Flüchtlingsunterkünfte:München-Land erfüllt sein Soll nicht

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Vorvergangene Woche konnten sich Kirchheimer Bürgerinnen und Bürger ein Bild von der neuen Containeranlage für Geflüchtete am Wildapfelweg machen. (Foto: Claus Schunk)

Rund 12 000 Geflüchtete müsste der Landkreis München aufnehmen, doch nur 8200 leben hier. Entsprechend massiv müssen die Kapazitäten ausgebaut werden.

Von Martin Mühlfenzl, Landkreis München

Der Landkreis München ist mal Vorreiter unter den oberbayerischen Landkreisen bei der Unterbringung von Geflüchteten gewesen. Und nach wie vor nimmt der bevölkerungsreichste Landkreis im Freistaat mit Abstand die meisten Schutzsuchenden von allen Landkreisen auf. Doch bei der Bereitstellung von Unterkünften und Plätzen klafft mittlerweile eine eklatante Lücke: Um die geforderten Kapazitäten zu erfüllen, müsste der Landkreis zusätzlich Platz für etwa 4500 Menschen schaffen.

Unlängst hatte Landrat Christoph Göbel (CSU) im SZ-Interview bestätigt, dass der Landkreis von seiner Spitzenposition ans untere Ende abgerutscht ist. Er begründete dies damit, dass in den bestehenden Unterkünften schlichtweg nicht ausreichend Platz sei, um noch mehr Geflüchtete aufnehmen zu können; zumal dort Menschen, die eigentlich ausreisepflichtig sind, dringend benötigte Kapazitäten belegten.

Laut Verteilungsschlüssel müsste der Landkreis München 2,63 Prozent aller Geflüchteten im Freistaat aufnehmen, das wären laut Landratsamt etwa 12 000 Menschen. Tatsächlich liegt der Anteil derzeit aber nur bei etwa 2,4 Prozent. Damit erfüllt der Kreis seine Quote zu 90 Prozent. Schlechter schneiden nach Angaben der Regierung von Oberbayern derzeit nur die Landkreise Ebersberg und Rosenheim mit 88 beziehungsweise knapp 75 Prozent ab. Weit über der gesetzlich vorgegebenen Quote liegen dagegen die Stadt Ingolstadt (134,2 Prozent) und der Landkreis Garmisch-Partenkirchen (132,2 Prozent).

Insgesamt bestehen im Landkreis München derzeit etwas mehr als 6000 Plätze in staatlichen Unterkünften, weitere 934 sind geplant.

Derzeit leben im Landkreis nahezu 8200 Menschen, die aus ihrer Heimat geflüchtet sind. Etwa 4900 von ihnen sind aus der Ukraine geflohen, was einem Anteil von etwa 60 Prozent entspricht. Von den Geflüchteten aus der Ukraine belegt der überwiegende Teil – etwa zwei Drittel – keinerlei Plätze in staatlichen Unterkünften. Ukrainer haben überwiegend privat oder auf dem freien Wohnungsmarkt Aufnahme gefunden. Dieser Umstand wird dem Landkreis positiv auf sein Soll angerechnet, wodurch er seine Quote auf dem Papier zu 90 Prozent erfüllt.

Die neuesten Zahlen zur Unterbringung Geflüchteter zeigen auch, dass nicht alle 29 Städte und Gemeinden im Landkreis wiederum im gleichen Maß ihrer Verpflichtung nachkommen, Unterkünfte oder Grundstücke für deren Errichtung bereitzustellen. Vielmehr formiert sich aktuell etwa in Baierbrunn ein Bürgerbegehren gegen den Bau von drei Modulhäusern für jeweils 24 Personen, nachdem der Standort zuvor vom Gemeinderat mit großer Mehrheit beschlossen worden war. Auch in Kirchheim gab es Unmut über die unlängst erfolgte Eröffnung einer größeren Containersiedlung.

Etwa 60 Prozent der Geflüchteten stammen aus der Ukraine

Baierbrunn hinkt bisher bei der Unterbringung Schutzsuchender weit hinterher: Die Gemeinde erfüllt ihre Quote gerade einmal zu 26 Prozent. Lediglich 79 Personen wurden am Ort aufgenommen, neun in staatlichen Unterkünften, dazu 70 Schutzsuchende – vor allem aus der Ukraine – in privaten Herbergen. Damit gehört Baierbrunn zu jenen Kommunen, die am wenigsten zur Aufnahme von Geflüchteten beitragen. Noch schlechter sieht es in Neuried aus, wo die Quote zu 17 Prozent erfüllt ist, und Brunnthal mit nur zehn Prozent.

Die meisten Geflüchteten leben in Unterschleißheim, der einwohnerstärksten Kommune im Landkreis München: aktuell insgesamt 672. Damit erfüllt die 30 000-Einwohner-Stadt die geforderte Quote allerdings nur zu 63 Prozent. Weit über dem Soll liegen indes Aschheim (159 Prozent), Kirchheim (148 Prozent) sowie Unterföhring (168 Prozent). In diesen Gemeinden bestehen große, zentrale Unterkünfte. Auch die Gemeinden Haar, Neubiberg und Ottobrunn übererfüllen ihre Quoten.

Damit der Landkreis seine Pflicht erfüllt, ist etwa in Garching die Errichtung einer weiteren Container-Wohnanlage für bis zu 200 Menschen geplant, in Oberhaching soll eine bestehende Unterkunft um etwa 90 Plätze erweitert werden und auch in Taufkirchen ist eine weitere, große Unterkunft in Planung. Die neue Unterkunft am Wildapfelweg in Kirchheim schafft dagegen keine neuen Kapazitäten, da dort Geflüchtete aus der Ukraine einziehen sollen, die bisher im Hotel Dormero wohnen.

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