Kommunalpolitik:"Alle andern müssen ja auch länger arbeiten"

Kommunalpolitik: Bisher müssen Bürgermeister ihren Schreibtisch räumen, wenn sie zu Beginn der neuen Amtsperiode 67 Jahre alt wären.

Bisher müssen Bürgermeister ihren Schreibtisch räumen, wenn sie zu Beginn der neuen Amtsperiode 67 Jahre alt wären.

(Foto: Georgine Treybal)

Bürgermeister aus dem Landkreis unterstützen Markus Söders Pläne zur Abschaffung der Altersbegrenzung für Landräte und Rathauschefs. Selbst profitieren könnte davon einzig Edwin Klostermeier in Putzbrunn - und der ist noch unentschlossen.

Von Martin Mühlfenzl, Landkreis München

Aus der "Lex Reiter" könnte schon sehr bald auch eine "Lex Klostermeier" werden. Im März 2024 wird in der Gemeinde Putzbrunn außer Turnus ein neuer Bürgermeister gewählt, und bisher ist der sozialdemokratische Amtsinhaber Edwin Klostermeier fest davon ausgegangen, dann nach drei Wahlperioden als Rathauschef mit 68 Jahren in den Ruhestand zu gehen. Möglicherweise aber führt die Ankündigung von Ministerpräsident Markus Söder (CSU), die bestehende Altersgrenze für Landräte und Bürgermeister von 67 Jahren zu kippen, doch dazu, dass bei Klostermeier ein Umdenken einsetzt. Auf Nachfrage gab er sich am Donnerstag zunächst vollkommen überrascht von Söders Vorstoß: "Bisher habe ich mir keine Gedanken gemacht, weil es rechtlich nicht möglich war. Da muss ich mir jetzt erst mal Zeit nehmen und überlegen."

Kommunalpolitik: Nach geltendem Recht dürfte Putzbrunns Rathauschef Edwin Klostermeier (SPD) bei der Bürgermeisterwahl im März 2023 nicht noch einmal antreten.

Nach geltendem Recht dürfte Putzbrunns Rathauschef Edwin Klostermeier (SPD) bei der Bürgermeisterwahl im März 2023 nicht noch einmal antreten.

(Foto: Claus Schunk)

Klostermeier ist der einzige Rathauschef im Landkreis München, der von der derzeit noch geltenden Altersbegrenzung betroffen ist. Bei den regulären Kommunalwahlen, die im Frühjahr 2026 stattfinden werden, reißt sonst keine Bürgermeisterin und kein Bürgermeister die Marke von 67 Jahren bei Amtsantritt. Anders als Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD), der 2026 kurz nach der Kommunalwahl seinen 68. Geburtstag feiern wird und damit eigentlich nicht mehr antreten dürfte - die Ankündigung Söders hat Münchens OB dementsprechend wohlwollend zur Kenntnis genommen und gesagt, er verspüre "große Lust" auf eine dritte Amtszeit.

In die könnte in drei Jahren auch Neurieds Rathauschef Harald Zipfel gehen, der wenige Monate vor der Wahl seinen 66. Geburtstag feiern wird. Und Stand jetzt sei eine erneute Kandidatur "wahrscheinlich", sagt der Sozialdemokrat. "Ich habe früher immer gesagt: Zwölf Jahre reichen. Aber wenn kein frischer Wind in Sicht ist, werde ich wohl noch einmal antreten", sagt Zipfel, der sich ebenfalls dafür ausspricht, die Altersbegrenzung abzuschaffen: "Es gibt auch viele Kollegen gerade auf dem Land, die keinen Nachfolger finden. Da ergibt diese Regelung dann wirklich keinen Sinn." Auch er erkenne derzeit keinen geeigneten Nachfolger für sich selbst.

