Kurz nach der Raststätte Hofoldinger Forst eröffnet sich in Fahrtrichtung Salzburg ein herrlicher Blick auf die Alpenkette. Und plötzlich schiebt sich etwas Großes am Horizont ins Bild und thront mitten über der Salzburger Autobahn: ein nahezu 87 Meter hoher Betonturm. Der steht mitten Hofoldinger Forst auf dem Gebiet der Gemeinde Otterfing im Landkreis Miesbach, etwas südlich des baugleichen Turms auf Sauerlacher Gebiet und westlich des „Stangerls“, wie manche sagen, auf Ayinger Flur jenseits der A 8.
Bei genauerer Betrachtung im Wald wird deutlich, welche Dimensionen die ersten drei Windräder im Landkreis München annehmen werden – und wie viel und in welcher Geschwindigkeit es nach jahrelanger Planung in diesem Jahr vorangegangen ist. Bereits im März werden sich die Rotoren des ersten Windrads – das Sauerlacher liegt bei den zeitversetzten Arbeiten vorn – im Wind drehen, dann folgt das Otterfinger und Ende April wird das Ayinger in Betrieb gehen. Dann erzeugen die drei Rotoren zusammen Strom für etwa 9000 Haushalte.
Noch im Oktober steht Sauerlachs Bürgermeisterin Barbara Bogner auf dem Fundament des Otterfinger Windrads und dokumentiert sichtlich beeindruckt die Fortschritte auf der Baustelle. Zu diesem Zeitpunkt liegen bereits die 90 Einzelteile des Betonturms am Rande der Baustelle; in den folgenden Wochen setzen die Bauarbeiter in jeweils nur wenigen Tagen immer drei Teile zu einem Ring zusammen, die dann nacheinander von einem gewaltigen Spezialkran aufeinander getürmt werden. Wie bei einem Lego-Steckkasten – und ohne Schrauben. Denn die Türme werden lediglich von ihrem Gewicht zusammengehalten. Ein jeder wiegt etwa 2000 Tonnen.

Was noch fehlt, ist der Aufbau des Stahlturms bis auf eine Nabenhöhe von 166 Meter, dort oben werden dann die Gondel und die gewaltigen Rotoren montiert – drei je Windrad. Etwa 250 Meter weit werden diese in den Himmel ragen. „Und wir sind voll im Zeitplan“, sagt Martin Sterflinger, Geschäftsführer der Windenergie Hofoldinger Forst GmbH.

Davon kann seit Juni im Höhenkirchner Forst indes keine Rede mehr sein, obwohl die Pläne für die Errichtung von drei Rotoren durch die Gemeinden Höhenkirchen-Siegertsbrunn, Oberpframmern und Egmating bereits weit gediehen sind und erste Bauarbeiten laufen. Ottobrunns Bürgermeister Thomas Loderer (CSU) erhebt im Namen der Gemeinde Klage gegen den kleinen Windpark, weil aus seiner Sicht einer der Rotoren im Wasserschutzgebiet zu nah an einem Brunnen steht, der Ottobrunn mit Grundwasser versorgt. Der eigene Gemeinderat bremst den Rathauschef dann zunächst mit einer Dienstaufsichtsbeschwerde bei der Kommunalaufsicht des Münchner Landratsamtes aus, die Loderers Klage für unwirksam erklärt – aber auch festhält, das ein Gemeinderatsbeschluss diese Nichtwirksamkeit wieder „heilen könne“. Und genau dies geschieht auch. Der Gemeinderat beschließt mit äußerst knapper Mehrheit, doch gegen die Windräder im Höhenkirchner Forst juristisch vorzugehen.
Weil aber im Juli der Verein für Landschaftspflege, Artenschutz und Biodiversität mit einer eigenen Klage gegen die Windräder vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (VGH) Erfolg hat, zieht die Gemeinde Ottobrunn Mitte November ihre eigene Klage zurück. Loderer sieht sein „Minimalziel“, wie er es nennt, erreicht: Das dem Brunnen am nächsten gelegene Windrad verhindert zu haben.
Mittlerweile planen die Gemeinden Höhenkirchen-Siegertsbrunn, Oberpframmern und Egmating nicht nur den Standort für das am nördlichsten gelegene Windrad um, sondern wollen statt bisher drei insgesamt fünf Rotoren im Forst errichten. Allerdings ist klar, dass es zu erheblichen Verzögerungen kommen wird. Vermutlich können die Arbeiten erst 2026 wieder aufgenommen werden. Dann drehen sich längst die Windräder über dem Hofoldinger Forst.