Süddeutsche Zeitung

Immobilienpreise im Landkreis München:Zwei Millionen für ein Haus

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Terrasse, Garten und Arbeitszimmer haben ihren Preis: Für den Kauf bestimmter Immobilien zahlen Interessenten im Landkreis München mehr als in der Stadt. Auch die Mieten haben das Münchner Niveau teilweise überschritten.

Von Iris Hilberth, Grünwald/Oberhaching

Sollte jemand bei der Suche nach der passenden Immobilie im Landkreis München gehofft haben, die Pandemie würde etwas moderatere Preise verursachen, wird er sich auch im zweiten Corona-Jahr mächtig getäuscht sehen. Der jüngste Marktbericht des Immobilienverbands Deutschland (IVD) belegt: Rein gar nichts hat sich an dem andauernden Trend nach oben geändert. Die Nachfrage nach Häusern und Wohnungen im Münchner Speckgürtel ist ungebrochen, entsprechend tief müssen Käufer und Mieter in die Tasche greifen, wenn sie demnächst in einer der 29 Städte und Gemeinden rings um die Landeshauptstadt einziehen wollen. Die Doppelhaushälfte gibt es selbst im Bestand fast nirgendwo mehr unter einer Million Euro. Sofern Kaufwillige überhaupt fündig werden. Denn überall gibt es mehr Interessenten als Angebote.

Familiengerecht soll sie sein, die neue Eigentumswohnung, besser noch das Reihenhaus oder die Doppelhaushälfte. Terrasse und Garten stehen auch auf der Wunschliste derer, die es ins Münchner Umland zieht. Wenn das nicht zu haben ist, dann wenigstens einen Balkon. Genügend Platz, um in einem eigenes Arbeitszimmer im Home Office zu arbeiten, hat sich in der Corona-Krise als zusätzliches wichtiges Kriterium entwickelt. Auch Stellplatz oder Garage sind von großer Bedeutung.

In überaus begehrten Wohnlagen wie Gräfelfing, Grünwald und Oberhaching braucht man dafür schon seit vielen Jahren ein dickes Konto, die Preise liegen teilweise über denen in der Stadt München. So zahlt man für die neue Doppelhaushälfte in Gräfelfing mittlerweile 1,7 Millionen Euro, mehr als 150 000 mehr als vor einem Jahr. Will man diese nur mieten, muss man monatlich 3900 Euro nur für Wohnen zur Verfügung haben. Laut IVD wird eine Nachverdichtung durch straffe Bebauungspläne auf absehbare Zeit weitestgehend verhindert. Die Gemeinde möchte damit den Charakter einer Gartenstadt mit Eigenheimen und überdurchschnittlicher Durchgrünung bewahren.

In Grünwald ist das Preisniveau ähnlich hoch, obwohl noch nicht einmal eine S-Bahn fährt. Doppelhaushälften sind hier mit 1,94 Millionen Euro angegeben, neue Reihenmittelhäuser mit 1,46 Millionen; auch hier liegt man über den Münchner Werten. Allerdings ist das Angebot an solchen Häusern in der reichen Isargemeinde sehr gering. Der IVD bezeichnet die Bebauungspläne als "überaltert", da sie für heutige Verhältnisse viel zu große und pflegeintensive Grundstücke vorschreiben. Selbst für "solvente und anspruchsvolle Käufer" lägen die Objekte durch das in den vergangenen Jahren deutlich gestiegene Preisniveau oft im finanziellen Grenzbereich. Als Investment kämen sie aufgrund mangelhafter Renditeerwartung weitestgehend nicht in Frage.

Ebenfalls zu einem attraktiven Wohnort für Gutbetuchte hat sich seit einigen Jahren Oberhaching entwickelt. Neben wirtschaftlicher Stärke und einer guten verkehrlichen und sozialen Infrastruktur sieht der IVD hier zusätzlich die landschaftlich attraktive Lage mit einem hohen Erholungs- und Freizeitwert als Grund dafür, dass 88 Prozent des Münchner Preisniveaus erreicht werden. In einzelnen Segmenten liegt die Gemeinde im südlichen Hachinger Tal sogar noch über dem, was in der Landeshauptstadt gezahlt wird. Für eine neue Doppelhaushälfte muss der Käufer inzwischen 1,76 Millionen Euro locker machen. Ein freistehendes Haus liegt bei zwei Millionen und selbst für ein Reihenhaus im Bestand wurde innerhalb des vergangenen Jahres die Millionengrenze überschritten.

Als teures Pflaster gilt nach wie vor auch Ottobrunn, wo die Preise ebenfalls noch einmal anzogen haben und Reihenhäuser - zumindest wenn sie neu sind - nur noch etwas für Millionäre sind. Neben einer verkehrsgünstigen Lage und der Nähe zu München fällt hier zusätzlich ins Gewicht, dass bebaubare Flächen fehlen und das Wachstum der Gemeinde daher sehr begrenzt ist. Nimmt man vom Kauf einer Immobilie daher Abstand und denkt über das Mieten eines Häuschens nach, kann es durchaus sein, dass man dafür mehr Geld an den Vermieter überweisen muss als für eine vergleichbare Immobilie in der Stadt. 2550 Euro Miete für ein altes Reihenhaus sind bei gutem Wohnwert schon möglich.

Auch andere Gemeinden, die bislang nicht in Verdacht standen, dass hier die Reichen wohnen, holen mit den Immobilienpreisen weiter kräftig auf. Grasbrunn etwa wird von jungen Familien immer mehr nachgefragt, die im Stadtgebiet nicht fündig werden und auf das Umland ausweichen. Für freistehende Einfamilienhäuser liegt der Preis zwar nur bei 56 Prozent der Angebote in der Landeshauptstadt, für eine neue Doppelhaushälfte legt man aber bereits 1,1 Millionen hin. Auch wer bereit ist, weiter rauszuziehen, etwa nach Sauerlach, kommt nicht günstiger weg. Der Preis für eine Doppelhaushälfte ist auch hier innerhalb des vergangenen Jahres um 100 000 Euro auf nun 1,4 Millionen gestiegen. Nur der Baugrund soll hier mit 38 Prozent des Münchner Preises niedriger liegen. Allerdings gibt es kaum Grundstücke.

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SZ vom 13.07.2021
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