Jahresrückblick 2024:Vorrang für Radler und Autofahrer

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Seit diesem Sommer rauschen Pendlerinnen und Pendler auf dem ersten, drei Kilometer langen Teilabschnitt des Radschnellwegs in Garching dahin. (Foto: Robert Haas)

Die A 99 wird erweitert und der Radschnellweg nach Garching endlich gebaut. Der Deutschen Bahn aber zerbröselt ihre Infrastruktur.

Von Martin Mühlfenzl, Landkreis München

Wie unter einem Brennglas lässt sich im Landkreis München beobachten, wie gleichermaßen Politikversagen und der Wille zur Veränderung das ganze Land prägen. Wie versucht wird, die Verkehrswende hinzubekommen und Menschen zum Umstieg vom Auto auf das Fahrrad zu bewegen. Und gleichzeitig dem motorisierten Individualverkehr mehr Raum eingeräumt wird, während die Schieneninfrastruktur immer weiter zerbröselt, respektive deren Instandhaltung und Sanierung Jahre, wenn nicht gar Jahrzehnte dauert. Es ist ein Schauspiel, bei dem die Landeshauptstadt und das Umland immer weiter im Verkehr versinken.

Doch es gibt tatsächlich Lösungsansätze für ein Gelingen der Verkehrswende, die Strahlkraft weit über einzelne Städte und Gemeinden hinaus haben – und die Stadt und Umland noch enger miteinander verbinden sollen. Allerdings darf Umland im Fall des ersten Radschnellwegs im Freistaat nicht als ländlicher Raum verstanden werden. Schließlich soll er künftig das Münchner Zentrum vom Stachus mit der Universitätsstadt Garching verbinden, die mit mehr als 20 000 Studierenden einen der größten Standorte der Technischen Universität (TU) darstellt – und als eines der größten Wissenschaftszentren Europas gilt.

Die Planungen für die etwa 23 Kilometer lange Trasse von der Münchner Innenstadt bis nach Garching sowie einem Abzweig nach Unterschleißheim haben bereits vor etwa zehn Jahren begonnen. Insbesondere in der Landeshauptstadt aber kam lange Zeit bei den Vorbereitungen zum Ausbau der Trasse kaum etwas voran; was auch mit den beengten Verhältnissen zusammenhängt. Aber auch auf dem Gebiet des Landkreises München hat es lange gedauert, bis bei der tatsächlichen Umsetzung des ersten bayerischen Radschnellwegs etwas passierte.

Doch seit Mitte Juni ist sichtbar, wie der Ausbau der Radinfrastruktur die Region tatsächlich verändern könnte. Auf dem ersten, etwa drei Kilometer langen Abschnitt der 4,50 Meter breiten Radler-Autobahn mit ihrer markanten grün-weißen Markierung in Garching können Pendlerinnen und Pendler bereits erleben, wie sich künftig die nur eine Stunde lange Fahrt vom Stachus bis zur TU anfühlen wird.

Im kommenden Jahr soll auf dem Gebiet der Universitätsstadt der nächste Bauabschnitt in Angriff genommen werden. 2026 erfolgt dann die Errichtung des aufwendigsten und teuersten Teils des Radschnellwegs: die mehrere hundert Meter lange Brücke vom U-Bahnhof Hochbrück über die vierspurige B 471.

Garching
:Platz da für die Radler

Der erste Radschnellweg in Bayern soll die TU in Garching mit München verbinden. Während in der beengten City noch nicht einmal die Trasse feststeht, wird er außerhalb der Landeshauptstadt nun Stück für Stück gebaut.

Von Martin Mühlfenzl

Nur wenige Kilometer weiter im Südosten Garchings kann bestaunt werden, dass nicht nur der Radverkehr Vorrang genießt – sondern dass auch in den motorisierten Individualverkehr in Deutschland weiterhin viel Geld investiert wird. Drei Jahre lang haben Bauarbeiter am nächsten Abschnitt des achtspurigen Ausbaus der Ostumfahrung der A 99 zwischen den Anschlussstellen Kirchheim und Aschheim/Ismaning gearbeitet.

Paradies für Autofahrer: Zwischen den Anschlussstellen Kirchheim und Aschheim/Ismaning rauschen mittlerweile täglich um die 160 000 Fahrzeuge auf acht Spuren dahin. (Foto: Claus Schunk)

Seit Mitte September rauschen auf einer der meistbefahrenen Autobahnen Mitteleuropas wieder um die 160 000 Fahrzeuge am Tag Richtung Salzburg und Stuttgart. Für Kritiker stellt der achtspurige Ausbau, der mit der Freigabe der Seitenstreifen eigentlich ein zehnspuriger ist, eine Umweltsünde dar. Befürworter betonen stets, dass die A 99 für das Vorhabe nicht verbreitert werden muss, sondern die Erweiterung mit dem Bau von zwei zusätzlichen Spuren nach innen erfolgt.

In Ottobrunn müssen die beiden Bahnübergänge an den zentralen Verkehrsachsen Putzbrunner und Ottostraße ausgetauscht werden. (Foto: Sebastian Gabriel)

Der Ausbau der A 99 ist dahin gehend eine Erfolgsgeschichte, als er erstens im Zeitplan und zweitens unter Einhaltung des Kostenrahmens – 100 Millionen Euro wurden verbaut – erfolgt ist. Davon können viele Pendler im Südosten des Landkreises, die auf den öffentlichen Personennahverkehr angewiesen sind, nur träumen. Das Jahr 2024 wird als dasjenige in Erinnerung bleiben, in dem der Deutschen Bahn ihre Technik gewissermaßen zerbröselt ist: Von Ottobrunn über Höhenkirchen-Siegertsbrunn, Sauerlach bis nach Aying müssen in die Jahre gekommene Bahnübergänge saniert oder ganz ausgetauscht werden; die Maßnahmen führen zu enormen Beeinträchtigungen. In Ottobrunn werden über den Sommer parallel die Gleise der S 7 und die Hauptverkehrsader, die Rosenheimer Landstraße, saniert – der Ort wirkt teilweise wie lahmgelegt und die Menschen entlang der S-Bahn müssen auf den Schienenersatzverkehr ausweichen. Es ist ein Sommer am Limit.

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