Der damalige Feldkirchner Bürgermeister Werner van der Weck hat vor drei Jahren seine Karriere im Alter von 68 Jahren beenden müssen. Der SPD-Politiker hätte gerne noch für eine dritte Amtszeit kandidiert, wie er heute sagt. Bedauern aber empfinde er nicht: "Ich genieße die Zeit jetzt, ich bin frei", erzählt van der Weck. Die Altersbeschränkung aber müsse endlich fallen, fordert er, schließlich soll der Bürger entscheiden, wer für das Amt des Bürgermeisters geeignet ist. "Und da kann die Antwort auch lauten: Das macht einer gut, der schon 70 ist." Aus van der Wecks Sicht kann es aber sinnvoll sein, die Amtszeit von Bürgermeistern zu beschränken: "Wenn ein Bürgermeister zu lange dran ist, dreht er sich auch im eigenen Saft. Zwei Perioden, also zwölf Jahre, würden schon reichen."

Kommunalpolitik: Barbara Bogner (UBV) ist seit 2008 Rathauschefin in Sauerlach.

Barbara Bogner (UBV) ist seit 2008 Rathauschefin in Sauerlach.

(Foto: Claus Schunk)

Bereits 18 Jahre wird Sauerlachs Bürgermeisterin Barbara Bogner (Unabhängige Bürgervereinigung) bei der Kommunalwahl 2026 im Amt sein. Ob sie sich dann als 64-Jährige um eine vierte Amtszeit bemühen wird, stehe noch nicht fest, sagt sie. "Das entscheide ich im Herbst vor der Wahl. Es kommt schon auch darauf an, ob man noch fit ist", erklärt die ehemalige Lehrerin. "Aber wenn ich es mache, dann verpflichte ich mich auf auf die vollen sechs Jahre." Auch Bogner sieht die Altersgrenze für Bürgermeister kritisch: "Alle andern müssen ja auch länger arbeiten. Wir im Beamtenstatus sollten da auch Vorreiter sein." Und wie ihr Amtskollege Zipfel weist auch Bogner darauf hin, dass es im ländlichen Raum oft schwer sei, überhaupt einen Kandidaten zu finden: "Gerade in kleineren Orten. Deshalb gibt es ja auch für ehrenamtliche Bürgermeister keine Altersgrenze."

"Man treibt auch Raubbau an sich selbst als Bürgermeister"

Ein solcher war Helmut Englmann (CSU) - zumindest in seiner letzten Amtsperiode als Aschheimer Bürgermeister. Um ihm, der insgesamt 30 Jahre lang Rathauschef war, diese im Jahr 2008 zu ermöglichen, stufte der Gemeinderat einst das Bürgermeisteramt vom Hauptberuf zum Ehrenamt herab. Ein ungewöhnlicher und einmaliger Vorgang im Landkreis München. So lange wollte Günter Heyland (Freie Wähler) nie an seinem Amt kleben; er stellte sich 2020 nach zwölf Jahren als Bürgermeister von Neubiberg 59-jährig nicht mehr der Wiederwahl. Ihm sei dabei auch die Geschichte von Josef Schneider (SPD) ein mahnendes Beispiel gewesen, erzählt er, der von 1972 bis 2000 erster Bürgermeister Neubibergs war und kurz nach seinem Rücktritt, von Krankheit gezeichnet, starb. "In so eine Situation wollte ich nicht reinrutschen", sagt Heyland. "Man treibt auch Raubbau an sich selbst als Bürgermeister." Dennoch spricht auch er sich für ein Ende der Altersbegrenzung aus: "Diese resultiert ja nur aus dem Beamtenrecht."

Putzbrunns Bürgermeister Edwin Klostermeier plädiert ebenfalls für die Abschaffung: "Egal ob Abgeordneter oder Ministerpräsident, man setzt voraus, dass sie es im Alter noch schaffen. Warum soll das bei Bürgermeistern nicht gehen?", fragt er. Aber er sagt auch, für ihn selbst seien alle Optionen offen, auch das Karriereende, mit dem er ohnehin gerechnet hat. Und das würde sowieso drohen, wenn der bayerische Landtag Söders Initiative nicht rechtzeitig umsetzt - und noch hat der Ministerpräsident nicht präzisiert, wann er den entsprechenden Artikel über die "Wählbarkeit für das Amt des ersten Bürgermeisters und des Landrats" ändern lassen will.

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