt so schnell wie möglich zu einer Dauerlösung." Klar sei dabei aber auch, neun Euro könne so ein Ticket nicht mehr kosten.

"Erst hat der Bundesfinanzminister blockiert, jetzt ist es Bayerns Verkehrsminister."

Damit war der Ton gesetzt, der Konsens im Landkreis München zu sein scheint. SPD-Fraktionssprecher Florian Schardt sagte auf SZ-Nachfrage, eine Erhöhung der Ticketpreise und die damit verbundene zusätzliche Belastung der Menschen sei in dieser Zeit "das vollkommen falsche Signal"; gleichwohl, so der Ottobrunner, sei der Kostendruck auf die Verkehrsverbünde angesichts der Preissteigerungen enorm. Deshalb sei jetzt auch zunächst der Landrat gefragt, in den Verhandlungen alles Mögliche zu tun, um die Belastungen für die Menschen so gering wie möglich zu halten.

Auch für den Sozialdemokraten Schardt liegt die eigentliche Lösung in einer dauerhaften Nachfolge für das Neun-Euro-Ticket. "Deshalb wundert es mich auch, dass die Diskussion jetzt aufkommt. Wieso wartet man nicht ein paar Wochen, bis man sich in Berlin auf eine Lösung verständigt hat", fragt er. Doch auch der Freistaat müsse sich aus seiner Sicht jetzt endlich bewegen und dürfe eine Nachfolgeregelung nicht weiter blockieren, so Schardt.

Auch der Bahnreisende Büchler erkennt an, dass der MVV unter gehörigem Druck steht. Steigende Materialkosten, Energiepreise, Löhne würden dem Verkehrsverbund natürlich zusetzen, so der Grüne, aber eine Erhöhung der Ticketpreise alleine um nahezu sieben Prozent würde ohnehin nicht ausreichen. Und auch die kommunale Ebene, der auch in anderen Bereichen immer mehr Aufgaben übertragen würden, sei nicht in der Lage, diese Preissteigerungen zu kompensieren. "Es ist die Aufgabe von Bund und Land, die Menschen zu entlasten", sagt Büchler - und im ÖPNV gehe dies am besten mit einem funktionierenden und preisgünstigen Nachfolgemodell für das Neun-Euro-Ticket. "Und die hätten wir längst haben können", findet der Oberschleißheimer. "Erst hat der Bundesfinanzminister blockiert, jetzt ist es Bayerns Verkehrsminister."

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