Öffentlicher Nahverkehr:Abgehobene Pläne

Öffentlicher Nahverkehr: Der Transrapid ist längst Geschichte. Nun plant Verkehrsminister Andreas Scheuer aber eine Neuauflage der Magnetschwebetechnik am Münchner Flughafen.

Der Transrapid ist längst Geschichte. Nun plant Verkehrsminister Andreas Scheuer aber eine Neuauflage der Magnetschwebetechnik am Münchner Flughafen.

(Foto: FRS)

SPD und Grüne fordern statt einer Magnetschwebebahn am Flughafen mehr Geld für die S-Bahn.

Von Martin Mühlfenzl, Ismaning/Oberschleißheim

"Entschieden" lehnen die Grünen die Pläne ab und fordern stattdessen "verstärkte Investitionen in die marode Infrastruktur des Münchner S-Bahnnetzes". Veraltetes Schienenmaterial und marode Infrastruktur verursachten laufend Verspätungen, sagt der Kreisvorsitzende. Genau 20 Jahre ist das nun her. Alfred Fischer hieß damals der Chef der Ökopartei im Landkreis und das Vorhaben, gegen das er in der Süddeutschen Zeitung wetterte, galt damals als das Innovationsprojekt der Staatsregierung und ihres Ministerpräsidenten Edmund Stoiber: der Transrapid vom Münchner Flughafen bis zum Hauptbahnhof in der Landeshauptstadt.

Zwei Jahrzehnte später geistert das Thema Magnetschwebebahn mitten im Kommunalwahlkampf erneut durch die politischen Debatten. Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) hat unlängst eine Machbarkeitsstudie für ein "völlig neues Magnetschwebesystem" angekündigt, mit der ermittelt werden soll, welches Potenzial die Magnetschwebetechnik im öffentlichen Personennahverkehr und im Vergleich mit den konventionellen Systemen wie S-, U- und Trambahn hat.

Der Widerstand war im Norden besonders groß

Die Magnetschwebebahn des Baukonzerns Max Bögl mit Sitz in Sengenthal bei Neumarkt in der Oberpfalz könnte zunächst direkt am Münchner Flughafen zum Einsatz kommen, um dort etwa kürzere Strecken zwischen den einzelnen Terminals zu überwinden. Mit einer Höchstgeschwindigkeit von 150 Stundenkilometern könnte das System aber auch das Potenzial besitzen, um Pendler schnell von der Stadt zum Flughafen zu befördern - mitten durch den Landkreis München hindurch.

Magnetschwebebahn am Münchner Flughafen

Neue Partner: Verkehrsminister Andreas Scheuer, Jost Lammers vom Flughafen, und Stefan Bögl (von links).

(Foto: Peter Kneffel/dpa)

Der Widerstand gegen die Transrapid-Pläne war in den Kommunen des nördlichen Landkreises vor zwei Jahrzehnten besonders groß. Neben der befürchteten Lärmbelästigungen an den zwei möglichen Trassen - einmal direkt an der A 92 an Ober- und Unterschleißheim vorbei oder entlang der S 8 nahe Ismaning und Unterföhring - standen vor allem die immensen Investitionskosten von 3,4 Milliarden Euro (Stand 2008) im Zentrum der Kritik. Letztere führten dazu, dass das Vorhaben im März 2008 endgültig beerdigt wurde.

Die jetzt wiederbelebten Fantasien einer Magnetschwebebahn im Raum München haben auch ihre Kritiker wieder auf den Plan gerufen. Mit ganz ähnlichen Argumenten wie vor 20 Jahren. "So ein System in den öffentlichen Nahverkehr einbinden zu wollen, ist vollkommener Unfug", sagt der Oberschleißheimer Grünen-Landtagsabgeordnete Markus Büchler. Vielmehr müsse das bestehende S-Bahnsystem endlich ausgebaut, modernisiert und ertüchtigt werden, sagt Büchler. "Eine Millionen Menschen nutzen täglich die Öffentlichen und das System ist vollkommen überlastet", sagt Büchler. "Wir brauchen zusätzliche Gleise, um den Güterverkehr aus dem System zu bekommen und endlich auf der S 1 und S 8 den Zehn-Minuten-Takt einführen zu können."

"Aber es ist bei der Staatsregierung keine Strategie zu erkennen."

Unverhohlen genervt und doch auch belustigt kommentiert Ismanings Bürgermeister Alexander Greulich (SPD) die neu entbrannte Transrapid-Debatte. "Was mich so anödet, ist, dass hier wieder nur Nebelkerzen gezündet werden, um von eigenen Unzulänglichkeiten abzulenken", sagt Greulich mit Blick auf die Ankündigung von Verkehrsminister Scheuer. "Das kannst du den Hunderttausenden Menschen, die am Bahnsteig auf veraltete Züge warten, einfach nicht mehr erklären." Es gebe doch Lösungsmöglichkeiten, sagt der Ismaninger Rathauschef, und zwar im bestehenden System. "Wir haben am Ostbahnhof eine Weichentechnik aus den Fünfziger-, Sechzigerjahren. Wir müssen über den Gleisausbau reden, über den Nordring. Wir wollen mit aller Macht den Zehn-Minuten-Takt auf den S-Bahnen zum Flughafen", fordert Greulich. "Aber es ist bei der Staatsregierung keine Strategie zu erkennen. Alle anderen Länder um uns rum machen es uns vor, wie es besser geht. Wenn es um den ÖPNV geht, fühlst du dich hier wie in einem Entwicklungsland", schimpft Greulich.

An innovativen Ideen, wie der öffentliche Personennahverkehr ausgebaut und attraktiver gestaltet werden kann, fehlt es indes insbesondere im Landkreis nicht. Der Kreistag hat längst vor Scheuers Vorstoß Machbarkeitsstudien in Auftrag gegeben, die etwa den Bau von Seilbahnen im Hachinger- und Isartal oder neue Stadtbahnen im Norden von Ober- über Unterschleißheim, Garching, Ismaning und weiter in den Osten bis Aschheim und Haar zum Inhalt haben.

Aber auch die Magnetschwebetechnik spielt in den Überlegungen der Kreisräte eine Rolle, die Freien Wähler haben einen Antrag eingebracht, mit dem die Verwendung der Technik im Nahverkehr untersucht werden soll. Die FW um ihren Landratskandidaten Otto Bußjäger verweisen bewusst auf die Technik der Firma Bögl, die deutlich günstiger als die des Transrapids und für kurze Strecken geeignet sei. Der Kreistag wird sich auch mit diesem Vorschlag bald befassen.

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Kommentar
:Träumt weiter

Statt eine Magnetschwebebahn am Flughafen zu planen und Machbarkeitsstudien zu organisieren, sollte das Geld lieber in bestehenden Nahverkehr fließen, der dringend ertüchtigt werden muss

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