Haar:Ausgebremst

Haar Bukowski Leibstraße

Ein Selfie für Anhänger und Wähler: Nachdem die weißen Streifen frisch auf der Leibstraße aufgetragen waren, posierte Haars Bürgermeister Andreas Bukowski für ein Selbstporträt mit der Kamera.

(Foto: privat)

Mit der Anlage von zwei Fahrradschutzstreifen an der Leibstraße wollte sich Haars neuer Bürgermeister kurz nach der Amtsübernahme als Macher darstellen. Jetzt müssen die Markierungen womöglich wieder weg.

Von Bernhard Lohr, Haar

Hoppla, dachten sich im Juli vergangenen Jahres viele in Haar: Der frisch vereidigte junge Bürgermeister hatte soeben gezeigt, aus was für einem Holz er geschnitzt ist. Andreas Bukowski (CSU) hatte kurzerhand angeordnet, auf der zentralen Leibstraße zwischen den beiden Kreisverkehren zwei Fahrradstreifen zu markieren. Die Botschaft war: Hier wird ein Problem nicht verwaltet, hier wird angepackt. Doch nun müssen die Markierungen wohl wieder weg. Denn eine Mehrheit aus SPD und Grünen hat beschlossen, in dem Abschnitt Tempo 30 einzuführen. Mit Schutzstreifen für Radler ist das offenbar nicht vereinbar.

Als Bukowski die Schutzstreifen anbringen ließ, griff er auch eine Kritik auf, die vor der Wahl immer wieder aufgekommen war. Demnach würde im Rathaus zwar viel diskutiert und viel geplant, aber nicht umgesetzt. Als Beleg dafür wurde gerne das in vielen Bürgerbefragungen und Expertenanhörungen erarbeitete Mobilitätskonzept angeführt, das nach der Wahl im Juli 2020 einstimmig beschlossen wurde und das viele Maßnahmen vorsieht.

Fußgänger, Radfahrer und Autofahrer sollen sich den Raum teilen

In der Folge war von dem Konzept wenig zu hören. Neuerdings nutzen die Grünen jede Gelegenheit, dessen Wert herauszustreichen. Eine "Geschwindigkeitsreduzierung", die die Einführung von Tempo 30 auf der äußeren Leibstraße bringen würde, sei zentrales Element des Konzepts, sagt Ulrich Leiner. Das habe der Gemeinderat beschlossen.

Auslöser der Debatte über Tempo 30 war ein Antrag der Grünen vom September. Demnach sollte auf der äußeren Leibstraße, also vom Kreisverkehr an der Bahnunterführung bis zur Vockestraße, die Höchstgeschwindigkeit reduziert werden. Begründet wurde das damit, dass sich Haar dort mit neuen Wohn- und Arbeitsstandorten sowie Einkaufsmöglichkeiten rasant verändere.

Es gebe Kindertagesstätten und das Seniorenheim. Prägend werde bald nicht mehr der Durchgangsverkehr sein, sondern der innerörtliche Verkehr. Fußgänger, Radfahrer und Autofahrer sollten sich gemäß dem "integrierten Mobilitätskonzept" den Straßenraum teilen. Die Verwaltung im Rathaus teilte diese Ansicht nicht; ebenso wenig der Bürgermeister, der ins Bewusstsein rief, dass in diesem Fall der Schutzstreifen für Radler wieder weg müsste.

Die örtliche Straßenbaubehörde im Rathaus wies Tempo 30 zurück, weil es sich um eine breit ausgebaute Hauptverkehrsstraße handle. Kindergarten und Seniorenheim grenzten nicht direkt an, der Busverkehr würde ausgebremst, Lärm und ausgestoßene Schadstoffe würden bei Autos, die in hoher Drehzahl führen, zunehmen. Auch die Polizei lehnte ein verschärftes Tempolimit als Eingriff in den Verkehr ab. Dietrich Keymer (CSU) warnte, dass die Grünen mit ihrem Ansinnen Grenzen überschritten: "Das Straßenverkehrsrecht ist keine Spielwiese." Thomas Fäth (SPD) beantragte als Kompromiss, Tempo 30 wenigstens zwischen dem Kreisel an der Unterführung und dem Kreisel am Lindenplatz einzuführen - also dort, wo die Schutzstreifen aufgemalt sind. Das wurde mit 16:13 Stimmen beschlossen.

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