Klimaschutz:Viele Ziele, wenig Fortschritt

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2012 gab es schon einmal eine Klimakonferenz des Landkreises München. An Konzepten mangelt es seither nicht. (Foto: Claus Schunk/)

Die SPD kritisiert vor der Klimakonferenz des Landkreises München, dass bei der Energiewende nur auf dem Papier etwas vorangeht. Statt immer neuer Vorgaben sollten die Hürden für konkrete Projekt aus dem Weg geräumt werden.

Von Bernhard Lohr, Garching

Im Garchinger Norden dreht sich ein Windrad, weitere stehen im Hofoldinger Forst, im Höhenkirchner Forst und im Forstenrieder Park. Und entlang der Autobahnen blitzen Solarmodule im Sonnenlicht. Auf dem Papier ist die Energiewende im Landkreis München weit gediehen. Doch in Wirklichkeit hängen viele Projekte, über die seit Jahren alle reden, in der Warteschleife fest. Die SPD macht deshalb vor der Klimakonferenz des Landkreises, die am 25. Mai mit Vertretern der Städte und Gemeinden in Taufkirchen stattfinden soll, Druck. Ihr Fraktionschef Florian Schardt forderte am Montag in der Kreistagssitzung in Garching, endlich "Hürden wegzuräumen", anstatt immer nur wieder neue Excel-Tabellen auszufüllen.

Anlass für den Weckruf bieten die aktuellen Bemühungen des Landkreises, eine Art Fahrplan zur Klimaneutralität aufzustellen. Auf der Klimakonferenz sollen die Rathäuser Jahreszahlen für das Erreichen von drei Etappen bis hin zur Klimaneutralität benennen. Davon abgeleitet will der Landkreis sein Klimaziel formulieren. Flankiert wird das Ganze vom Landratsamt mit der Aufforderung an die Rathäuser, die Zahlen mit konkreten Maßnahmen zu hinterlegen. Tatsächlich sind schon einige Excel-Tabellen ausgefüllt worden. Doch die Frage ist angesichts der wachsenden Klimakrise laut Schardt, was umgesetzt wird. Und da hat er seine Zweifel, dass der Landkreis wirklich etwas bewegen kann.

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Eingebracht hat sich der Landkreis beim Klimathema schon früh. Der Kreistag erneuerte zuletzt 2016 seine Strategie und gab als Ziel aus, den Pro-Kopf-Ausstoß an Klimagasen von 13 Tonnen im Jahr 2010 auf sechs Tonnen bis 2030 zu drücken. Mit dem Einstieg bei der Energieagentur Ebersberg baute der Landkreis die Unterstützungsmaßnahmen für Kommunen, Bürger und Wirtschaft aus. Mittlerweile gilt das Ziel von 2016 als überholt. Der Bund hat per Gesetz das Jahr 2045 bis zur Klimaneutralität festgelegt, Bayern strebt 2040 an. Und jetzt will der Landkreis, wie Landrat Christoph Göbel (CSU) als Replik auf Schardts Kritik betonte, eine "Neudefinition" seiner Ziele erreichen.

Doch ist das wirklich mehr als eine Ankündigung? Die Vorgaben des Landkreises haben für die einzelnen Kommunen keine Bindungskraft. Signale aus den Rathäusern deuten darauf hin, dass die Klimakonferenz eher als eine Messe oder als Informationsveranstaltung für Bürger angesehen wird, denn als Termin, bei dem Tacheles geredet und Verbindliches vereinbart wird. Dabei gäbe es viel Dringliches, wie Schardt im Kreistag betonte. Windräder im Norden des Landkreises wie in Garching scheiterten seit Jahren an den Vorgaben der Deutschen Flugsicherung, weshalb er forderte, mit deren Vertretern endlich direkt nach Lösungen zu suchen.

Weitere Defizite benannte Schardt beim Ausbau der Photovoltaik-Kapazitäten, die oft an begrenzten Netzen scheiterten. Er schilderte den Fall eines Landwirts, der im Sommer seine Solarmodule vom Netz nehmen müsse, weil dieses nichts mehr aufnehmen könne. Darüber müsse man mit Netzbetreibern wie dem Bayernwerk den Dialog suchen. Ein weiteres Problem machte der SPD-Fraktionschef bei der Wärmewende aus, wo in Bayern die Gesetzeslage Bohrungen für oberflächennahe Erdwärme erschwere. Andere Bundesländer seien da weiter. Schardt berichtete, dass auf diesem Gebiet auf Ebene des Freistaats Gespräche liefen, aber das müsse alles beschleunigt und konkretisiert werden.

Windkraft-Positivplanung für die gemeindefreien Gebiete

Der Kritik zum Trotz beschloss der Kreistag gegen die Stimmen der AfD, weiter an den Klimaschutz-Zielen zu arbeiten. Der aktuell neu aufgelegte Treibhausgasbericht soll als Controlling-Instrument dabei helfen. Außerdem bringt sich der Landkreis bei der Windkraft weiter ein, obwohl er auch dort allenfalls anschieben, aber nicht direkt entscheiden kann. Missverständnisse schließt das nicht aus. So zeigten sich einige Rathäuser irritiert darüber, dass der Kreis über ein Forschungsprojekt eine Positivplanung für Windkraftprojekte im Landkreis anschieben will. Sie sahen sich in ihrer Planungshoheit berührt. Landrat Göbel suchte deshalb kürzlich das Gespräch mit den Bürgermeistern und konnte deren Befürchtungen zerstreuen.

Um was geht es? Mit der Positivplanung will der Landkreis Göbel zufolge lediglich Windkraft-Potenziale in gemeindefreien Gebieten wie den großen Forsten im Landkreis ausloten, um diese dann an den Regionalen Planungsverband zu melden, der gerade dabei ist, Vorranggebiete festzulegen. Göbel beteuerte auf Anfrage von Manfred Riederle (FDP), dass man den Kommunen nicht reinregieren wolle. Aber man müsse auf das "Dilemma" eine Antwort geben, dass die Zuständigkeit für große gemeindefreie Waldgebiete nicht klar sei. "Sich herumzudrücken, bringt meiner Meinung nach nichts." Der Kreistag beschloss zudem, dass sich der Landkreis einer von Unterhaching, Oberhaching und Taufkirchen ins Leben gerufenen Arbeitsgemeinschaft Windkraft im Perlacher Forst anschließt. Auch Neubiberg hat Interesse angemeldet.

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