Kreishaushalt:Die fetten Jahre sind vorbei

Lesezeit: 2 Min.

Vor allem für die Beteiligung an Schulbauten hat der Landkreis zuletzt viel Geld ausgegeben. Das neue Gymnasium in Unterföhring hat mehr als 150 Millionen Euro gekostet. (Foto: Florian Peljak)

Angesichts des 50-Millionen-Lochs im Etat fordern vor allem SPD und Freie Wähler den Landrat zum Sparen auf. FW-Kreisrat Otto Bußjäger nennt auch schon mögliche Posten.

Von Martin Mühlfenzl, Landkreis München

Der Landkreis München rühmt sich gerne, eine der modernsten Bildungslandschaften der Republik zu haben, die mittlerweile auch Zigtausende Schüler aus der Landeshauptstadt den in die Jahre gekommenen weiterführenden Schulen in München vorziehen. Der Neubau und die Sanierung von mittlerweile 17 staatlichen Gymnasien hat dabei in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten Hunderte Millionen Euro verschlungen - Investitionen die grundsätzlich in der Kreispolitik kaum infrage gestellt worden sind.

"Natürlich war der Bau der Schulen notwendig und richtig", sagt der Fraktionssprecher der SPD im Kreistag, Florian Schardt, um angesichts des Spardrucks, der mittlerweile auf dem Landkreis mit Blick auf den Haushalt des Jahres 2024 lastet, nachzuschieben: "Aber wir müssen uns schon fragen, warum wir im Landkreis München so hohe Baukosten und keine einheitlichen Standards beim Bauen haben. Das hat mir noch niemand beantworten können."

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Der Ottobrunner Schardt und seine Kreistagskollegen - vor allem jene im Finanzausschuss - werden sich in den kommenden Wochen aber vor allem die Frage stellen müssen, wie sie ein 50-Millionen-Euro-Loch im Etat des kommenden Jahre stopfen wollen - und ob der Landkreis in der Vergangenheit über seine Verhältnisse gelebt hat. Claudia Köhler, Kreisrätin der Grünen und haushaltspolitische Sprecherin ihrer Fraktion im Landtag, hat darauf eine klare Antwort: "Nein, hat er nicht. Es waren ja gute Jahre und die Finanzmittel standen auch zur Verfügung."

Es sei klar, dass nun durch die anhaltenden Krisen und Konflikte, die Inflation und hohe Zinsen der finanzielle Spielraum auch des wirtschaftsstärksten Landkreises in Bayern eingeschränkt werde. "Aber es war immer richtig, auch den Kommunen unter die Arme zu greifen bei wichtigen Investitionen etwa bei der Energiewende, beim ÖPNV, bei den Schulen, bei der Pflege. Das waren ganz wichtige Zukunftsthemen", so die Unterhachingerin.

"Nach Jahren der Sorglosigkeit" müssten jetzt Einsparpotenziale geprüft werden, sagt Freie Wähler-Kreisrat Otto Bußjäger. (Foto: Claus Schunk)

Nun aber könnte am Ende der Haushaltsverhandlungen ausgerechnet eine Mehrbelastung der 29 Städte und Gemeinden herauskommen, denn im Etatentwurf der Behörde von Landrat Christoph Göbel (CSU) wird eine Erhöhung der Kreisumlage, also der Abgabe der Kommunen an den Landkreis, von 48 auf 49,9 Punkte ins Spiel gebracht; dies würde dem Landkreis Mehreinnahmen von etwa 27 Millionen Euro bescheren. Dagegen stemmt sich Freie-Wähler-Kreisrat Otto Bußjäger vehement. "Da gehen wir nicht mit. Wir müssen nach Jahren der Sorglosigkeit jetzt erst einmal schauen, wo wir im Haushalt noch einsparen können", sagt der Höhenkirchen-Siegertsbrunner.

"Er macht es sich zu leicht", sagt SPD-Kreisrat Schardt zur Politik von Landrat Göbel

Auch er betont die Notwendigkeit der massiven Investitionen in den vergangenen Jahren beim ÖPNV oder den Schulen. "Aber wir müssen jetzt schauen, was noch notwendig ist und was wir zurückstellen können", so Bußjäger. Investitionen etwa in die Umrüstung auf Elektrobusse, Bußjäger spricht von bis zu 80 Millionen Euro, müssten überdacht werden. Zudem würden auf den Landkreis weitere Mehrausgaben etwa in der Jugendhilfe oder durch "Söders Krankenhaus-Milliarde" zukommen; und auch die Finanzierung der weiterführenden Schulen wird künftig wieder nahezu komplett beim Landkreis liegen. "Ja, das wird eine Entlastung der Kommunen sein. Dennoch müssen wir als Landkreis ein verlässlicher Partner bleiben."

Dass Landrat Göbel den Kreisräten auferlegt hat, nach Einsparpotenzialen zu suchen, stößt bei SPD-Kreisrat Schardt auf Kritik: "Es ist seine Pflicht aufzuzeigen, was es bedeutet, wenn die Kreisumlage bei 48 Prozent bleiben soll. Und wem er weh tun will, um den Haushalt auszugleichen." Aber der Landrat wolle sich nicht festlegen, ob er beim Klimaschutz oder im Sozialen sparen will, so Schardt. "Er macht es sich zu leicht." Und das, obwohl schon 2020 abzusehen gewesen sei, dass angesichts der Inflation und steigender Zinsen der finanzielle Spielraum immer enger werden würde. "Und davor haben wir auch gewarnt."

Ihm fehle angesichts der finanziellen Situation des Landkreises momentan die Fantasie um sich vorzustellen, dass die Kreisumlage nicht erhöht werden müsse, sagt Schardt. Köhler verweist darauf, dass eine erhöhte Umlage die Kommunen dank des Solidaritätsgedankens dahinter immer noch billiger komme, als große Projekte alleine stemmen zu müssen.

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